25 Jun Starker Zuwachs: Firmenpleiten um 26 Prozent gestiegen
Last Updated on 2024-06-27
ksv.at / Pressemeldung, 12.06.2024
Neben dem rasanten Anstieg an Unternehmensinsolvenzen gibt es auch so viele Großinsolvenzen wie noch nie im ersten Halbjahr. Dadurch steigen die Passiva massiv.
Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung wurden im ersten Halbjahr 2024 in Österreich 3.308 (+ 26 % gegenüber 2023) Unternehmen insolvent. Das entspricht 18 Firmenpleiten pro Tag. Besonders betroffen sind der Handel, die Bauwirtschaft und die Beherbergung/ Gastronomie. Auffallend ist, dass bereits jetzt 36 Großinsolvenzen mit Passiva von über 10 Mio. Euro zu Buche stehen – das gab es noch nie. Infolgedessen haben sich die vorläufigen Passiva* vervielfacht – statistisch betrachtet um mehr als 900 Prozent auf rund 11 Mrd. Euro. Hier sind jedoch auch die Insolvenzfälle der Familie Benko Privatstiftung, des Unternehmers René Benko und „Signa-Insolvenzen“ mit hohen Passiva inkludiert, die das Ergebnis gehörig in die Höhe treiben. Der Ausblick: Die aktuelle Insolvenzdynamik mit kontinuierlich steigenden Fallzahlen werden bleiben, demnach sind am Jahresende zumindest 6.500 Firmenpleiten realistisch.
Eine sich häufig eintrübende Geschäftslage, vielerorts sinkende Umsätze und fehlende Aufträge haben zuletzt dazu geführt, dass sich das Insolvenzaufkommen innerhalb des ersten Halbjahres 2024 deutlich erhöht und auf hohem Niveau eingependelt hat. „Der wirtschaftliche Druck steigt und Österreichs Unternehmen müssen um jeden Euro kämpfen. Für immer mehr Betriebe spitzt sich die Lage zu. Es ist aktuell davon auszugehen, dass sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen auch in den kommenden Monaten auf ähnlich hohem Niveau bewegen wird“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Zum Halbjahr verzeichnet Österreich 3.308 Firmenpleiten, was einem Anstieg von 26 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres entspricht. Betrachtet man die ersten beiden Quartale 2024 jeweils für sich, so liegt das erste Quartal mit 1.688 Fällen, es war das insolvenzreichste Quartal seit dem Jahr 2009, knapp vor dem zweiten (1.620 Fälle). Trotz eines leichten Rückgangs der Fallzahlen in den vergangenen Wochen kann von einer Verlangsamung des Insolvenzgeschehens nicht gesprochen werden. „Das Tempo hat sich gegen Ende 2023 deutlich beschleunigt und ist bis heute konstant hoch“, so Götze. In welcher Dimension sich das aktuelle Insolvenzgeschehen im historischen Vergleich verhält, lässt sich anhand des Insolvenzquotienten einordnen: Während rund um den Jahrtausendwechsel pro Jahr etwa zwei Prozent der Unternehmen insolvent wurden, sind es heute rund 1,4 Prozent. „Dass wir in absoluten Zahlen aktuell mehr Insolvenzfälle haben, liegt nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Faktoren, sondern auch daran, dass es in Österreich aufgrund zahlreicher Neugründen mehr Unternehmen gibt. Wir haben zwar aktuell viele Insolvenzen, aber man muss trotzdem die Kirche im Dorf lassen“, so Götze.
Nicht eröffnete Fälle im Verhältnis etwas weniger
Gegen den generellen Trend hat sich zuletzt hingegen der Anteil an mangels Vermögens nicht eröffneten Fällen etwas verkleinert. Zwar sind die Fallzahlen gegenüber dem Vorjahr um knapp 13 Prozent auf 1.208 Fälle gestiegen, doch der Anteil an den Unternehmensinsolvenzen insgesamt beträgt zum Halbjahr 2024 knapp 37 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 41 Prozent.
Privatkonkurse: Pro-Kopf-Verschuldung steigt
Während die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren sich auf Vorjahresniveau bewegt, fallen die Passiva deutlich höher aus.
Österreichs Privathaushalte sehen sich mittlerweile seit geraumer Zeit mit hohen finanziellen Belastungen konfrontiert. Einerseits belastet die trotz eines leichten Rückgangs in den vergangenen Monaten nach wie vor hohe Inflation die Budgets der heimischen Privathaushalte, andererseits spielt das generell hohe Preisniveau eine wesentliche Rolle. Viele Menschen geraten daher zunehmend in eine finanziell prekäre Lage. Trotzdem weist die aktuelle KSV1870 Hochrechnung für das erste Halbjahr 2024 nur einen geringen Zuwachs von 0,7 Prozent auf insgesamt 4.580 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren aus. Das entspricht 25 Fällen pro Tag. Warum das so ist: „Aus der Vergangenheit wissen wir, dass sich Privatkonkurse immer mit einer gewissen Verzögerung im Vergleich zu den Firmenpleiten einstellen. Anfangs leben die Menschen von ihren Ersparnissen und können ihren Konsum, soweit es möglich ist, auf ein Minimum reduzieren. Wenn die finanziellen Reserven aufgebraucht sind, reichen auch persönliche Einschränkungen mitunter nicht mehr aus und es kommt zum finanziellen Kollaps“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. In so einer Phase gilt, sich frühzeitig professionelle Hilfe zu suchen und wenn erforderlich als weiteren Schritt eine private Entschuldung anzustreben, um danach neu durchstarten zu können. „In einer finanziell angespannten Situation geht es vor allem darum, den Zeitpunkt nicht zu verpassen, ab dem man sein eigenes Schicksal nicht mehr selbst in der Hand hat“, so Götze.
Bundesländer mit unterschiedlichen Tendenzen
Ein Blick in die einzelnen Regionen des Landes zeigt, dass sich die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren in den Bundesländern zuletzt teils recht unterschiedlich entwickelt haben. Während das Burgenland mit einem Minus von 12,6 Prozent einen doch deutlichen Rückgang meldet, gibt es in Salzburg um 6,7 Prozent mehr Fälle. Darüber hinaus werden in der Bundeshauptstadt Wien mit 1.477 Privatkonkursen (- 0,1 % gegenüber 2023) weiterhin die meisten eröffneten Verfahren gezählt.
Quelle: https://www.ksv.at/pressemeldungen/starker-zuwachs-firmenpleiten-26-prozent-gestiegen