
20 Feb US-Zölle: Abwarten und Tee trinken
Last Updated on 2025-02-20
boersen-kurier.at / Christian Sec, 12.02.2025
Keine Panik bei den heimischen Konzernen, wenn es um die drohenden Einfuhrzölle geht.
Die Handelsbilanzdefizite mit europäischen Ländern sind Donald Trump ein Dorn im Auge. „Sie nehmen unsere Autos nicht, sie nehmen unsere landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht, im Grunde nehmen sie fast gar nichts.“ So argumentierte Trump seinen Grund, warum er Zölle gegen die EU verhängen wolle. Ein paar Tage später bezeichnete er das Handelsgebaren der EU als „eine Gräueltat“. Am Morgen nach dieser martialischen Wortspende verlor der Euro beim Handelsstart mehr als 1 % gegenüber dem Dollar. Europäische Aktien fielen noch stärker.
In Österreich betrug der Exportüberschuss gegenüber den USA 2023 6,8 Milliarden Euro. In Deutschland liegt dieser um den Faktor 10 höher. Offene Volkswirtschaften wie Deutschland und Österreich wären von potenziellen protektionistischen US-Maßnahmen und Verwerfungen im internationalen Handelsgefüge besonders betroffen, warnt IV-Präsident Georg Knill. Es liegen jedoch Strategien auf dem Tisch, um die drohenden Zölle abzuwenden, in dem mehr Waffen und Energie aus den USA eingekauft werden. Die EU-Präsidentin Ursula von der Leyen kündigte jedenfalls bereits an, dass Europa mehr Flüssiggas aus den USA beziehen könnte. Eine Kombination aus mehr Verteidigungsausgaben und mehr Militärequipment aus den USA zu importieren, wird von einflussreichen Medien wie dem Economist diskutiert. Schlussendlich haben die USA und Europa bei Themen wie Sicherheit, China und Ukraine gemeinsame Interessen. Gemeinsam zu agieren, würde im Falle eines Zollkonflikts dabei um einiges schwerer fallen, sind sich Experten einig.
Vor-Ort-Produktion
Die von den möglichen Zöllen betroffenen österreichischen Unternehmen selbst bleiben abwartend und beobachten die Situation, wie es oft nach Anfrage des Börsen-Kurier heißt. Der Grazer Maschinenbauer Andritz erwirtschaftet rund ein Sechstel seines Umsatzes in den USA. Jedoch wären die Auswirkungen eines Zollkonflikts überschaubar, da die lokale Beschaffung und Fertigung mittlerweile den größten Teil des Umsatzes in den USA ausmachen, Tendenz steigend, wie die Andritz uns gegenüber hervorhebt.
Auch der Lichtkomponentenhersteller ams Osram sieht aufgrund seiner globalen Aufstellung und flexiblen Fertigungsstrategie bei einer Einführung von Sonderzöllen keine großen Auswirkungen. Tatsächlich betreibt der Konzern drei Design-Zentren in den Vereinigten Staaten.
Und auch der Ziegelhersteller Wienerberger, der rund 20 % seines Umsatzes in Nordamerika tätigt, wäre mit seinen vielen Produktionsstätten in den USA wohl nur geringfügig von den möglichen Zöllen der Trump-Regierung betroffen.
Ende des Nearshorings
Anders die Situation für Unternehmen, die sich in Mexiko ansiedelten, um den US-Markt mittels sogenanntem „Nearshoring“ zu bedienen. Mit einem drohenden 25 %igen US-Importzoll für Güter aus Mexiko kommen damit ganze Lieferketten ins Wanken.
In Mexiko gibt es derzeit in etwa 100 österreichische Firmenniederlassungen mit rund 8.700 Mitarbeitern. Gerade die Automobilindustrie hat mit einer Vielzahl von Produktionsstandorten von dort aus den US-Markt beliefert. Neben den Autoherstellern wie BMW oder VW haben sich auch die Autozulieferer – wie die Voestalpine – in Mexiko angesiedelt. Aber auch der Salzburger Kranhersteller Palfinger teilte im Halbjahresbericht 2024 mit, dass der Konzern in Mexiko neue strategische Partner gewonnen habe, die zukünftig direkt an die Produktionsstandorte in den USA liefern sollen, um Transport- und Logistikkosten zu senken.
Die Auswirkungen von Trumps Zollpolitik darauf sind noch nicht abschätzbar.
Quelle: https://www.boersen-kurier.at/allgemein/2025-02/us-zoelle-abwarten-und-tee-trinken