Erfolgsfaktor oder Pflichtübung?

Erfolgsfaktor oder Pflichtübung?

Last Updated on 2018-04-30

Ist der Corporate Governance Kodex, der in Österreich seit 2002 existiert und seither mehrmals angepasst wurde, für Unternehmen ein Erfolgsfaktor auf dem Börseparkett? Darüber wurde am 25. April 2018 auf Einladung der CA Immobilien Anlagen AG, des Instituts für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft e.V. (ICG) und der Governance & Compliance Plattform INARA diskutiert. Moderiert wurde die Veranstaltung, die in den Räumen der CA Immo stattfand, von Dr. Brigitta Schwarzer, Geschäftsführerin der INARA.

Nach der Vorstellung der ICG durch die Geschäftsführerin Karin Barthelmes-Wehr ging es schon zur Key Note des Abends.

Dr. Christoph Boschan, Vorstandsvorsitzender der Wiener Börse, verwies darauf, dass der Corporate Governance Kodex für Unternehmen, die im Prime market der Wiener Börse notieren, Pflicht sei. Weil man in höheren Marktsegmenten deutlich mehr Liquidität und Aufmerksamkeit bei den Investoren bekommt und in Indizes aufgenommen wird, ist der Kodex für Boschan zumindest indirekt durchaus ein Erfolgsfaktor. Die Einhaltungsquote der Unternehmen im heimischen Prime Market liegt laut Mag. Martin Wenzl, der an der Wiener Börse die Abteilung Market & Product Development, Listing leitet, übrigens bei beachtlichen 88 Prozent.

Für Mag. Daniel Riedl von der BUWOG ist es zwar für den Kapitalmarkt positiv, dass im Kodex die Bestimmungen festgeschrieben sind. „Aber es steht nicht viel drinnen, was man nicht schon in der Kinderstube mitbekommen haben sollte“, meinte Riedl, Vorstandschef der BUWOG AG. Nach der Finalisierung der Übernahme der Gesellschaft durch die deutsche Vonovia wird er in einer Doppelrolle tätig sein.

Unternehmen sollten sich nicht nur damit begnügen, die Bestimmungen des Corporate Governance Kodex einzuhalten, meinte Prof. Dr. Sven Bienert, Vorstand der ICG und Aufsichtsrat der CA Immo. „Es gibt – auch durch Studien belegt – einen positiven Mehrwert, wenn man mehr als der Durchschnitt tut – etwa bei Diversität oder beim Risikomanagement“, so Bienert.

Für Dr. Hans Volkert Volckens, den CFO der CA Immo, ist der Corporate Governance Kodex kein Erfolgskriterium, sondern eine absolute Notwendigkeit: „Gefragt wird nur der, der sich nicht zur Befolgung verpflichtet hat.“ Der Kodex und wie er mit Risikomanagement-Systemen, Prozessabläufen, Vieraugen-Prinzip usw. intern gelebt wird sei auch wichtig, um einen Konzern sauber zu steuern und Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Kriminelles Verhalten könne man zwar nie ganz ausschließen, aber man müsse im Ernstfall schnell und scharf reagieren. Auch für Boschan ist der Corporate Governance „ein wirksames Instrument zur Bekämpfung krimineller Handlungen“. Er verwies dabei auf den Fall FACC: das heimische Unternehmen war Opfer eines Betrugs geworden, hat aber mittlerweile den Turnaround geschafft und ist wieder erfolgreich unterwegs.

„Unspannend“ ist der Corporate Governance Kodex für Dr. Herta Stockbauer, Vorstandschefin der BKS Bank AG und Aufsichtsratsvorsitzende der Oberbank AG, man könne ihn nicht in eine Werbelinie umsetzen. Indirekt könne er aber doch zum Erfolgsfaktor werden, weil man sich beim Erstellen des Berichts abseits des Tagesgeschäfts mit vielen Fragen kritisch auseinandersetzt, was sehr hilfreich sei. Stockbauer würde sich generell weniger Regularien und bei den Themen Corporate Governance und Compliance weniger gesetzliche Vorgaben und mehr Freiraum für die Unternehmen wünschen. Vor allem Banken würden derzeit „in ein Korsett geschnürt“ und wegen der uniformen Geschäftsmodelle für die Kunden austauschbar.

Absolut einig waren sich die Diskussionsteilnehmer schließlich darüber, dass die Themen Corporate Governance und Compliance in den Unternehmen Chefsache sein müssen und die Führungsebene dabei als Vorbild fungieren müsse. Auch wenn sich seit der Finanzkrise 2009 viele Aufsichtsräte und Vorstände ihrer Haftung bewusst geworden sind und entsprechend vorsichtig agieren, müsse es innerhalb der Unternehmensführung auch ein Vertrauensverhältnis geben. „Mit einer Misstrauenskultur geht es nicht“, betonte Stockbauer.
Autorin: Dr. Christine Domforth