Unverschwendet: Nachhaltigkeit für Genießer

Unverschwendet: Nachhaltigkeit für Genießer

Last Updated on 2020-01-20
Brigitta Schwarzer

Ein Start-up aus Wien, gegründet von Cornelia und Andreas Diesenreiter, kämpft gegen die Lebensmittelverschwendung in der Landwirtschaft. Aus überschüssigem Obst und Gemüse werden Marmeladen, Chutneys & Co. für Feinschmecker produziert und am Schwendermarkt in Wien, in ausgewählten Supermärkten sowie online erfolgreich vermarktet.

„Wir retten überschüssiges Obst und Gemüse aus der Landwirtschaft vor dem Wegwerfen und produzieren daraus nachhaltige Feinkost.“ So erklärt Cornelia Diesenreiter das Geschäftsmodell von Unverschwendet. Es zeigt, dass Nachhaltigkeit und Luxus kein Widerspruch sein müssen und das Konzept vom nachhaltigen Wirtschaften längst im Mainstream angekommen ist. Der Klimawandel und der vernünftige Umgang mit Ressourcen bewegen immer mehr Menschen – nicht nur, aber besonders die Jugend. Dass „grüne Themen“ keine Marotten von „Ökoschlapfen-Trägern“, sondern mittlerweile in der österreichischen Bevölkerung etabliert sind, zeigen nicht zuletzt die jüngsten politischen Entwicklungen.

Seit 2016 kräftig gewachsen

Die Idee zu Unverschwendet entstand bereits 2015, die Arbeit aufgenommen hat das Start-up, das Diesenreiter gemeinsam mit ihrem Bruder Andreas und einigen engagierten Mitarbeiter*innen betreibt, dann im Jahr 2016. „Mittlerweile sind wir kräftig gewachsen“, erläutert Diesenreiter. 2015 waren es erst 500 Gläser, 2016 aber schon 4500 Gläser, 2017 dann 32.000 und 2018 bereits 100.000 Gläser mit Marmeladen, pikantem Brotaufstrich, Senf und Saucen, „und heuer haben wir bereits 175.000 Gläser verkauft,“ so Diesenreiter.

Den beiden jungen Unternehmern ist es ein echtes Anliegen, der Wegwerfmentalität den Kampf anzusagen. Bisher wurden ihnen bereits eine Million Kilo Obst und Gemüse in bester Qualität angeboten, welche aus den verschiedensten Gründen weggeworfen werden sollten. Entweder sind die Früchte zu klein, zu groß, zum falschen Zeitpunkt reif, haben nicht die richtige Farbe oder das Angebot ist einfach zu üppig. Aus dieser „Überschussware“, die natürlich einer strengen Qualitätskontrolle standhalten muss, entstehen die Produkte von Unverschwendet. „Wir wollen nicht andere belehren, sondern aufklären und für das Problem eine gute und nachhaltige Lösung anbieten,“ betont Diesenreiter. „Mit diesen Gläschen trägst Du dazu bei, die Welt ein wenig besser zu machen – genieße es!“

Produkte: Traditionell und innovativ

Die Produktpalette umfasst Klassisches, darunter eine Zwetschkenmarmelade, die „wie bei der Oma schmeckt“, aber auch exotische Kreationen wie einen Wassermelonen-Pfeffer-Sirup, der bei den Kunden besonders gut ankommt. Die Rezepturen werden selbst entwickelt, auch ein Dreihauben-Koch ist mit an Bord.

Am Schwendermarkt in Wien 15. haben die Geschwister Diesenreiter einen Stand. Dort sowie im Onlineshop und mittlerweile auch bei einigen Supermärkten, Feinkostenläden und Reformhäusern kann man ihre Produkte kaufen. Zusätzlich gibt es ein Lager am Wiener Großgrünmarkt. Beschäftigt werden zehn fulltime-Mitarbeiter, in der Vorweihnachtszeit weitere fünf Personen, jüngere und ältere, die eine Arbeit mit Sinn machen wollen.

Cornelia Diesenreiter ist gelernte Köchin, wollte aber nicht in einer Großküche arbeiten. Sie studierte Umwelt- und Bioressourcenmanagement sowie Recht & Wirtschaft. „In London habe ich dann nachhaltiges Produktdesign studiert und dort das Konzept Zero Waste kennengelernt. Daraus entstand die Idee von Unverschwendet,“ erzählt sie. Ihr Bruder Andreas hat Multimedia Art studiert und ist der strategische und kreative Kopf des jungen Unternehmens. Seine Leidenschaft ist die Produktentwicklung. Er kocht nicht selbst, ist aber ein Genießer. Nachhaltigkeit ist beiden Diesenreiters, die in Steyr und sehr naturverbunden aufgewachsen sind, ein echtes Herzensanliegen.

Das durchdachte Geschäftsmodell von „Unverschwendet“ beruht laut Cornelia Diesenreiter auf drei Säulen: Es soll so viel Obst und Gemüse wie möglich verwertet werden, das ist die ökologische Säule. Die soziale Säule bedeutet, dass es um regionale Wertschöpfung und die Stärkung der regionalen Landwirtschaft geht. Business ist die dritte Säule, das Unternehmen arbeitet gewinnorientiert. „Je stärker wir wachsen, desto mehr Obst und Gemüse können wir retten. Wir sind nur deshalb wirksam, weil wir auch auf die ökonomische Komponente achten,“ betont Diesenreiter. Mit Billigprodukten, die von weit her kommen, kann Unverschwendet bislang preislich nicht mithalten. „Regionales Obst und Gemüse regional zu verarbeiten bildet sich bei uns in einem fairen Preis ab. Für billige Produkte musste irgendjemand in der Wertschöpfungskette teuer bezahlen,“ erläutert die Unternehmerin. Unverschwendet hat auch einen Ethikcode verabschiedet, von dem u. a. die Mitarbeiter profitieren, für die es einen Mittagstisch und Fairtrade-Kaffee gibt.

Fairness für Bauern

Das Unternehmen ist von Anfang an schnell gewachsen und zwar im B2B und im B2C-Bereich. Einige Supermarktketten haben sich für Unverschwendet interessiert, die Geschwister Diesenreiter haben sich dann exklusiv für REWE/Merkur entschieden.

Nachhaltigkeit ist den Chefs von Unverschwendet nicht nur bei ihren Rohstoffen und Produkten ein Anliegen, das geht hin bis zu den Gläsern, die aus Österreich kommen, und den Etiketten aus Recycling-Papier.

Während man in der Anfangsphase alles selbst gemacht hat, konzentriert sich Unverschwendet heute auf seine Kernkompetenz. „Unser USP ist die Rettung von Obst und Gemüse. Alles andere lagern wir aus, deshalb müssen wir auch keine Maschinen kaufen,“ so Cornelia Diesenreiter. Das Einkochen von Marmeladen und Chutneys übernehmen Partner, für die Produktion einer innovativen Apfel-Mohn-Senfsorte arbeitet man mit einem heimischen Senferzeuger zusammen. Stolz ist man darauf, dass das aktuelle Angebot zur Gänze im Großraum Wien gefertigt wird und damit die Transportwege auf ein Minimum reduziert sind.

Die Idee kommt an

Viel Aufmerksamkeit brachte den Geschwistern Diesenreiter ein Auftritt im März 2018 in der Puls4 Start-up-Serie „Zwei Minuten, zwei Millionen“. Investoren wie der Bauunternehmer Hans-Peter Haselsteiner und der Winzer Leo Hillinger zeigten sich von der Geschäftsidee der jungen Unternehmer, aber auch vom Geschmack der Produkte begeistert. Heuer wurde Cornelia Diesenreiter mit ihrer Geschäftsidee von der „Presse“ als „Österreicherin des Jahres“ in der Kategorie Start-ups ausgezeichnet.

Für das nächste Jahr plant das Unternehmen, mit der Gastronomie und mit Gemüsehändlern zu kooperieren. Später kommen eventuell Suppen und ein Cateringangebot hinzu. Das unmittelbare Ziel ist es jedoch, die Effizienz bei Produktion und Absatz noch weiter zu steigern. Unverschwendet will sich nicht allein auf Wien beschränken. „Unser Ziel ist es, unsere Produkte österreichweit – zunächst in Graz und Innsbruck – und später auch in Deutschland – angefangen von Berlin – auf einer breiteren Basis anzubieten,“ sagt Diesenreiter. Daran müsse aber noch gearbeitet werden. „Zurzeit erzählen wir die Produktgeschichte. In Zukunft soll dann jedes Gläschen allein die Geschichte erzählen.“

Ein Qualitäts-Test überzeugt

Ich habe selbst eine größere Menge an Gläschen aus der Unverschwendet-Produktion als Weihnachtsgeschenke für Familie, Freunde und INARA-Geschäftspartner gekauft. Natürlich habe ich alle Sorten – Marmeladen, salzige bzw. süß-saure Aufstriche, Chutneys und Senfsaucen – selbst verkostet. Mein Urteil: eine schmeckt besser als die andere!

Unverschwendet GmbH
Gutes aus gerettetem Obst und Gemüse
Schwendermarkt 18 | 1150 Wien
Öffnungszeiten: Di -Fr 15:00-18:00 & Sa 08:00-12:00

www.unverschwendet.at