Interview: „Begeisterung, Leidenschaft und kaufmännischer Realitätssinn“

Interview: „Begeisterung, Leidenschaft und kaufmännischer Realitätssinn“

Last Updated on 2019-02-06
 

Fotocredit: Dr. Mautner Markhof

INARA: Sie sind Unternehmer, Eigentümer und Geschäftsführer der Grieskirchner Bierbrauerei und Aufsichtsratsvorsitzender beim börsennotierten Fondsanbieter C-Quadrat. Gibt es Gemeinsamkeiten?
Mautner Markhof: Die Brauerei habe ich im Jahr 2013 übernommen. Dem Aufsichtsrat von C-Quadrat gehöre ich seit 1991 an und Aufsichtsratsvorsitzender bin ich – mit einer Unterbrechung von 2007 bis 2010, als Karl-Heinz Grasser diese Funktion innehatte – seit 1998. Damals hatte ich schon eine langjährige Unternehmens- und Geschäftsleitungserfahrung im Feinkostbereich des Familienbetriebs. Diese Praxis war eine gute Basis für meine Aufsichtsratstätigkeit. Die Kenntnis von Unternehmensprozessen und Entscheidungsstrukturen erleichterte mir den Umgang mit dem Vorstand und den anderen Aufsichtsräten. Das Spannungsfeld zwischen Distanz und Nähe, Vertrauen und Kontrolle sowie Kritikfähigkeit und Soft Skills war ich von jungen Jahren an gewohnt.
In meiner eigenen Firma machen sich wiederum die Learnings aus der Aufsichtsratstätigkeit bezahlt. Auch wenn ich der Chef bin, am Ende des Tages die Entscheidungen treffe und die Verantwortung dafür übernehme, so sehe ich mich eher als der primus inter pares und weiß, dass ich nur Erfolg haben kann, wenn die Mitarbeiter hinter mir stehen. Ich begegne ihnen immer auf Augenhöhe.
INARA: Wo haben Sie sich als Jurist die Hard Facts zu Marketing, Vertrieb und Finanzen angeeignet?
Mautner Markhof: Schon während des Studiums habe ich im Familienunternehmen gearbeitet. Dort gab es damals einen Mitarbeiter im Management, der ein legendärer Betriebswirt war. Er hat mich unter seine Fittiche genommen und mir ein profundes Training on the job verpasst. Gerade weil er kein Akademiker war, konnte er mir die Dinge so erklären, dass ich sie verstanden habe. Durch ihn habe ich BWL von der Pike auf gelernt. In späteren Jahren habe ich dann auch die Controller Akademie besucht, um mir theoretisches Rüstzeug anzueignen.
Ähnlich war es bei Marketing und Vertrieb. Auch hier habe ich die einzelnen Firmenabteilungen durchlaufen und diese Disziplinen sehr praxisnah vermittelt bekommen. Ich durfte mir hier auch schon frühzeitig erste eigene Sporen verdienen.
Aus meiner Sicht ist eine gute Kombination von Wissen und Praxis eine wesentliche Voraussetzung für geschäftlichen Erfolg. Nur wenn ich weiß, wovon ich rede, kann ich Chancen und Risiken einer unternehmerischen Entscheidung abwägen. Auch für die Mitarbeiterauswahl ist es wichtig, die genauen Anforderungen vorab definieren zu können.
INARA: Das Unternehmertum haben Sie ja im Blut, nicht wahr?
Mautner Markhof: Man sucht sich seine Herkunftsfamilie nicht aus und es hat auch nicht nur Vorteile, in einer Unternehmerfamilie aufzuwachsen. Aber sicher prägt es stark. Ich habe von klein auf mitbekommen, dass jeder Erfolg verdient sein muss, dass man sich nie auf seinen Lorbeeren ausruhen darf, dass es für Innovation und Weiterentwicklung Mut, Engagement und Leidenschaft braucht und dass man sich selbst nie für etwas zu gut sein darf. Um mit Misserfolgen umgehen zu können, braucht es Selbstreflexion und Kritikfähigkeit.
Aus meiner weitverzweigten Familie weiß ich, dass nicht jeder die erforderlichen Begabungen mitbringt. Vieles kann man lernen, aber eine gute Intuition hat man oder eben nicht.
Mein Vorteil ist, dass ich nicht nur ein unternehmerisches Gen in mir habe, sondern durch das Jusstudium auch im analytischen Denken, in der Präzision und der argumentativen Überzeugungskraft geschult bin. So habe ich immer viele Ideen, erkenne aber oft selbst, dass die Umsetzung nicht möglich oder der Zeitpunkt für die Realisierung unpassend ist. Ich halte viel davon, Regulatorien zu kennen und anzuwenden. Das hat mich schon vor einigem Ungemach geschützt.
INARA: Sie haben die richtigen Mitarbeiter?
Mautner Markhof: Es hat eine Weile gedauert, aber jetzt habe ich eine Supermannschaft beisammen – von den Kenntnissen, den Fähigkeiten und den Fertigkeiten. Die Motivation und das Engagement stimmen, wir ziehen alle an einem Strang und können dadurch viel bewegen.
Hier habe ich eine Lernkurve durchlaufen, weil ich anfangs dachte, wenn ich eine Strategie und ein Ziel habe, wozu brauche ich dann Stellenbeschreibungen für die einzelnen Jobs? Die Erfahrung hat mich aber bald eines besseren belehrt. Heute gibt es für jeden Mitarbeiter ein Anforderungsprofil, das die Aufgaben, die Kompetenzen und die Verantwortung genau beschreibt. Alles von mir selbst verfasst. Die Mitarbeiter akzeptieren mit ihrer Unterschrift. Wenn etwas nicht passt, wird es diskutiert und bei Bedarf aktualisiert. Dieser Vorgang hat sich sehr bewährt. Jeder hat das Budget und die Entscheidungshoheit, die seinen Aufgaben entspricht.
Ich erwarte von den Mitarbeitern, dass sie in ihrem Fachbereich top sind. Ich gebe ihnen viel Entscheidungsfreiheit, behalte mir aber ein Vetorecht vor. Das übe ich selten, aber doch aus.
INARA: Sind Ihre Mitarbeiter manchmal auch ein Korrektiv für Sie?
Mautner Markhof: Bei uns wird viel diskutiert und meine Leute halten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg und sagen mir auch, wenn sie meinen, dass ich mit etwas falsch liege. Am Ende des Tages muss es aber eine Entscheidung geben und jemand die Verantwortung dafür übernehmen. Oft sind das meine Bereichsleiter, aber manchmal sage ich auch, ich bin der Chef. Das mache ich aber nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil es Aktivitäten und Maßnahmen gibt, die auf Eigentümerebene zu beschließen sind. Das ist z. B. dann der Fall, wenn es um Belange mit strategischer oder weitreichender finanzieller Auswirkung geht oder wenn es Risiken gibt, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen.
INARA: Wie wichtig sind Netzwerke im Biergeschäft?
Mautner Markhof: Ich setze stark auf gute und tragfähige Beziehungen mit den Mitarbeitern, den Kunden und Lieferanten, mit der Öffentlichkeit und den Medien. Das Biergeschäft ist ein People Business und der persönliche Kontakt ist sehr wichtig. Die Zeit dafür bringe ich gerne auf, bei meinen regelmäßigen Rundgängen in der Firma erfahre ich viel, was auf dem formellen Weg nie zu mir dringen würde. Ich höre mir die Anliegen der Mitarbeiter an und sie sehen, dass ich ihre Sprache spreche. Dass ich bei den diversen Ortsveranstaltungen präsent bin, ist selbstverständlich.
Auch mit den anderen Stakeholdern und dem Mitbewerb bin ich in laufendem Kontakt und Austausch. Auf diese Weise erhalte ich viele Impulse für meine Brauerei. Unternehmer sein heißt mehr als Schreibtischarbeit zu verrichten. Ich muss mich im Unternehmen und in der Öffentlichkeit zeigen. Ich mache das mit Leib und Seele.
INARA: Haben Sie einen Rat für Start-ups?
Mautner Markhof: Die Geschäftsidee alleine ist zu wenig. Die Finanzierung für die Startphase sollte gesichert sein. Es ist nicht nötig, alles im Detail vorzubereiten, besser ist es, rasch zu beginnen, weil dann sowieso eins das andere ergibt und man aus Fehlern gleich lernen kann. Es reicht auch nicht, einmal genial gewesen zu sein, ein Gründer muss am Ball bleiben und sein Produkt laufend weiterentwickeln und an die Marktgegebenheiten anpassen. Alles, was ich für mich in Anspruch nehme, möchte ich auch Start-ups ins Stammbuch schreiben: Begeisterung, Leidenschaft und kaufmännischer Realitätssinn.

Das Interview führte: Dr. Brigitta Schwarzer, MBA
Mehr zur Brauerei Grieskirchen GmbH: www.grieskirchner.at