19 Oct Die neue Mitarbeiterbeteiligungsstiftung ab 1. Jänner 2018
Last Updated on 2017-10-19
RA Dr. Christian Wimpissinger in Newsletter Binder Grösswang 16.10.2017
Im Juli 2017 wurde vom Parlament das Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 (MitarbeiterBetStG 2017) beschlossen. Die neuen Regelungen treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft und dienen – ausweislich der Materialien – vornehmlich der Flexibilisierung und Neustrukturierung der Rahmenbedingungen für betriebliche Privatstiftungen (u.a. durch die Definition von Arbeitnehmern, Angehörigen und Arbeitgebergesellschaften) und der gesetzlichen Verankerung einer Mitarbeiterbeteiligungsstiftung.
1. Einführung einer Mitarbeiterbeteiligungsstiftung im EStG
Ein wesentlicher Punkt des Gesetzesvorhabens war die Einführung einer neuen Form der betrieblichen Privatstiftung, der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung (§ 4d Abs 4 EStG idF BGBl I 105/2017). Ziel der neuen Mitarbeiterbeteiligungsstiftung ist die Bildung von Kernaktionären – u.a. um feindliche Übernahmen zu vermeiden – sowie die Sicherung von Arbeitsplätzen und damit auch des Standorts.
1.1 Voraussetzungen für die Qualifikation als Mitarbeiterbeteiligungsstiftung
Um in den Genuss der mit der Qualifikation verbundenen Vorteile zu kommen, dürfen Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen ausschließlich den folgenden Zwecken dienen:
- Unentgeltliche oder verbilligte Abgabe von Aktien an Arbeitgebergesellschaften
- an die Arbeitnehmer als Begünstigte der Stiftung
- treuhändige Verwahrung und Verwaltung dieser Aktien für die Begünstigten
- einheitliche Ausübung der Stimmrechte
- Erwerb und vorübergehendes Halten von Aktien an Arbeitgebergesellschaften über einen mehrjährigen Zeitraum bis zu einem Anteil von 10% der Stimmrechte zum Zweck der unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe an die Begünstigten, wobei die Abgabe planmäßig erfolgen muss
Stifter sind primär die Arbeitgebergesellschaften, aber auch innerbetrieblich bestehende gesetzliche Arbeitnehmervertretungen. Begünstigte können grundsätzlich nur Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen derselben sein. Für die Anerkennung als Mitarbeiterbeteiligungsstiftung müssen die Arbeitnehmervertreter zustimmen.
1.2 Steuerliche Behandlung auf Ebene des Unternehmens und auf Ebene der Stiftung
Zuwendungen des Stifters können als Betriebsausgaben abgesetzt werden, soweit es sich dabei um
- eigene Aktien oder um Aktien an Arbeitgebergesellschaften (z. B. auch verbundener Konzernunternehmen) oder
- den für die Anschaffung solcher Aktien notwendigen Geldbetrag oder
- den für die Abdeckung der Gründungsaufwendungen und der laufenden Aufwendungen der Privatstiftung notwendigen Geldbetrag oder
- den für die Abdeckung der Aufwendungen für die treuhändige Verwahrung und Verwaltung der Aktien der Begünstigten notwendigen Geldbetrag handelt
Eine Ausnahme besteht für Aktien, die nicht im selben Kalenderjahr an Arbeitnehmer steuerbegünstigt weitergegeben werden.
Auf Ebene der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung unterliegen die Zuwendungen weder der Körperschaftsteuer noch der Stiftungseingangssteuer (§ 13 Abs 1 Z 1 lit d KStG; § 1 Abs 6 Z 4 StiftEG jeweils idF BGBl I 105/2017)
2. Neue Befreiungsbestimmung für Arbeitnehmer und deren Angehörige
Durch das MitarbeiterBetStG 2017 wurde ferner eine neue Steuerbegünstigung im Zusammenhang mit Mitarbeiteraktien ins EStG integriert (§ 3 Abs 1 Z 15 lit. c und d EStG idF BGBl I 105/2017): der Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe von Aktien durch Arbeitnehmergesellschaften selbst bzw. durch die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung ist bis zu einem Betrag von € 4.500 jährlich pro Dienstverhältnis bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen steuerfrei. Von der Steuer befreit ist in diesem Zusammenhang auch der Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten treuhändigen Verwahrung und Verwaltung der Aktien durch die Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen.
Die Dividenden aus den treuhändig verwalteten Aktien stellen bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen steuerpflichtige Kapitalerträge dar.
2.1 Mögliche Problemfelder
Die Anwendung der Befreiungsbestimmung setzt konsequenterweise den Zufluss des Vorteils aus der Abgabe der Aktien sohin den Übergang wirtschaftlichen Eigentums voraus. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs 1 Z 15 lit c TS 3 EStG idF BGBl I 105/2017 könnte geschlossen werden, dass es zu einem solchen Zufluss erst bei Beendigung des Dienstverhältnisses kommt bzw. wenn Aktien vor Beendigung ausgefolgt werden. Zudem ist eine der oben genannten Voraussetzungen für die Anwendung der Bestimmung, dass die Aktien zwingend von der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung als Treuhänderin gehalten werden, die das Stimmrecht „einheitlich auszuüben“ hat. Schließlich muss die Treuhandvereinbarung die Unzulässigkeit der Kündigung vor Beendigung des Dienstverhältnisses vorsehen.
Diese Punkte könnten allesamt gegen eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien sprechen, was der Befreiungsnorm allerdings den Anwendungsbereich entziehen würde. Es bleibt abzuwarten, wie diese Frage von der Literatur und der Finanzverwaltung beantwortet wird.
2.2 Verhältnis zu bestehenden Befreiungsbestimmungen
Nach den Materialien lehnt sich die neue Steuerbegünstigung an der vergleichbaren Steuerbegünstigung für Mitarbeiterbeteiligungen in § 3 Abs 1 Z 15 lit b EStG an. Deren Anwendungsbereich ist allerdings weiter und umfasst (auch) GmbH-Anteile, Partizipationsscheine und Substanzgenussrechte am Arbeitgeberunternehmen, Anteile an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie echte stille Beteiligungen. Bei lit b beträgt die Steuerbefreiung € 3.000, während sie im Falle von lit c € 4.500 beträgt. Nach lit b steht die Befreiung pro Person zu, lit c knüpft an das Dienstverhältnis an (was bei mehreren Dienstverhältnissen beispielsweise im Konzernverbund eine Mehrfachanwendung möglich macht). Schließlich wird der Vorteil im Zusammenhang mit der treuhändigen Verwahrung und Verwaltung im Falle von Mitarbeiterbeteiligungen, sprich die mit der Verwahrung und Verwaltung anfallenden Kosten, nach lit b nicht befreit. Stimmen in der Literatur verorten in dieser unterschiedlichen Behandlung verfassungsrechtliche Bedenken.
Noch nicht eindeutig geklärt ist auch, ob es sich bei der neuen Befreiungsbestimmung um eine spezielle Norm für Mitarbeiteraktien handelt oder ob eine kumulative Anwendung der Bestimmungen möglich ist.
3. Inkrafttreten
Die Regelungen betreffend die neue Befreiungsbestimmung sind erstmals bei der Veranlagung 2018 bzw. für Lohnzahlungszeiträume ab 1. Jänner 2018 anzuwenden. Die Errichtung von Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen wird ab 1. Jänner 2018 möglich sein.
Dr. Christian Wimpissinger ist Partner der BINDER GROESSWANG Rechtsanwälte GmbH
Kontakt: wimpissinger@bindergroesswang.at, www.bindergroesswang.at