
08 May Rat für den Aufsichtsrat, Teil 1
Last Updated on 2025-05-09
Mag. Manfred Kainz
Der Aufsichtsrat ist ein gewichtiges Gremium für Good Governance – und braucht daher professionelle Begleitung und „Servicierung“. Das war diesmal Thema beim Kapitalmarktrechtstag, veranstaltet von Business Circle und unter fachlicher Leitung der renommierten Gesellschaftsrechts- & Kapitalmarktrechtsexpertin Univ.-Prof. Susanne Kalss (WU).
Das „Management“ rund um den AR wird kaum in größeren Foren diskutiert und wurde daher beim Kapitalmarktrechtstag intensiv behandelt. In den kommenden INARA-Newsletters können Sie Erkenntnisse daraus nachlesen. Heute im Teil 1: Auswahl von AR-Mitgliedern, Onboarding, Zusammensetzung & Unabhängigkeit, sowie Management von Interessenkonflikten.
„Komposition“
Bei der Auswahl neuer AR-Mitglieder empfiehlt sich die frühzeitige Einbindung des AR-Büros bei Wahlvorschlägen aus der „Gesellschaftssphäre“, weiß Aakriti Chandihok aus der Praxis. Sie ist Director & Head of Legal and Compliance der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) – und hatte gerade die Vorbereitung der ÖBAG-AR-Sitzung hinter sich. Gemäß § 87 Abs 2 Aktiengesetz (fachliche & persönliche Qualifikation, fachlich ausgewogene Zusammensetzung …) solle man permanent auf die „Komposition“ der Kompetenzen im AR achten. Denn der Kompetenzbedarf verändert sich ebenso wie das Wirtschafts-, Wettbewerbs- & Regulierungsumfeld. Da heißen die Fragen: „Welche Kompetenzen sind im AR schon vertreten und welche fehlen (noch)?“ Es geht ja auch um die Akzeptanz durch das Aktionariat bei der AR-Wahl in der Hauptversammlung. Dazu kommen im Bankensektor noch die Fit & Proper-Kriterien des Bankwesengesetzes. Schon früh zu fragen, ist der/die Vorgeschlagene fit & proper, schadet daher nicht …
Beim Onboarding bildet die C-Regel 52a. des Österreichischen Corporate Governance Kodex („…angemessen informieren…“) den Rahmen für einige „Do´s“: Ein KYC(Know Your Customer)-Check einschließlich der Prüfung auf PEP-Status („Politisch exponierte Person“) und Sanktionsbetroffenheit sollte selbstverständlich sein. Ebenso ein veröffentlichungsfähiger Lebenslauf (für die HV) plus die Dokumentation der Organbeziehungen zu anderen Unternehmen (Stichwort Mandatskumulation) und Interessenkonflikten, inkl. dem Einholen der Erklärung über die Unabhängigkeit gemäß § 87 Abs 2 Aktiengesetz. Weiters Abklärung, in welchen Bereichen das neue AR-Mitglied einen Beitrag zur „kollektiven Eignung“ des Organs leistet, also „Eingliederung in eine Kompetenzmatrix“, so Chandihok. Und den Neuen nachweislich eine „Welcome-Mappe“ übergeben: mit Basis-Informationen zum Unternehmen, rechtlichen/strategischen Themen (Stichwort Unternehmenshistorie inkl. allfälliger Strafen) und eventuell früheren AR-Beschlüssen.
Formales und Individuelles
Aktiv im Vorfeld zu hinterfragen sind die Mandatsgrenzen: der Gesellschaften, die persönlichen, Vorsitze, zusätzliche Begrenzungen in Kreditinstituten und „Unabhängigkeits“-Definitionen von Stimmrechtsberatern/vertretern. Was die Mandatszahl betrifft, können Empfehlungen der Proxy Advisors strenger als nationales Recht sein – und der Streubesitz folgt oft den Stimmrechtsvertretern. Formalakte sind a) die Firmenbucheintragung unmittelbar nach Bestellung/AR-Änderung (inkl. Eintragung von Vorsitz-/Stellvertretungsfunktion), b) Ad-hoc-Meldepflicht, wenn sich der AR-Vorsitz ändert, und c) Meldung jeder AR-Änderung in von ihr beaufsichtigten Instituten an die FMA.
Zum Thema Unabhängigkeit und Zusammensetzung sollte selbstverständlich sein: die Arten von Unabhängigkeit bzw. Nicht-Unabhängigkeit zu erfassen und laufend je AR-Mitglied zu führen. (Im Bankensektor kommt im BWG noch Ergänzendes dazu.) Die unterschiedlichen Mandatslaufzeiten überwachen und bei geplanter Verlängerung rechtzeitig Unterlagen (s.o.) für die HV anfordern. Dazu kommen Aspekte betreffend „unterrepräsentiertes Geschlecht“: Gesamt- & Getrennterfüllung von Quoten bzw. Mehrheitserfordernisse; Stichwort: das aktuell diskutierte „Gesellschaftsrechtliche Leitungspositionengesetz“.
Was das Management von Interessenkonflikten betrifft, empfiehlt die Praktikerin eine dokumentierte, vom AR gebilligte „Interessenkonflikt-Policy“ als Teil der Geschäftsordnung. Dazu das laufende Führen eines Interessenkonflikt-Verzeichnisses. Dazu ist sinnvoll, die AR-Mitglieder regelmäßig auf ihre aktive Meldepflicht hinzuweisen, z.B. mittels Standardinfo in den Sitzungsunterlagen. Festzulegen sind Richtlinien für Organgeschäfte gem. BWG und AktG. Und für Banken gilt zusätzlich die Meldepflicht an die FMA.
Im nächsten INARA-NL: AR-Wissen, Fit & Proper, D&O Versicherung, Directors Dealings.