Interview: „Die Welt ein Stück besser machen“

Interview: „Die Welt ein Stück besser machen“

Last Updated on 2022-01-27
Nachhaltiges Investieren liegt voll im Trend. Die Unternehmensberaterin Mag. Alexandra Bolena unterstützt Firmen und Fonds bei der Suche nach Investoren für sustainable projects. Ihr vor kurzem erschienenes Buch „Nachhaltig Investieren für Dummies“ will nachhaltige Geldanlage auch einer breiteren Öffentlichkeit nahebringen.

INARA: Bitte skizzieren Sie uns zunächst kurz Ihren beruflichen Werdegang.
Mag. Alexandra Bolena: Ich bin seit 2001 in der Finanzbranche tätig und betreue schon lange institutionelle Anleger zum Thema Alternative Investments. Seit einigen Jahren liegt hier der Schwerpunkt stark auf nachhaltigen Angeboten. Bevor ich mich selbständig gemacht habe, konnte ich 2015 zum Beispiel mit meiner letzten Arbeitgeberin einen der ersten Erneuerbaren Energiefonds für ein großes deutsche Investmenthaus in Österreich introducen und platzieren. Wir waren Pionierinnen und wollten damit nachhaltige Finanzinvestments „gesellschaftsfähig“ machen. 2020 habe ich dann den Schritt in die Selbständigkeit gewagt und mein eigenes Unternehmen, Bolena Impact- Investment e. U., gegründet, um mich noch stärker dem Thema sustainable finance zu widmen.

INARA: Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde. Es gibt aber durchaus unterschiedliche Vorstellungen davon. Die Atomenergie ist beispielsweise für die EU und Länder wie Frankreich und Tschechien nachhaltig, weil CO2-frei, für Österreich, Deutschland und einige mehr hingegen ein absolutes No Go. Wie definieren Sie persönlich den Begriff?
Bolena: Ich bin Soziologin und sehe Nachhaltigkeit als Teil unseres gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses und daraus ergeben sich Wertekonflikte. Auf jeden Fall geht es nicht nur um den Umweltschutz und Klima-Neutralität – wobei auch hier die Lösungen nicht einfach und eindeutig sind, wie man am Beispiel Atomenergie und Erdgas erst kürzlich auf politischem Parkett erleben durfte. Ebenso wichtig sind soziale Themen wie faire Arbeitsbedingungen, Verbot der Kinderarbeit und eine verantwortungsvolle und korrekte Unternehmensführung. Zusammengefasst wird das unter dem Begriff ESG (Environment, Social, Governance).

INARA: Ist Nachhaltigkeit ein Modetrend, der nach ein paar Jahren durch den nächsten ersetzt werden wird?
Bolena: Nein, das ist heute weltweit ein Megatrend, der anhalten wird. Ursprünglich kommt der Begriff aus der Forstwirtschaft und bedeutet, dass man in einer bestimmten Zeitspanne nur so viele Bäume schlägern soll, wie auch wieder nachwachsen können, ohne den Waldbestand zu dezimieren. Verantwortungsbewusste Waldbesitzer agieren schon lange nach diesem Prinzip. Was derzeit im brasilianischen Regenwald passiert, ist eine andere, sehr traurige Geschichte.

INARA: Reicht es, wenn der Staat seine Bürger durch Regeln, allenfalls Verbote zu einer nachhaltigen Lebensweise motiviert?
Bolena: Nein, wir dürfen nicht alles an die Politik abschieben, auch die Eigenverantwortung ist enorm wichtig. Die Verantwortung für unseren Planeten, der auch noch für die nächsten Generationen bewohnbar sein soll, liegt bei uns selbst. Jeder muss sich darum kümmern und seinen Beitrag leisten, um die Welt ein Stück besser zu machen. Aufgabe der Politik ist es, gesellschaftsrelevante Themen aufzugreifen und dann wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen für die Umsetzung zu schaffen.

INARA: Was braucht man, um tatsächlich nachhaltig zu investieren? Einfach nur einen Fonds mit einem „grünen Mascherl“ zu kaufen, den heute fast jede Bank anbietet, reicht ja nicht jedem.
Bolena: Nachhaltiges Investieren erfordert ein Grundwissen und ein Grundverständnis und man muss sich auch mit seinen eigenen Werten auseinandersetzen. Wenn man es ernst meint mit „nachhaltig investieren“, sollte man sich für diese komplexe Materie echt interessieren und intensiv damit befassen. Es gibt so viele Möglichkeiten, aber nicht jede Investmentlösung passt für jeden Investor.

INARA: Welche Dienstleistung bieten Sie Ihren Kunden an?
Bolena: Ich bin Unternehmensberaterin und suche Investoren und zwar sowohl für Unternehmen als auch für Fonds. Bei den Unternehmen geht es meist um „game changing potential“, beispielsweise Richtung Kreislaufwirtschaft oder Technologien zur Wasseraufbereitung, bei Fonds um Impact Venture. Das Motto ist „sustainability counts“. Da ich schon so lange im Geschäft bin, verfüge ich über ein gutes Netzwerk. U. a. bin ich Mitglied der deutschen Bundesinitiative Impact Investing und dadurch immer up to date, was die aktuellen Trends anbelangt.

INARA: Welche konkreten Trends sind derzeit aktuell?
Bolena: Die größte Hebelwirkung erzielt man derzeit, wenn man zukunftsweisende Projekte und Unternehmen ­– zum Beispiel über Crowdfunding – unterstützt. Aber Technologien und Investmentlösungen sind schnelllebig, und niemand kann sagen, ob das, was heute gilt, in ein paar Jahren noch immer state oft the art sein wird.

INARA: Gibt es neben der Investorensuche weitere Aktivitäten?
Bolena: Ich organisiere Veranstaltungen und halte online-Seminare zu Nachhaltigkeit, diese werden gut angenommen. Außerdem habe ich mehrere Lehraufträge zum Thema „sustainable finance“, verfasse regelmäßig Fachbeiträge und werde gerne als Moderatorin auf einschlägigen Panels gebucht.

INARA: Sie haben vor kurzem ein Buch veröffentlicht. Was genau wird in diesem Buch behandelt?
Bolena: Das Buch „Nachhaltig investieren für Dummies“ ist im Vorjahr erschienen und hat 300 Seiten. Wie der Titel schon erahnen lässt, war es mein Ziel, nachhaltige Geldanlage einer breiteren Öffentlichkeit nahezubringen. Die Motive und Kriterien für nachhaltiges Investieren werden darin ebenso erläutert wie die dafür geeigneten Instrumente. Die Palette reicht dabei von Aktien und Aktienfonds, über ETFs, Anleihen, Pfandbriefe bis zu Green und Social Bonds. Auch Investments mit längerfristiger Bindung und „neue Instrumente“ – von Social Impact Bonds bis hin zu Crowdinvesting – werden behandelt. Ich wollte vor allem aufzeigen, wie man nachhaltig und erfolgreich investieren kann, also dass man für sein gutes Gewissen nicht unbedingt auf Rendite verzichten muss. Außerdem erkläre ich, wie man „Green-Washing“ bei Finanzprodukten erkennen kann.

INARA: Wie kam es zu diesem Buch?
Bolena: Die Idee dazu ist sukzessive entstanden, weil ich bei meinen Gesprächen nicht nur mit Experten zu tun habe. Wer selbst nicht fachaffin ist, hat meist eine gewisse Scheu, dies offen zuzugeben. Das macht die Kommunikation mühsam, man redet leicht aneinander vorbei. Die Lektüre meines Buches ermöglicht es jedem Interessierten, den Inhalten und Erklärungen gut folgen zu können. Es bietet in komprimierter Form einen Überblick über das Thema. Danach kann man gezielt tiefergehende Fragen an seinen Anlageberater stellen, um selbst eine fundierte Investitionsentscheidung zu treffen.

 


@Suzy Stöckl

www.impact-investments.at

Autorin: Brigitta Schwarzer