Der Aufsichtsrat und M&A-Transaktionen

Der Aufsichtsrat und M&A-Transaktionen

Last Updated on 2017-08-21

Fotocredit: Rigaud

Bei komplexen M&A-Transaktionen kommt dem Aufsichtsrat eine wichtige Rolle zu, die er aktiv wahrnehmen sollte.

Elke Napokoj

1. Rechtliche Grundlagen der Einbindung des Aufsichtsrates bei M&A Transaktionen

  • Gesetzlicher Zustimmungsvorbehalt: Jede (wesentliche) M&A Transaktion bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrates; dies ergibt sich bereits aus dem Gesetz, wonach „der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen (§ 198a Z 2 UGB) sowie der Erwerb, die Veräußerung und die Stilllegung von Unternehmen und Betrieben nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates vorgenommen werden dürfen.“ (§ 95 Abs 5 Z1 AktG; § 30j Abs 5 Z 1 GmbHG).
  • Überwachungspflicht: Nach § 95 Abs 1 AktG sowie § 30j Abs 1 GmbHG hat der Aufsichtsrat die Leitungstätigkeit des Vorstandes zu überwachen; konkret geht es dabei um Führungsentscheidungen des Vorstandes, die auf die Rentabilität und Liquidität des Unternehmens maßgeblichen Einfluss haben.

2. Haftungsprivileg der Business Judgement-Rule

  • Business Judgement-Rule: Der Aufsichtsrat hat bei unternehmerischen Entscheidungen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden; nur bei Verletzung seiner Obliegenheiten haftet der Aufsichtsrat der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden. Nach der „Business Judgement Rule“ besteht keine Haftung, wenn sich das Aufsichtsratsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Die Genehmigung von M&A Transaktionen ist klarerweise eine „unternehmerische Entscheidung“.

3. Aufgaben des Aufsichtsrates bei M&A Transaktionen

  • Pflicht zur Selbstinformation: Den Aufsichtsrat trifft die Pflicht zur Selbstinformation. Er darf nicht warten, bis und in welchem Ausmaß ihm Informationen zu einer potenziellen M&A Transaktion, über die er einen zustimmenden oder ablehnenden Beschluss fassen muss, vom Vorstand oder dritter Seite zugetragen werden. Diese Pflicht umfasst insbesondere Informationen zum Kaufpreis und zu Nebenbedingungen; im Zusammenhang mit dem Kaufpreis ist der Aufsichtsrat über die Berechnungsgrundlagen zu informieren bzw. hat er sich dazu Informationen, gegebenenfalls auch durch Zuziehung externer Sachverständiger, zu besorgen; eine Pflicht zur Beauftragung eines externen Sachverständigen durch den Aufsichtsrat besteht aber nicht; ferner hat sich der Aufsichtsrat bei einem Kauf eines Betriebes oder Unternehmens über die Finanzierung der M&A Transaktion durch die Gesellschaft zu informieren; schließlich muss er sich über mögliche Risiken rechtlicher, steuerlicher, bilanzieller und/oder wirtschaftlicher Natur unterrichten; dazu dienen üblicherweise durchgeführte Due Diligence Analysen; je nach Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft wird die Due Diligence mehr oder weniger intensiv ausfallen; Art und Umfang der Informationsbeschaffung müssen im vertretbaren Verhältnis zur geplanten Maßnahme stehen.
  • Einbindung in die Strukturierung der Transaktion: Der Aufsichtsrat ist in die Strukturierung einzubeziehen; er hat zu prüfen, ob der Vorstand die üblichen Überlegungen zur Strukturierung der Transaktion gestellt hat; dabei geht es insbesondere um Steueroptimierungsfragen, fusionskontrollrechtliche Fragen, regulatorische Fragen und vor allem auch um das Haftungsregime.
  • Überwachung des Vorstands: In diesem Zusammenhang hat sich der Aufsichtsrat zu vergewissern, dass der Vorstand den Unternehmens(ver)kauf ordentlich und gewissenhaft abwickelt. Bei einem Verkauf eines Betriebes oder Unternehmens hat sich der Aufsichtsrat zu vergewissern und nachzufragen, ob dem potenziellen Käufer im Rahmen der Due Diligence die Unterlagen sorgfältig aufbereitet wurden, ob der Käufer einem Vertraulichkeitsregime unterworfen wurde und ob die Wissensklauseln, die typischerweise in Garantien oder in Gewährleistungen zu finden sind, durch den Vorstand abgegeben werden können; auf der Käuferseite hat sich der Aufsichtsrat zu vergewissern, dass eine Due Diligence Prüfung von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer und/oder einem Juristen durchgeführt wurde.

4. Schlussforderung

Komplexe M&A Transaktionen sind auch eine Herausforderung für den Aufsichtsrat; insbesondere wenn diese für das betreffende Unternehmen von besonderer Bedeutung sind. Es ist empfehlenswert, dass sich der Aufsichtsrat möglichst früh in den Prozess einschaltet bzw. vom Vorstand eingeschaltet wird, um die für seine Entscheidung erforderlichen Informationen auch rechtzeitig zu erlangen.

Zur Autorin: RA Dr. Elke Napokoj ist Partnerin bei bpv Hügel Rechtsanwälte in Wien. Ihre Beratungsschwerpunkte liegen in den Bereichen M&A, Gesellschaftsrecht, Kapitalmarktrecht und Compliance. Dr. Elke Napokoj ist u.a. Lektorin an der Donauuniversität Krems sowie Autorin zahlreicher einschlägiger Fachpublikationen zum Thema Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht.

Website: www.bpv-huegel.com