Hausbesitzer in Wien – Prügelknabe und Feindbild der Stadtpolitik

Hausbesitzer in Wien – Prügelknabe und Feindbild der Stadtpolitik

Last Updated on 2018-10-10

Mag. Kaspar Erath, Obmann des Vereins zur Revitalisierung und architektonischen Aufwertung der Wiener Gründerzeithäuser

Teure Mieten, hohe Wohnkosten und zu wenig Wohnungen auf dem Markt – diese „Melodie“ bekommen die Bürger Jahr für Jahr zu hören. Der große „Wurf“ für ein neues Mietrecht ist nie gelungen und wird immer wieder auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Vernünftige Lösungen müssen sich dem politischen „Lagerdenken“ unterordnen. Die SPÖ-Argumentationen und Presseaussendungen zum Wiener Wohnungsmarkt haben im Wesentlichen nur eine Kernaussage: Die Hausbesitzer sind die Gewinner und die Mieter sind die Verlierer.

So gut wie niemand steht auf und erklärt sachlich, dass die Wiener Hausbesitzer seit Jahrzehnten über den Wiener Richtwert massiv diskriminiert werden und dass hier der Rechtsstaat verächtlich mit Füßen getreten wir

In Wien darf gegenüber der Steiermark um ca. 40 Prozent weniger Miete verlangt werden. So eine Schikane gibt es in keiner anderen Berufsgruppe. Es ist ungeheuerlich, dass diese Diskriminierung in Wien weitgehend verschwiegen wird und dass sich auch der Verfassungsgerichtshof nicht substanziell umfassend mit dieser „Anklage“ befasst hat. Zu dieser Diskriminierung, aber auch zum Verbot des Lagezuschlags in Gründerzeitvierteln und zu anderen Rechtsverletzungen ist eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg anhängig gemacht worden.

Naheliegend wäre daher, dass die Gerichte laufende Mietrechtsverfahren in Wien unterbrechen und die Entscheidung des Gerichtshofs abwarten.

Das Gegenteil wird gemacht: Die Lagezuschlagskarte wird ohne Rücksicht auf das laufende Verfahren beim EGMR ungeniert zu einem weiteren Nachteil für die Hausbesitzer umgewandelt, um damit politisches Kleingeld einzusammeln. Im Ergebnis werden die Mieter weiter aufgehetzt und die Negativspirale bedient.

Die Häuser können durch den diskriminierenden Wiener Richtwert und die Schlechterstellung beim Lagezuschlag nicht mehr erhalten werden, die einmalige alte Baukultur verfällt daher augenscheinlich. Der „Wiener Richtwert“ degradiert die Gründerzeithäuser zu „Billigsdorfer-Quartieren“ und missachtet den Generationenauftrag zur Revitalisierung dieser wunderschönen Altbauten. Um das baukulturelle Stadtbild erhalten zu können, benötigen wir daher dringend ein zeitgemäßes Mietrecht mit einer marktorientierten Ertragsbasis.

Die Abrissauflagen in der Wiener Bauordnung beinhalten keine Zukunftslösung und sind daher nur populistisch.

Das Grundübel der Diskriminierung mit allen Folgewirkungen bleibt bestehen. Die Hauptargumentation lautet, wir wollen den Armen helfen. Wieso sind die wirklich Bedürftigen nicht im Gemeindebau? Wieso ist die Einkommensobergrenze für eine Einzelperson im Gemeindebau mit 3.664,– Euro Nettoeinkommen (!) pro Monat festgelegt? Das hat nichts mehr mit sozialer Bedürftigkeit zu tun, hier werden ganz einfach Interessengruppen bedient.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis, was ist aber mit dem Lebensmittelhandel? Hier müssen wir auch von einem Grundbedürfnis sprechen. Ich habe ganz selten SPÖ-Presseaussendungen selbst gegen Schock-Preiserhöhungen im Bereich der Grundnahrungsprodukte erlebt.

Die Botschaft ist hoffentlich angekommen. Wir erheben als Verein Protest gegen die Diskriminierung der Hausbesitzer und fordern im Interesse aller Beteiligten ein gedeihliches Zusammenwirken. Dass die Wiener Hausbesitzer zu Wohn-Sozialtarifen „verurteilt“ wurden, ist Unrecht und schreit zum Himmel. Sozialtarife fallen ohne Zweifel in das Aufgabengebiet der Staatsverwaltung.

Wenn die Stadtpolitik weiterhin so destruktiv gegen die Hausbesitzer agiert, werden (Greißler-Sterben) viele Kleineigentümer aufgeben und an Spekulanten verkaufen. Die Mieter verlieren weitgehend den persönlichen Ansprechpartner sowie auch die Preis- und Angebotsvielfalt. Wollen wir so eine Entwicklung?

Wir benötigen schon längst kluge Lösungen zur Reduzierung der Wohnbaudefizite. Dabei muss die Gemeinsamkeit und nicht die Spaltung der Gesellschaft im Vordergrund stehen.

www.stadtbilderhaltung.wien, www.ZinshausZukunft.wien

Fotocredit: Marc Greber