15 Mar Fachinterview: Der Digitale Wandel bei PALFINGER
Last Updated on 2017-03-15
Bitte erzählen Sie uns, welche Rolle der Digitale Wandel für Ihr Unternehmen und Ihre Branche spielt? (Chancen / Herausforderungen)
Die Digitale Transformation stellt für unser Unternehmen eine zentrale Herausforderung dar. Um weiterhin wettbewerbsfähig bleiben zu können, wird sich PALFINGER in fast allen Bereichen neu erfinden müssen.
Ich will das an einem Beispiel veranschaulichen: Heute bauen wir einen Kran, ein LKW-Hersteller baut einen LKW und ein Händler bringt diese beiden Produkte für den Kunden zusammen. Morgen wird das Gesamtfahrzeug, mit dem der Kunde arbeitet, viel intelligenter sein als heute. Es wird mit verschiedenen anderen Fahrzeugen auf der Baustelle kommunizieren. Der Kran wird von verschiedenen Leuten bedient werden. Die Fahrzeuge auf der Baustelle werden zum Teil autonom fahren.
Wir müssen also smarte Produkte machen, die in der Anwenderfreundlichkeit und dem Wunsch nach intuitiver Bedienung den Anforderungen der Generation Z entsprechen.
Dazu müssen wir das Gesamtfahrzeug viel besser kennen. Wir müssen noch besser verstehen, was unsere Kunden damit machen und wie sie das genau tun. Dazu müssen wir sehr eng mit den LKW-Herstellern, aber auch mit unseren Kunden zusammenarbeiten.
Welche Schritte haben Sie gesetzt um die Chancen zu nützen / die Herausforderung zu meistern? Was war dabei besonders wertvoll? Wer hat Ihnen hier besonders geholfen?
Eine wichtige Entscheidung haben wir für unser Unternehmen schon gefällt: für PALFINGER wird der große Hebel nicht in der smarten Produktion liegen, sondern in der Herstellung smarter Produkte.
Wir haben daher eine eigene Abteilung gegründet, die für den ganzen Konzern Bausteine erarbeitet. Dadurch sparen wir leere Kilometer und können zum Beispiel sicherstellen, dass in allen Produkten die gleichen Connectivity Module eingebaut werden. Dadurch können unsere Produkte ohne Probleme miteinander vernetzt werden und reibungslos kommunizieren.
Wir beschäftigen uns aktuell auch auf einer kulturellen Ebene mit diesem Thema. Denn die Digitale Transformation wird unser Unternehmen in allen Bereichen verändern. So stellen wir heute ein Produkt her, morgen bieten wir einen Service an und übermorgen verkaufen wir eine Experience. Drei vollkommen verschiedene Denkansätze.
Deshalb müssen wir versuchen, alle Mitarbeiter an Bord zu haben. Wir befinden uns intern in einer sehr intensiven Visionsdiskussion. Wir zeigen an Beispielen, wo die Reise hingehen kann und versuchen so, ein breites Verständnis für diesen Wandel zu erarbeiten. Wir sind offen für intensive Diskussionen und hinterfragen mit unseren Mitarbeitern mögliche Entwicklungen. Denn was genau wann wie kommen wird, ist unter den Vorzeichen dieser schnellen Innovationszyklen nicht planbar.
Aus welchem Fehler haben Sie besonders viel gelernt?
Gerade bei so umfassenden Veränderungen ist es wichtig, sich als Unternehmen zu überlegen, worin konkret jetzt sinnvolle nächste Schritte liegen und wo man die eigenen Stärken ausbauen kann. Die digitale Transformation ermöglicht unheimlich Vieles. Es lohnt sich aber, für gewisse – und damit natürlich gegen andere – Optionen zu entscheiden.
Sehr wertvoll war für uns die Entscheidung, uns auf die Herstellung smarter Produkte zu konzentrieren. Denn durch die Herstellung vernetzter Produkte können wir neue Geschäftsmodelle entwickeln. Eine smarte Produktion macht Dinge zwar effizienter. Neue, skalierbare Geschäftsmodelle entstehen daraus aber eher selten.
Für unsere Organisation war es auch extrem wertvoll zu erkennen, dass der Digitale Wandel Wissen relativ werden lässt. Was heute richtig und State of the Art ist, kann morgen schon überholt sein. Entscheidungen, die wir heute aus fundierten Gründen treffen, würden wir morgen oder übermorgen wahrscheinlich anders treffen. Wir müssen daher lernen, in Möglichkeiten zu denken und Dinge auszuprobieren und umzusetzen, die in manchen Fällen nicht funktionieren oder marktreif werden.
Wir müssen also in das investieren, was sein könnte und aufhören nur das zu verbessern, was heute gut läuft. Business Pläne und Rentabilitätsrechnungen sind dabei nur bedingt gute Berater. Es braucht Mut und Risikobereitschaft. Aber natürlich auch die Fähigkeit, Risiken unter den neuen Vorzeichen einzuschätzen.
Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen generell mit dem Thema Innovation um?
Innovation ist neben Flexibilisierung und Internationalisierung eine der drei strategischen Säulen von PALFINGER.
Aktuell beschäftigen wir uns in diesem Zusammenhang vor allem mit drei Feldern: Smarte Produkte, Prozessinnovationen und Innovationen im Organisationsbereich.
Die Geschwindigkeit, mit der eigentlich noch Neues durch noch Neueres abgelöst wird, ist enorm gestiegen. Deshalb investieren wir jetzt Zeit und Energie in die Entwicklung einer zukunftsfähigen Vision für PALFINGER. Dabei wollen wir alle Mitarbeiter einbeziehen und mitnehmen. Denn wir brauchen sie und ein gemeinsame Vorstellung, nach welchen Kriterien wir die Zukunft gestalten wollen, um die digitale Transformation zu schaffen.
Was möchten Sie anderen Unternehmen in Zusammenhang mit dem Digitalen Wandel unbedingt empfehlen?
Mir erscheinen vier Punkte besonders wichtig:
· Wir alle brauchen die Bereitschaft zu akzeptieren, dass sich vieles ändern wird und das mit hoher Geschwindigkeit. Damit das gelingt, müssen wir alle ständig dazulernen und uns anpassen.
· Neu müssen wir auch dort denken, wo es um unsere Mitbewerber geht. Die Konkurrenz von morgen werden nicht die Unternehmen sein, mit denen wir heute am Markt sind. Das können kleine Tech-Firmen aus ganz anderen Bereichen sein, die mit smarten Apps plötzlich ganze Branchen dramatisch verändern.
· Strategisch denken heißt im Digitalen Wandel auch sich zu überlegen, wo denn Disruptionspotenzial für das eigene Geschäftsmodell besteht.
· Wer auch morgen noch erfolgreich sein will, der darf nicht nur darin investieren, Bestehendes zu verbessern. Unternehmen, die mutig in möglichen Entwicklungsszenarien denken, werden die Nase vorne haben. Auch wenn das heißt, dass die eine oder andere Investition in Projekte fließt, die dann nicht am Markt erfolgreich sind.
Dieses Interview wurde im Newsletter der Julius Raab Stiftung vom 09.03.2017 veröffentlicht.
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