13 Jun Zuflüsse in nachhaltige Gelder schnellen nach oben
Last Updated on 2021-06-13
boersen-kurier.at / Raja Korinek, 10.06.2021
Privatanleger sind ein stärker werdendes Zugpferd der Branche – vor allem auch in Zeiten der Pandemie.
Der Markt für nachhaltige Geldanlagen wächst unermüdlich weiter, wobei im Vorjahr auch die Corona-Pandemie ein gutes Stück beigetragen hat. Wolfgang Pinner, Leiter FNG-Österreich, zog vor kurzem beim Jahrespressegespräch des „Forums Nachhaltige Geldanlage“ (FNG) ein deutliches Fazit. Der Börsen-Kurier hörte sich die FNG-Präsentation „Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2021 – Deutschland, Österreich und die Schweiz“ an und zeigt die interessantesten Entwicklungen in Österreich, aber auch in Deutschland und in der Schweiz auf.
Pinner präzisiert dabei seine Aussage und meint in diesem Zusammenhang: „Aufgrund der Pandemie rückten neben ökologischen auch soziale Aspekte verstärkt in den Fokus.“ Doch wie sehen die Volumina konkret aus? Im vergangenen Jahr erreichten die nachhaltigen Geldanlagen ein Volumen von 38,04 Mrd. Euro, ein Zuwachs von 30 Prozent gegenüber dem Vergleichswert von 2019. Ein Blick in die Vergangenheit verdeutlicht das rasante Wachstum. Noch vor zehn Jahren lag die Gesamtsumme bei 4,2 Mrd. Euro.
Privatanleger sorgen für reichlich Neuzuflüsse
Dabei ist der Großteil des Zuwachses auf echte Zuflüsse, „und nicht nur auf den Wertzuwachs an der Börse zurückzuführen“, betont Pinner, der zudem Leiter Nachhaltige Investments bei Raiffeisen Capital Management ist. Immerhin sind damit fast 20 Prozent aller Fondsvolumina und Mandate in Österreich nachhaltig veranlagt, in Deutschland gut 6,4 Prozent, in der Schweiz sind es knapp mehr als 50 Prozent, wobei für die Eidgenossen nur Investmentfonds, nicht aber die Mandate, berücksichtigt wurden.
Pinner verweist auf eine weitere wichtige Entwicklung hierzulande: „Inzwischen kommen in Österreich immer mehr Privatanleger auf den Geschmack. Von ihnen stammen bereits ein Drittel der nachhaltigen Gelder“.
Begonnen habe der Trend 2019, im Vorjahr entwickelten sich die Privatanleger dann zu einem wichtigen Treiber des Gesamtwachstums. „Im Vergleich dazu betrug 2020 das Wachstum bei den institutionellen Investoren gerade einmal 14 Prozent.“
Unterschiedliche Kriterien und Auslegungen
Doch Nachhaltigkeit kann breit ausgelegt werden, wenn auch die EU-Taxonomie einheitliche Standards schaffen soll. In Österreich und in Deutschland werden – gemessen am Gesamtvolumen aller nachhaltigen Investmentfonds und Mandate – ein normbasiertes Screening sowie Ausschlusskriterien zu fast 100 Prozent bei einer Titelselektion angewendet. In der Schweiz ist der Prozentsatz weitaus geringer.
Ein genauer Blick auf die einzelnen Ausschlusskriterien offenbart ebenso Interessantes: Zu den am meisten angewendeten Kriterien zählen Kohle, Korruption und Bestechung, Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen sowie Tabak.
Beim normbasierten Screening geht es hingegen um die Selektion potenzieller Investitionen unter der Berücksichtigung von strengen Mindeststandards für Geschäftsaktivitäten, die sich grundsätzlich aus unterschiedlichen globalen Normen ergeben.
Die Schweiz geht eigene Wege
Doch welches Investmentkriterium steht in der Schweiz stattdessen an oberster Stelle? Dort wird am öftesten auf die ESG-Integration geachtet, sie wird bei 71 Prozent der nachhaltigen Investmentfonds angewendet. Und worum geht es konkret? ESG sind die englischen Anfangsbuchstaben für „Environmental“ (Umwelt), „Social“ (Soziales) und „Governmental“ (nachhaltige Unternehmensführung). Dabei werden Unternehmen daran gemessen, ob ihre Geschäftsaktivitäten im Einklang mit solchen Vorgaben stehen, wobei je nach Branche einzelne Aspekte stärker gewichtet werden können. Bei einem Ölkonzern steht oftmals die ökologische Bilanz im Fokus, bei einer Bank kann etwa der soziale Aspekt bei der Kreditvergabe näher durchleuchtet werden.
Die FNG-Studie liefert aber noch ein weiteres Fazit: So gibt es reichlich Aufholpotenzial in den Bereichen Impact Investing und Nachhaltige Themenfonds. Solche Investmentansätze machen derzeit mit weniger als zehn Prozent noch einen sehr geringen Prozentsatz vom Gesamtvolumen nachhaltiger Gelder aus – und zwar in allen drei Ländern. Allerdings ortet Pinner auch in diesen Bereichen inzwischen ein zunehmendes Wachstum.
Und das ist auch nachvollziehbar, wenn man allein die stetig neuen Angebote an Themenfonds betrachtet, einerlei, ob es um den Klimawandel, die Weltmeere oder Geschlechterparität geht. Auf der Anleiheseite sind zum Beispiel „Green Bonds“ ein wachsendes Thema. Bei diesen Anleihen darf der Erlös lediglich für Umweltprojekte eingesetzt werden.