Stresstest für D&O-Versicherungen

Stresstest für D&O-Versicherungen

Last Updated on 2024-10-24
Brigitta Schwarzer

Auch wenn jede:r Manager:in weiß, worum es bei einer D&O-Versicherung grundsätzlich geht, sind die D&O-Haftungs- und Deckungsgrundlagen oft nicht im Detail bekannt.

Eine D&O-Versicherung ist eine Berufshaftpflichtversicherung für Organe (Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat) und leitende Angestellte von Unternehmen, wenn diese für einen Vermögensschaden den sie durch eine schuldhafte Pflichtverletzung einem Dritten (Lieferanten, Kunden, Mitbewerber, Mitarbeitende, Anteilseigner) oder dem Unternehmen zugefügt haben, mit ihrem Privatvermögen in Anspruch genommen werden.

Ein schuldhafter Pflichtverstoß liegt dann vor, wenn der Schadenverursacher die gesetzlich gebotene Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht einhält.

Wurden Vorstände und Geschäftsführer in einem solchen Fall früher mit einem „Golden Handshake“ aus dem Unternehmen verabschiedet, um ihre Reputation zu wahren, drohen heute neben dem Verlust des Amtes auch Schadenersatzforderungen, die die Manager finanziell oft nicht leisten können.

Die meisten Ansprüche, die eine D&O-Deckung auslösen, sind Innenansprüche der Gesellschaft gegen einzelne – oft ehemalige – Vorstands-, Geschäftsführungs- und/oder Aufsichtsratsmitglieder.

Hinzu kommt, dass im Rahmen der Solidarhaftung jedes Organ auch für die Pflichtverstöße seiner Kolleg:innen in Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsrat haftet.

Darüber hinaus gilt das Prinzip der Beweislastumkehr, d.h. im Schadensfall muss das Organ beweisen, dass keine Pflichtverletzung vorliegt.

Die D&O-Versicherung umfasst die Abwehr unbegründeter sowie die Befriedigung begründeter Schadenersatzansprüche.

Sie tritt nicht ein, wenn die schadenursächliche Pflichtverletzung vorsätzlich begangen wurde, was häufig bei strafrechtlich relevanten Tatbeständen (z.B. Untreue, Betrug, Bilanzfälschung) der Fall ist. Die meisten D&O-Polizzen sehen die Übernahme der Abwehrkosten bis zur rechtskräftigen Feststellung des Vorsatzes vor, danach sind die Kosten in der Regel zurückzuerstatten.

Typische Schadenersatzansprüche gegen Manager:innen beruhen auf

  • der Nichtbeachtung von Gesetz, Satzung und/oder der Geschäftsordnung
  • der falschen Darstellung der finanziellen Lage der Gesellschaft
  • Mängeln bei der Rechnungslegung, im Risikomanagementsystem und im internen Kontrollsystem
  • Auswahl-, Organisations- und Überwachungsverschulden

Eine D&O-Versicherung gehört mittlerweile – von wenigen Ausnahmen abgesehen – zum Standardrepertoire größerer Unternehmen. Die Bandbreite der Versicherungssummen und Jahresprämien ist groß. Bei vielen Unternehmen entspricht die Höhe der Deckungssumme nicht dem Risikoexposure.

Am österreichischen Markt sind rund 15 D&O-Versicherer tätig. Die einzelnen Bedingungswerke sind auf den ersten Blick sehr ähnlich, die Unterschiede, die im Einzelfall oft entscheidend sind, ob Deckung besteht oder nicht, liegen im Detail. D&O-Versicherungen sind daher beratungsintensiv – eine Polizze enthält viel Kleingedrucktes, zu dessen Verständnis juristisches Know-how und Versicherungsexpertise erforderlich sind.

Jede:r Manager:in sollte Eigenverantwortung hinsichtlich der für sie bzw. ihn geltenden D&O-Polizze übernehmen und sich bewusst sein, dass für den Fall, dass die Gesellschaft, als deren Organ sie / er tätig ist oder war, Ansprüche geltend macht, auf deren Kooperationsbereitschaft nicht gezählt werden kann.

Vorständ:innen, Geschäftsführer:innen und Aufsichtsrät:innen sind daher gut beraten, die für sie geltende D&O-Versicherung einmal im Jahr einem Stresstest zu unterziehen und zu überprüfen, bzw. überprüfen zu lassen

  • welchem Haftungsrisiko sie ausgesetzt sind
  • ob Schadenersatzansprüche Dritter oder des Unternehmens, für das sie als Organ tätig sind, drohen können
  • ob ihnen die für sie geltenden D&O-Polizzenbedingungen bekannt und verständlich sind, und ob sich diese im letzten Jahr geändert haben
  • ob es Entwicklungen auf dem D&O-Markt gegeben hat, die sie kennen sollten
  • ob der Abschluss einer persönlichen D&O-Versicherung zur besseren individuellen Absicherung sinnvoll wäre

 

Brigitta Schwarzer ist über ihre INARA GmbH Versicherungsmaklerin und Beraterin in Versicherungsangelegenheiten. Sie gilt als ausgewiesene Expertin für D&O-Versicherungen. Als Kooperationspartnerin der Finlex Financial Lines Plattform (www.finlex.io) berät sie Unternehmen insbesondere zu D&O- und Cyberversicherungen.