D&O-Verschaffungsklausel für Aufsichtsräte

D&O-Verschaffungsklausel für Aufsichtsräte

Last Updated on 2017-12-12

Fotocredit: Doris Kucera

Von Dr. Brigitta Schwarzer, geschäftsführende Gesellschafterin der INARA

Nicht zuletzt die spektakulären Fälle rund um die Deutsche Bank, Siemens und VW haben Vorständen und Geschäftsführern deutscher und österreichischer Gesellschaften deutlich vor Augen geführt, was Manager-Haftung im Extremfall bedeuten kann. Sie sind nun mittlerweile auf der Hut und lassen sich über sogenannte Verschaffungsklauseln im Rahmen ihrer Bestellung vom Unternehmen mehr oder weniger umfangreiche Zusicherungen über ihren D&O-Versicherungsschutz machen.

Für Vorstände oder Geschäftsführer finden die D&O-Verschaffungsklauseln ihren Platz in der Regel im jeweiligen Vorstands-/Geschäftsführervertrag oder Dienstvertrag, festgeschrieben wird damit die Mindestanforderung für die Qualität des Versicherungsschutzes. Experten meinen, dass die Verschaffungsklausel sogar wichtiger ist als die D&O-Versicherung selbst, weil mit dieser Verschaffungsklausel der Abschluss bzw. das Aufrechterhalten des Versicherungsschutzes nicht mehr im alleinigen Ermessen des Unternehmens steht.

Während eine D&O-Versicherungszusage für Vorstände und Geschäftsführer immer individuell vereinbart wird, ist die Ausgangslage für den Aufsichtsrat völlig anders. Er kann zwar über die D&O-Deckung für die erste Managementebene entscheiden, nicht aber über seine eigene Absicherung. Der D&O-Schutz für die Aufsichtsräte ist vielmehr auf Aktionärs- bzw. Gesellschafterebene zu regeln. Eine Verschaffungsklausel in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag wäre optimal, kommt aber nicht häufig vor. Auch die Gesellschafter- bzw. Hauptversammlungs-Beschlüsse, mit denen der Abschluss einer D&O-Polizze, die Erhöhung der Versicherungssumme oder andere wesentliche Änderungen genehmigt werden, beinhalten nur in Ausnahmefällen Verschaffungsklauseln. Will der Aufsichtsrat über eine solche verfügen und damit auf der sicheren Seite sein, hat er zwei Möglichkeiten: Er kann entweder eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung oder einen entsprechenden Gesellschafter- bzw. Hauptversammlungs-Beschluss „beantragen“.

Ist durch eine Verschaffungsklausel für die Aufsichtsräte alles palletti, sprich sind alle Risiken bis hin zum „Worst Case Szenario“ abgesichert? Mitnichten.

Ist oftmals schon die Verschaffungsqualität des D&O-Schutzes auf Vorstands-/Geschäftsführerebene mangelhaft – z. B. können die Deckungssummen zu niedrig sein oder die D&O-Versicherung zahlt nicht die besten Anwälte, weil diese entsprechend hohe Honorare verlangen- so sind die D&O-Zusagen an Aufsichtsräte meist alles andere als wirksame Verschaffungszusagen.

Was meine ich damit und wo lauern die Fallen?

Vor allem ist der Begriff „verschaffen“ weit auszulegen. D&O-Versicherungsschutz verschaffen bedeutet, Deckungsschutz einzukaufen und aufrechtzuerhalten. Gerade beim „Aufrechterhalten“ spießt es sich oft – insbesondere dann, wenn eine D&O-Polizze schadenbelastet ist. Dann will die Versicherung für künftige Deckungszusagen meist höhere Prämien verlangen und/oder sie will die Versicherungsbedingungen einschränken, sprich verschlechtern. Wie weit muss die Gesellschaft hier gehen, um auch ihre Aufsichtsräte abzusichern? Was ist gerade noch zumutbar und was nicht mehr? Bleiben Nachhaftungen bestehen? Und inwieweit spielt die wirtschaftliche Lage des Unternehmens dabei eine Rolle?

Fragen über Fragen, die letztlich darüber entscheiden, ob und wie weit ein Aufsichtsrat im Ernstfall durch die D&O-Versicherung geschützt ist – oder im Regen stehen gelassen wird.

Ich lade alle LeserInnen dieses Beitrags, die eine Aufsichtsratsfunktion bekleiden, ein, sich im eigenen Interesse ein Bild von ihrer Verschaffungszusage zu machen. Gibt es eine oder gibt es keine? Und wie sieht das sprichwörtliche Kleingedruckte aus?

Lassen Sie mich an Ihren Erfahrungen teilhaben. Je zahlreicher Sie sich melden, desto aussagekräftiger kann eine Evaluierung des Status quo sein.

Dr. Brigitta Schwarzer, MBA, ist geschäftsführende Gesellschafterin der INARA, einer unabhängigen Governance & Compliance Plattform für Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte. Als Versicherungsmaklerin und gerichtlich beeidete Sachverständige für D&O-Versicherungen verfügt sie in diesem Bereich über eine profunde Expertise.

Kontakt: brigitta.schwarzer@inara.at; www.inara.at

Quelle: www.euroforum.de

Haftpflichtforum 01/2018 30.01. – 31.01.2018, HAMBURG