Thursday for Prosperity – Wie sich „transatlantische Kalamitäten“ auf die Makrokonjunktur auswirken.

Thursday for Prosperity – Wie sich „transatlantische Kalamitäten“ auf die Makrokonjunktur auswirken.

Last Updated on 2019-12-17
Rudolf Preyer in boersen-kurier.at, 12.12.2019

Der Dezember-Marktkommentar wird von Kunden des Bankhauses Krentschker immer mit großer Vorfreude erwartet: Traditionell (seit dem Jahr 2015) eröffnet Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), den Zuhörern spannende Einsichten – in gewohnt kompakter und informationsgesättigter Form.

Am Donnerstag vergangener Woche veranstaltet, zog Helmenstein seine Zuhörer gleich in den Bann, indem er seinen Vortrag unter das Motto „Thursday for Prosperity“ (etwa: „Der Donnerstag für den Wohlstand“) stellte.

Für Österreich erwartet der IV-Chefökonom keine Rezession. Er sieht vielmehr eine „kurzfristige Abschwächung auf ein einprozentiges Wachstum“. Unumwunden sei klar: „Wir sind das Land, das am stärksten mit Zentral- und Osteuropa verknüpft ist.“ Wurde das bis vor kurzem gerne als Klumpenrisiko betrachtet, pocht Helmenstein auf einen Paradigmenwechsel. Das hohe Exposure in CEE sei vielmehr eine einmalige Chance.

Blick in die Glaskugel
Helmenstein prognostizierte: „Das Wachstumsmirakel CEE hält noch 50 Jahre an.“ Auch was Investitionen betrifft, wagte der Wirtschaftswissenschafter einen Blick in die Glaskugel: „In Österreich werden wir außer im Immobiliensektor fast keinen Zuwachs bei den Investitionen sehen.“

Österreichs Exporte nach Russland haben sich nach den EU-Sanktionen gegen das Land – in Reaktion auf die illegale Annexion der Krim – seit dem Jahr 2014 halbiert. Russland war diesbezüglich einmal achtwichtigster Markt für Österreich, aktuell nimmt es nur mehr Rang 17 ein. Generell sei Österreichs Export, so Helmenstein, in einem Radius von bis zu 3000 km „überaus erfolgreich“, weniger aber dann schon in den Fernmärkten.

Weltwirtschaft wächst kaum
Die 25 wichtigsten Wirtschaften der Welt weisen laut Helmenstein zwar wenig Wachstum, jedenfalls aber keine Schrumpfung auf. Japan und Italien stagnieren. Bei diesem Faktum muss man anmerken: 50 Prozent des globalen Wachstums kommen mittlerweile schon von China und Indien zusammengenommen. Das „Land der Mitte“ sei allerdings mit einer enormen Kreditaufblähung beschäftigt: Der Verschuldungsgrad der chinesischen Industrie habe sich seit 2008 nahezu verdoppelt.

Die USA trage nur mehr ein Elftel zum ökonomischen Wachstum der Welt bei – „transatlantische Kalamitäten“ spielen hier mit rein -, und die EU-28 steure nur mehr acht Prozent bei. Aber: Indonesien haben die wenigsten auf dem Ticket. Zwei Mal des Wachstums des Inselstaates entspreche in etwa dem Wachstumsbeitrag der EU für die Weltwirtschaft.

Helmenstein kritisierte in diesem Zusammenhang einen OECD-Frühindikator, wonach der globale Abwärtstrend bald zum Stillstand käme: „Es ist mir schleierhaft, wie man zu dieser Einschätzung kommen kann.“

Das größte Risiko gehe im nächsten Jahr tatsächlich „von der Politik“ aus, so der IV-Ökonom, der keine Überinvestitionskrise bemerkt, auch keine Blasenbildung auf den Finanzmärkten.

Gemäß Helmenstein ist Österreich übrigens die 27-größte Wirtschaft der Welt (vor dem Iran, der bevölkerungs- und flächenmäßig allerdings zehnmal so groß ist).

Laut Karl Freidl, dem Leiter des Vermögensmanagements, investiere man bei Krentschker bei Anleihen ausschließlich in US-Treasuries und Anleihen des Bundes, die zumindest Double-A oder Triple-A aufweisen.

Und Alexander Eberan, Vorstand des Bankhauses Krentschker, fragte Helmenstein abschließend, ob dieser bei seiner vor fünf Jahren aufgestellten These bleibe, dass es in den nächsten 25 Jahren keine positiven Realzinsen geben werde. Der Chefökonom der IV bejahte.

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