Weltfrauentag: Viele Frauen wollen investieren, tun es aber nicht – das ist der Grund dafür

Weltfrauentag: Viele Frauen wollen investieren, tun es aber nicht – das ist der Grund dafür

Last Updated on 2025-03-28
standard.at / Bettina Pfluger, 08.03.2025

79 Prozent der Frauen sagen in einer Umfrage, dass sie Angst davor haben, finanzielle Fehler zu machen. Damit wird auch die Chance liegen gelassen, für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen

In Österreich verdienen Frauen im Schnitt um 18 Prozent weniger als Männer – eine Lücke, die sich durch Teilzeit und geringere Entlohnung ergibt und im Lauf des Lebens oft weiter verstärkt. Über die gesamte Berufslaufbahn bedeutet das ein Viertel weniger Einkommen und damit auch eingeschränkte Spar- und Investitionsmöglichkeiten. Das schlägt in Summe auch auf die Pension durch: Frauen erhalten im Schnitt um 42 Prozent weniger, da ihre Erwerbsbiografien häufig von Karenzzeiten und reduzierter Arbeitszeit geprägt sind. “Das sind Fakten, die nicht nur das monatliche Einkommen, sondern auch langfristige finanzielle Perspektiven negativ beeinflussen. Frauen müssen sich dessen bewusst sein und Strategien entwickeln, um finanzielle Nachteile auszugleichen”, sagt Gerda Holzinger-Burgstaller, CEO der Erste Bank.

Obwohl 71 Prozent der Frauen die Problematik erkennen, passen nur 14 Prozent ihre Finanzstrategie an, zeigt eine Umfrage der Erste Bank. Besonders junge Frauen handeln kaum: Nur acht Prozent haben konkrete Maßnahmen für ihre Altersvorsorge getroffen. “Wir wissen, dass Frauen oft später an ihre Altersvorsorge denken als Männer”, sagt Holzinger-Burgstaller. Doch genau hier liege der Schlüssel für finanzielle Sicherheit im Alter. “Frauen sollten so früh wie möglich beginnen, sich mit ihrer Pension auseinanderzusetzen, und gezielt Maßnahmen für ihre Absicherung ergreifen”, sagt die Bankerin.

Zwischen wollen und tun

Zwar wollen sich laut der Umfrage 72 Prozent über alternative Anlagestrategien informieren, doch nur 18 Prozent investieren tatsächlich in Wertpapiere oder renditenstarke Anlageformen. “Neben Finanzbildung braucht es vor allem mehr Selbstvertrauen im Umgang mit Geld”, sagt Holzinger-Burgstaller. Frauen sollten sich ihrer finanziellen Möglichkeiten bewusstwerden und diese aktiv nutzen. Aber 79 Prozent der Frauen haben Angst, finanzielle Fehler zu machen – ein Hemmnis, das sie oft von Investments abhält. Dieses Zögern führt dazu, dass viele Frauen Chancen im Vermögensaufbau ungenutzt lassen. Hier sieht die Expertin – neben anderen Institutionen wie der Schule – auch die Banken in der Pflicht: “Unser Auftrag als Bank ist es, Finanzwissen verständlich und praxisnah zu vermitteln”, sagt Holzinger-Burgstaller.

Dass fehlendes Finanzwissen Frauen hemmt, zeigt auch das Aktienbarometer – eine Umfrage von Industriellenvereinigung, Aktienforum und Wiener Börse zum Wertpapierbesitz in Österreich. Mehr als drei Viertel der befragten Frauen gaben mangelndes Finanzwissen als Grund an, warum von einer Wertpapier-Veranlagung abgesehen wird. Auch viele Männer empfinden ihre Finanzkompetenz ausbaufähig, allerdings ist der Anteil im Geschlechtervergleich deutlich geringer (61 Prozent). Im tatsächlichen Wertpapierbesitz schlägt sich dieses Ungleichgewicht noch deutlicher nieder: Während 19 Prozent der Frauen Wertpapiere für den langfristigen Vermögensaufbau nutzen, tun dies mit 36 Prozent fast doppelt so viele Männer. “Angesichts der demografischen Entwicklung und größer werdenden Finanzierungslücke blicken junge Österreicher skeptisch auf das staatliche Pensionssystem”, sagt Andrea Herrmann, Finanzvorständin der Wiener Börse. Der Wille zur privaten Vorsorge sei vorhanden, doch werde das eigene Know-how als nicht ausreichend bewertet.

Überlegteres Herangehen

Studien zeigen aber auch, dass Frauen, die investieren, oft den besseren Anlageerfolg erzielen als Männer. Frauen investieren tendenziell nämlich weniger kurzfristig, wägen Risiken bewusster ab und richten ihre Veranlagung stärker an ihren persönlichen Lebenszielen aus. “Das führt vor allem in turbulenteren Märkten zu stabileren Ergebnissen”, sagt David Mayer-Heinisch, Gründer der Vermögensverwaltung Froots. Bei Froots bestehe die Kundschaft zu mehr als 40 Prozent aus Frauen. Das Angebot von Froots reicht vom ETF-Sparplan bis zum Managen größerer Summen. “Unsere internen Analysen zeigen, dass Frauen unseren Investmentservice anders nutzen als Männer”, sagt Mayer-Heinisch. Frauen kämen besser vorbereitet in Gespräche, würden sich mehr Zeit nehmen und stärker auf längerfristige Ziele fokussieren.

Neben Banken, Wiener Börse, Oesterreichischer Nationalbank, dem Flip und vielen anderen Institutionen versucht auch der Verband Financial Planner (VFP), das Thema Finanzbildung voranzutreiben. Frauen sind häufig finanziell von Männern abhängig, obwohl sie es nicht sein sollten. Die daraus entstehende Problematik reicht vom Verbleiben in einer unglücklichen Beziehung, weil man sonst finanziell nicht über die Runden kommt, bis zum bösen Erwachen im Fall einer vom Mann vollzogenen Trennung, teilt der VFP in einer Aussendung mit. Sonja Ebhart-Pfeiffer, Vorstandsmitglied beim Verband Financial Planners und Finanzplanerin bei Finum, rät Frauen daher, drei Punkte zu beherzigen:

  • Im Job hart verhandeln: Der Gender-Pay-Gap liegt in Österreich derzeit bei 16,6 Prozent– das heißt, Frauen bekommen für die gleiche Arbeit rund 16,6 Prozent weniger Lohn als Männer. “Der Gender-Pay-Gap hat viele Ursachen, aber eine davon ist sicher, dass Männer ihre Gehälter besser verhandeln”, sagt Ebhart-Pfeiffer. Frauen forderten schon im Vorstellungsgespräch zu wenig oder verzichteten auf Zusatzleistungen wie einen Dienstwagen. Wer sich einmal unter Wert verkauft habe, finde sich irgendwann damit ab, so die Expertin. Wer darauf warte, dass der Chef auf einen zukomme, die tolle Leistung lobe und mit einer dicken Gehaltserhöhung belohne, werde ewig warten.
  • Heiraten und Kinderkriegen sind ein Deal – und dieser gehöre ausverhandelt. 2023 lag die Scheidungsrate in Österreich bei rund 36 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, als Frau in eine solche Situation zu geraten, ist also hoch. Das kann schnell zu einem finanziellen Engpass führen, wenn der Ex-Partner hauptsächlich für den Lebensunterhalt zuständig war. Vor allem das Kinderglück kommt Frauen teuer zu stehen. Denn oft werden mit Beginn der Schwangerschaft alle laufenden Sparpläne für die Altersvorsorge gestoppt. “Ein großer Fehler”, so Ebhart-Pfeiffer, die in diesem Zusammenhang auch mehr Solidarität von den Männern einfordert. “Hier müssen auch die Väter Verantwortung übernehmen. Bevor der Kinderwunsch in die Tat umgesetzt wird, sollte ein Deal zwischen Mann und Frau geschlossen werden. Der Mann muss innerhalb der Familie einen Ausgleich schaffen und für die Altersvorsorge der Frau aufkommen, indem er während der Elternzeit und der Zeit, in der die Frau Teilzeit arbeitet und die Kinder zu Hause betreut, in die Altersvorsorge der Frau einzahlt”, so die Expertin.
  • In Finanzbildung investieren: Ebhart-Pfeiffer rät, eine Reserve für finanzielle Engpässe anzulegen. Als Notgroschen empfiehlt sie zwei bis drei Nettomonatsgehälter. Diese Liquiditätsreserve lässt sich gut auf einem Tagesgeldkonto anlegen. Liquide Mittel, die die Reserve übersteigen, sollten nicht auf dem klassischen Girokonto “dahintümpeln”, weil die Kaufkraft inflationsbedingt schrumpft. Für eine langfristige Vorsorge führe kein Weg am Kapitalmarkt vorbei. Hier sollten Frauen Beratung einholen. Darüber hinaus empfiehlt die Expertin, in ein Basiswissen zu investieren. Informieren und Investieren – auch in Begleitung eines Experten – seien die Schlüssel, um der Altersarmut einen Riegel vorzuschieben.

 

Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000260357/viele-frauen-wollen-investieren-tun-es-aber-nicht-das-ist-der-grund-dafuer