Astrid Valek, HDI Leben: „Derzeit liegt durchschnittliche Bruttopension für Frauen bei 1.083 Euro – das ist nahe der Armutsgrenze.

Astrid Valek, HDI Leben: „Derzeit liegt durchschnittliche Bruttopension für Frauen bei 1.083 Euro – das ist nahe der Armutsgrenze.

Last Updated on 2021-02-28

Astrid Valek ist Marketingleiterin von HDI Leben. Im ForumF-Interview geht Valek auf „Frauen und Pension“ ein, was sich ihrer Meinung nach hierbei dringend ändern muss, welche Gründe es für diese Ungleichheiten gibt und worauf Frauen selbst achten sollten.

ForumF: Frau Valek, Ende Jänner haben Sie gemeinsam mit INARA, einem Unternehmens‐ und Versicherungsberatungsunternehmen, eine Online‐Veranstaltung zum Thema „Pension und Frauen“ gehalten. Was waren die Key Messages diese Veranstaltung?

Astrid Valek: Wir haben einen Faktencheck gemacht und gezeigt, dass wir hierzulande noch eine ganze Menge Arbeit vor uns haben, wenn wir die finanzielle Situation von Frauen langfristig verbessern wollen. Tatsache ist, derzeit liegt die durchschnittliche ASVG‐Bruttopension für Frauen bei 1.083 Euro – das ist nahe der Armutsgrenze. Es braucht daher ein Bündel an Maßnahmen, um die gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in die richtige Richtung zu lenken. Hier nehme ich auch ganz bewusst uns Frauen selbst in die Pflicht, denn eine der wichtigsten Maßnahmen ist, dass wir uns frühzeitig mit der eigenen Vorsorge befassen, dem Thema Priorität geben und keine Scheu vor kapitalmarktorientierten Finanzprodukten haben. Das beginnt beim regelmäßigen Blick auf das Pensionskonto, dieser verschafft nicht nur Transparenz und Klarheit, sondern erlaubt uns auch eine Hochrechnung der zu erwartenden Pensionshöhe. Ich empfehle auch ein Gespräch mit einem Berater oder einer Beraterin des Vertrauens, denn ein umfassendes Beratungsgespräch hilft bei der Erhebung der individuellen Bedarfssituation und bringt Orientierung. Wer gut plant und früh mit dem gezielten Vermögensaufbau beginnt, der kann über die Jahrzehnte auch mit kleinen Beträgen ein beträchtliches Vermögen aufbauen. Aber auch mit 50 Jahren ist es noch nicht zu spät – wichtig ist nur, dass man mit der richtigen Strategie an das Thema herangeht.

ForumF: Derzeit gehen Männer mit ca. 65 Jahren in Pension, Frauen mit ca. 60 Jahren. Wird sich das in den kommenden Jahren Ihrer Meinung nach ändern?

Valek: Die letzte Pensionsreform von 2003/04 ist derzeit gerade in Umsetzung und wird in den kommenden Jahren noch deutliche Veränderungen bringen. Im Zuge dieser Reform wird das Pensionsantrittsalter für Frauen schrittweise an das der Männer angeglichen. Für Frauen bedeutet das eine längere Lebensarbeitszeit und damit auch höhere Gutschriften am Pensionskonto. Aber diese sind auch unbedingt notwendig, denn parallel dazu ändert sich die Berechnungsbasis für den Pensionsanspruch. Wurden früher die besten 15 Jahre als Basis für die Pensionsberechnung herangezogen, steigt der Durchrechnungszeitraum für den Pensionsanspruch bis 2028 schrittweise auf 40 Jahre, also beinahe bis zur Gesamtlebensarbeitszeit an. Natürlich trifft diese Änderung Männer wie Frauen gleichermaßen, aber gerade bei Frauen rächen sich Teilzeit und Karenz dann in der Pension umso mehr. Wir wissen also schon heute, was uns in den nächsten Jahren erwartet und sollten uns entsprechend darauf vorbereiten.

ForumF: In allen Bereichen geht (oder sollte es) derzeit um die Gleichstellung von Mann und Frau gehen. Wie kann es sein, dass Frauen immer noch schlechtere Pensionen ausgezahlt bekommen als Männer?

Valek: Gleichstellung gibt es leider in vielen Bereichen nach wie vor nicht. Bestes Beispiel ist die Bezahlung. In einer Vollzeitbeschäftigung verdienen Frauen im Vergleich zu Männern für die gleiche Tätigkeit um 14 Prozent weniger. Die Situation bessert sich nur sehr langsam. Die Gründe dafür sind vielfältig: Sie beginnen in unserem klassischen Familienverständnis, das immer noch die Frau stärker in der Rolle der Hausfrau und Mutter sieht, gehen über die „Zuverdienerdenke“, die Frauen bevorzugt in Teilzeit arbeiten lässt und reicht bis zu überholten Rollenbildern bei der Berufswahl. Hinzu kommt, dass Karenzzeiten und Teilzeittätigkeiten die Aufstiegschancen verringern. Vielen Frauen fehlt zudem das notwendige Selbstbewusstsein bei Gehaltsverhandlungen, vor allem wenn es darum geht, die eigenen Leistungen sichtbar zu machen.

ForumF: Wird sich dieses Ungleichgewicht Ihrer Meinung nach in den kommenden fünf bis zehn Jahren ändern?

Valek: Aufgrund der vorhin genannten Faktoren wird die Schere noch weiter aufgehen. Die Pensionsreform verschärft das Ungleichgewicht – aber auch unbezahlte Praktika, prekäre Arbeitsverhältnisse oder die hohe Corona‐Arbeitslosigkeit, zeigen negative Auswirkungen. Laut Arbeiterkammer sind 85 Prozent der „Corona‐Arbeitslosen“ Frauen. Hinzu kommt, dass die Pandemie Frauen wieder in ein traditionelles Rollenbild drängt: Frauen sind im Home Office, übernehmen die Betreuung im Home Schooling sowie die Pflege der Angehörigen und versorgen den Haushalt.

ForumF: Welche Form der Pensionskasse bzw. Vorsorge empfehlen Sie Frauen in Österreich?

Valek: Der Vorsorgedarf ist sehr individuell und daher auch von Frau zu Frau verschieden. Prinzipiell geht es aber darum, dass man einen Kapitalstock für das Alter aufbaut. Ob das über sicherheitsorientierte Anlageformen oder ertragsstärkere Investments erfolgt, muss jede Frau für sich selbst entscheiden. Wer eine lebenslange Zusatzrente möchte, ist mit einer Lebens‐ oder Rentenversicherung gut beraten, denn nur sie deckt das Langlebigkeitsrisiko ab. Außerdem muss man sich überlegen, wieviel Absicherung man tatsächlich braucht. Denn Kapitalgarantien oder die Absicherung von Hinterbliebenen kosten immer Geld.

ForumF: Wie ist Ihr persönlicher Vorschlag, die Ungleichheit der Pensions‐Beträge zwischen Männern und Frauen insbesondere in Österreich anzugleichen?

Valek: Ein erster Schritt wäre, eine erhöhte Transparenz bei der Bezahlung der Mitarbeitenden. Hier könnte man Unternehmen mit dem noch recht neuen „Equal Pay Siegel“ vor den Vorhang holen. Auch Frauenförderung und Quotenregelungen in Unternehmen bringen eine Win‐win‐Situation für Frauen und Unternehmen. Wichtig wäre es auch, Mädchen für besser bezahlte Berufe zu begeistern. Auf familiärer Ebene könnte ein obligatorisches Pensionssplitting den Einkommensverlust von Müttern reduzieren. Gleichzeitig müsste der Wiedereinstieg in den Beruf durch ein flächendeckendes Kinderbetreuungsangebot erleichtert werden, damit eine Teilzeitbeschäftigung von zumindest 25 bis 30 Stunden möglich ist.

ForumF: 2020 war ein schwierigeres Jahr für die meisten Branchen. Wie ging es HDI Leben in diesem außergewöhnlichen Jahr?

Valek: Als lebenswertes Unternehmen hat HDI LEBEN rasch auf die geänderten Rahmenbedingungen reagiert und seine Kundinnen und Geschäftspartnern mit digitalen Lösungen, Fachkompetenz, Finanzstärke und ganz viel Zuversicht unterstützt. So konnten wir gerade in Krisenzeiten eine stabile Konstante sein und in verschiedenen Bereichen eine Vorreiterrolle einnehmen. Beispielhaft darf ich hier unsere Webinar‐Serie „Lebenswert Lernen“ erwähnen. In Kooperation mit akkreditierten Bildungsinstituten bietet HDI LEBEN seit Beginn der Corona‐Krise online qualitativ wertvolle sowie anrechenbare Aus‐ und Weiterbildung an. Die Inhalte reichen von sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen über Kapitalmarktanalysen bis hin zu Themen rund um die Berufsunfähigkeitsversicherung sowie Nachhaltigkeit. Das Interesse an unseren Webinaren ist enorm und übertrifft unsere Erwartungen bei weitem: Bisher durften wir rund 4.500 Teilnehmer digital willkommen heißen und knapp 5.000 IDD‐Stunden vergeben. Außerdem werden Webinare bereitgestellt, die Vermittler in ihren aufsichtsrechtlichen Kompetenzen wie Product Oversight and Governance (POG) unterstützen. Mit diesem Angebot waren wir lange Zeit einzigartig am Markt und konnten den „Fist mover advantage“ nutzen. Darüber hinaus stellten wir unseren Vermittlern österreichweit ein integriertes Sicherheitspaket zur Verfügung, das wichtige Informationen zu Hygienestandards, Luftreinigungsgeräten, Plexiglas‐Schutzschildern, zur Anwendung der Investitionsprämie sowie kostenfreie Masken, Desinfektionsmittel und haptische Aufsteller in Form von Pyramiden mit Hygiene‐ und Sicherheitshinweisen beinhaltet.

ForumF: Und wie sieht Ihr Forecast für 2021 aus?

Valek: Bei HDI LEBEN werden wir das Schwerpunktthema Frauen weiter forcieren und hier als Versicherung eine Vorreiterrolle übernehmen. Auch das Thema Digitalisierung steht auf unserer Agenda – aktuell arbeiten wir an einer digitalen Beratungsunterstützung für unsere Qualitätsvermittler.


@Karin Jost

Quelle: https://forumf.at/story/astrid-valek-hdi-leben-derzeit-liegt-durchschnittliche-bruttopension-fuer-frauen-bei-1-083-euro-das-ist-nahe-der-armutsgrenze/