Man müsste mal den Aufsichtsrat / Beirat neu besetzen

Man müsste mal den Aufsichtsrat / Beirat neu besetzen

Last Updated on 2018-09-20

Dominic Multerer

Oftmals findet man gerade in mittelständischen Unternehmen langjährige Konstellationen vor, was diese strategischen Gremien betrifft. Mir persönlich fehlt es häufig an marktorientierten Personen, welche dort mitwirken – andererseits erlebe ich in der Praxis oft, dass frische Impulse fehlen. Wie schafft man einen Change in den Kontroll- oder Beratungsgremien?

Ein guter Bekannter von mir ist Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens mit knapp über 2000 Mitarbeitern, das eine 100-jährige Tradition hat und in Familienbesitz ist. Seit ewigen Jahren ist der Beirat durch Freunde des Vaters besetzt, die in vergangenen Unternehmensphasen durchaus hilfreich waren. Das Kerngeschäft ist durch Technologien, Blockchain, Digitalisierung und Verdrängungswettbewerb betroffen – es bedarf neuer Impulse, um nicht unterzugehen. Verstanden hat das der Geschäftsführer; so sagte er mir gegenüber vor drei Jahre: „Man müsste mal…“ den Beirat erneuern.

Seitdem ist nichts passiert. Denn: nichts machen, macht nichts. Doch die entscheidende Frage ist, wie? Er wusste nicht, wie er es angehen sollte. Er wusste nicht, wie er ins Handeln kommt.

Er sprach mit seinem Vater, dass man das Thema mal angehen müsste, aber hatte keine Idee, keine konkreten Vorschläge und keinen Zeitplan und Argumente, wie das zu schaffen sei. Daran stockte es bisher.

In meinem neuen Buch „Man müsste mal…“ (Vorwort von HyperloopTT-CEO Dirk Albhorn) gehe ich genau dieser Thematik auf die Spur. Egal, ob ich einen Beirat verändern möchte, eine neue Software implementieren will oder schlussendlich abnehmen möchte – es sind dieselben Schritte, die zu durchlaufen sind. Diese müssen nicht chronologisch abgearbeitet werden.

1.     Erste Gespräche führen: Kommunikation ist wichtig. Sie dient neben dem Einholen von Informationen auch der Reflexion. In beiden Fällen befasst man sich dadurch intensiv mit seinen Gedanken, Zielen oder Vorhaben. Entweder verwirft man dabei einiges, weil sich anderes als vorteilhafter erweist oder man baut seine Gedanken weiter aus.

2.     Eigen- & Fremdbildabgleich: Wenn man so will, ist das die Standortbestimmung. Wo stehe ich eigentlich? Wie sehen mich andere? Was habe ich oder was fehlt mir im Gegensatz zum Wettbewerb? Zum einen setze ich mich bewusst mit mir, meiner Organisation bzw. meinen Unternehmen auseinander. Zum anderen bietet diese Form der Analyse auch die Möglichkeit, den »blinden Fleck« zu enttarnen, den man nun mal in der Eigenwahrnehmung hat. Andere sehen viel leichter emotionsloser und unvoreingenommener etwas, das man selber gar nicht sehen kann oder nicht sehen will. Es ist eine 360-Grad-Betrachtungsweise, die die Basis entweder für eine Entscheidungsgrundlage, den Anlass für Gespräche oder das Definieren von Standpunkten bietet.

3.     Bereitschaft und Verbindlichkeiten provozieren: Bei Verbindlichkeiten geht es darum, konkret zu werden. Sie sind gleichzusetzen mit Verpflichtungen. Einen Rückzieher gibt es nicht. »Man müsste mal…« und Konjunktiv haben hier absolut keinen Platz. Eine Verbindlichkeit weckt Erwartungen und fördert die Bereitschaft, etwas zu unterstützen, bei etwas anzupacken oder sich auf etwas Neues einzulassen. Eine Bereitschaft ist ein Commitment, etwas gemeinsam zu tragen und mitzumachen. Dafür braucht es aber eine klare Grundlage – eine deutliche Ansage. Nur dann kann ich mich entscheiden, ob ich mich auf etwas einlasse oder nicht.

4.     Entscheidungsgrundlagen schaffen: Hier geht es darum, eine Roadmap – also eine »Straßenkarte« – zu erstellen. Es gilt herauszufinden und zu definieren, wie man von A nach B kommt und sich gewissermaßen für den Weg zum Ziel eine Route überlegt. Dazu gehört eine Strategie: Die Maßnahmen, mit denen man die Strategie umsetzen und das Ziel erreichen will. Hier werden Budget, Manpower, Zeitrahmen, Partner und Etappenziele festgelegt. Diese Grundlagen oder Eckdaten sind für jeden, der involviert ist, verbindlich.

5.     Entscheidungen treffen: Je größer und je vielfältiger das Angebot, desto mühsamer wird es, die richtige Wahl zu treffen. Aber was ist richtig? Ob eine Entscheidung »richtig« oder »falsch« war, stellt sich immer erst später heraus. Viel wichtiger ist, dass man sich im notwendigen Zeitrahmen entscheidet!

Wenn alle Fakten vorliegen oder notwendige Gespräche geführt wurden, gibt es nur zwei Möglichkeiten: machen oder nicht! Der springende Punkt ist, dass entschieden wird! Eine Entscheidung ist der zentrale Punkt, der auch zugleich der Beginn des Handelns oder des nächsten Schrittes ist. Sie ist etwas Endgültiges. Nach einer Entscheidung gibt es kein Zurück. Und im Konjunktiv-Modus kann nichts entschieden werden!

In dem geschilderten Fall hat eindeutig die Entscheidungsgrundlage gefehlt, eine klare Idee, wie man es besser oder anders machen kann. Konkret: mit neuen Köpfen, Themen, Erwartungshaltungen – und einem zeitlichen Plan sowie einer möglichen Übergangsphase. Was soll dann entschieden werden?

Meine Rolle als Impulsgeber und in diversen Beiratsrollen ist es, genau auf diese Stellen Druck auszuüben, die im „Man müsste mal…“ hängen. Die beste Taktik bringt nichts, wenn auf dem Feld keine Tore geschossen werden.

Durchlaufen Sie diese Schritte allesamt, werden Sie nicht mehr im „Man müsste mal…“ stagnieren und in eine „hätte ich mal…“-Haltung verfallen. Das gilt für alle Themen.

Dominic Multerer (26) aus Deutschland ist branchenübergreifend als Marketing-, Vertriebs- und Strategieberater tätig. Er schreibt Beiträge für führende Wirtschaftspublikationen, ist Autor mehrerer Bücher, hält Vorträge auf Kongressen sowie Vorlesungen an Business-Schools. Mehr unter: www.dominic-multerer.de

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