Weibliche CEOs werden häufiger attackiert

Weibliche CEOs werden häufiger attackiert

Last Updated on 2018-06-17

Dr. Regina Jankowitsch, Newsletter 15.06.2018

Videolink

Frauen werden als Vorstandsvorsitzende von Investoren um 50 Prozent häufiger attackiert als ihre männlichen Pendants und zwar eindeutig auch dann, wenn sie gute wirtschaftliche Ergebnisse vorlegen. Damit sind die vorurteilsbehafteten Reflexe gegen Frauen in Führungspositionen offengelegt. Zu diesem Befund kommt eine US-amerikanische Studie, in der entsprechende Angriffe gegen den CEO börsenotierter Unternehmen zwischen 1996 und 2013 analysiert wurden.

Die WissenschaftlerInnen empfehlen daher allen Stakeholdern – Aufsichtsrat, Medien, AktionärInnen, KundInnen – sich dieses latenten Anti-Frauen-Stereotyps selbst im Falle der höchsten Position, die ein Unternehmen zu vergeben hat, bewusst zu sein. Direkte Maßnahmen, um diesen Klischees entgegenzusteuern, sind aus Sicht der AutorInnen a) öfter und länger über die Erfolge weiblicher CEOs zu berichten und b) das Männer-Frauen-Verhältnis unter den AktionärInnen bzw. InvestorInnen im Auge zu behalten: gibt es dort deutlich mehr Männer als Frauen, dann ist im Falle eines weiblichen CEO häufiger und deutlicher mit Kritik zu rechnen.

Do women CEOs face greater threat of shareholder activism compared to male CEOs? A role congruity perspective. Gupta/Han/Mortal/Silveri/Turban, Journal of Applied Psychology, 2018, vol. 103, Nr. 2, 228-236.
 

Aus der Praxis:
Ja, manche meiner weiblichen Klienten in CEO-, Geschäftsführer-, Präsidenten- oder Vorsitzendenfunktion waren gezielten Attacken ausgesetzt. Dabei hatte ich allerdings nie den Eindruck, dass die Attackierenden (im übrigen meistens, aber nicht immer, Männer) fanden, Frauen wären generell unbrauchbar in Führungspositionen. Vielmehr konnten wir plausibel ableiten: weibliche Führungskräften traut man nicht zu, sich bei Attacken vehement zu wehren, geschweige denn zurückzuschlagen. D.h. Angriffe auf Frauen hätten – so das Movens – also mehr Chancen auf Erfolg als Angriffe auf Männer.
Ich empfehle Frauen in Toppositionen daher immer:

  1. Klar in der Kommunikation und im Zweifel eher offensiv als defensiv zu sein
  2. Sich und ihre Leistungen sichtbar zu machen vulgo besser zu verkaufen und
  3. Hohe, aber nicht erschöpfende Maßstäbe an sich selbst zu legen, denn viele großartige Frauen verausgaben sich sonst viel schneller als nötig körperlich wie mental.

Es gehört jedenfalls zum Standard-Coaching eines CEOs, egal ob Mann oder Frau, potentielle Angriffe von außen wie von innen zu antizipieren und entsprechende Reaktionsmöglichkeiten zu besprechen bzw. noch viel besser: einen Plan für die ersten 100 Tage zu entwickeln. Gerade die ersten Eindrücke bei Aufsichtsrat, VorstandskollegInnen oder MitarbeiterInnen zählen hier doppelt.

Bei Fragen oder Feedback: coaching-moderation@jankowitsch.at