Interview: „Innovation quo vadis“

Interview: „Innovation quo vadis“

Last Updated on 2016-12-13

INARA: Als Druckerei gehört die Leykam Let’s Print Gruppe zwar zur klassischen Old Economy, bewegt sich jedoch auch verstärkt in den Neuen Medien. Wieviel „New Economy“ steckt im Unternehmen?
MMag. Josef Scheidl: Druckprodukte nehmen nach wie vor eine wichtige Stellung in der heutigen Kommunikations- und Medienlandschaft ein. Die Herausforderung für die Zukunft ist die Verknüpfung der traditionellen Printmedien mit den Onlinemedien. Es handelt sich hier heute um zum Teil verschiedene Welten, die gar nicht oder nur peripher miteinander verbunden sind. Das wird sich in den kommenden Jahren signifikant ändern.

Als größte Druckerei Österreichs haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, eine Mittlerfunktion zwischen den analogen und digitalen Kommunikationskanälen einzunehmen. Hierzu haben wir mit amano media eine Plattform geschaffen, die sich vollständig auf dieses Thema fokussiert. Wir stehen aber erst am Anfang unsere Reise in diesem neuen Feld, aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt.

Darf ich daher Ihre Frage so beantworten: Unsere Kernkompetenz liegt im Druck und das wird auch die nächsten Jahre so bleiben. Damit sind und bleiben wir – und sind auch stolz darauf – als Produktionsunternehmen Bestandteil der „Old Economy“. Wir bauen aber stetig neue Service- und Dienstleistungen auf, die unsere Kernkompetenz ergänzen und auch über das Drucken hinausgehen. Unser Ziel ist es, dass dieser Anteil in den nächsten Jahren wächst. Unser Fokus wird aber immer auf das Drucken gerichtet sein.

INARA: Wieso glauben Sie an die Zukunft des gedruckten Papiers?
Scheidl: Onlinemedien sind für den Leser vor allem deshalb attraktiv, weil sie 24 Stunden am Tag aktuelle Informationen anbieten. Statistiken belegen jedoch, dass die Online-Verweildauer erheblich kürzer ist als jene bei Printmedien. Es zeigt sich, dass Leser, die Informationen nicht nur überfliegen, sondern sich inhaltlich damit beschäftigen möchten, eher zur realen als zur virtuellen Zeitung greifen. Das Gleiche gilt für das gedruckte Buch. Als die Markteinführung des eBooks Ende der Achtzigerjahre erfolgte, galt ersteres als Produkt mit Ablaufdatum. Das hat sich nicht bewahrheitet – die Marktdurchdringung der elektronischen Buchversion ist überschaubar – und der Buchhandel erlebt derzeit so etwas wie eine Renaissance. Vor allem Menschen, die beruflich den ganzen Tag am PC sitzen, wollen das nicht auch in ihrer Freizeit tun. Die Zeitung beim Frühstück oder das Buch vor dem Zubettgehen sind noch immer beliebt.

Es zeigt sich, dass Wissens- und Informationsvermittlung auch eine haptische Komponente haben. Die Menschen geben Prospekten und Flugblättern in Hardcopy oft den Vorzug gegenüber Mailinformationen. Dadurch haben diese Medien eine höhere Marketingeffizienz, was ihren verstärkten Einsatz umso mehr rechtfertigt.

INARA: Was kann ein Druckereibetrieb dazu beitragen, dass die reale und die virtuelle Welt zueinander finden?
Scheidl: Die Zielgruppen für Print und Online sind verschieden. Beide decken unterschiedliche „Konsumentenbedürfnisse“ ab: Zum Beispiel ausführliche Berichterstattung mit Hintergrundinformationen auf der einen Seite; zeitnahe, schnelllebige Informationen, die in kürzest möglicher Zeit einen guten Überblick vermitteln, auf der anderen Seite.

Als Druckunternehmen verarbeiten wir täglich große Datenmengen. Wir verwalten Bilddatenbanken und sind mit Hilfe einiger neuen Entwicklungen in der Lage, aus großen Datenmengen einzelne Daten in Sekundenschnelle herauszufiltern: Sei es durch automatisierte Bilddatenerkennung oder durch die Erstellung elektronischer Flugblätter mit jedweden Verknüpfungen in die virtuelle Welt – zu Hintergrundinformationen, Webseiten, Webshops usw. Damit verbinden wir die beiden Welten und das ist erst der Anfang.

Diese Möglichkeiten werden zunehmend an Bedeutung gewinnen. Hier sind wir ein guter und verlässlicher Partner, der mit seinen Kunden individuelle Lösungen erarbeitet.

INARA: Klingt alles spannend. Finden das Ihre Mitarbeiter auch?
Scheidl: Veränderung ist in der heutigen Zeit unser stetiger Begleiter sowohl im privaten als auch im beruflichen Leben. Das haben auch unsere Mitarbeiter erkannt. Es treffen mit analogen und digitalen Anwendungen aber – wie vorher ausgeführt – zwei verschiedene Welten aufeinander. Und das ist für niemanden einfach. Generell ist so ein Veränderungs- und Innovationsprozess niemals fertig und ideal, sondern muss sich kontinuierlich weiterentwickeln. Wir versuchen deshalb stets neue Ansätze. Am wichtigsten sind wie in vielen anderen Fällen offene und regelmäßige Kommunikation und Informationsaustausch. Hier können auch wir uns noch verbessern, organisieren aber z.B. regelmäßige Treffen unserer Abteilungsleiter, damit sie gemeinsame Themen besprechen und voneinander lernen. Aus diesen formellen Meetings entwickeln sich zusätzlich „informelle Kommunikationskanäle“, die noch viel wichtiger sind, weil hier ein Mehr an Informationen in die gesamte Organisation getragen wird.

Wir haben es so auch geschafft, unser Digitalunternehmen amano media dem Druckgeschäft näher zu bringen.

Für nachhaltigen Unternehmenserfolg müssen alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen. An diesem Ziel muss man täglich arbeiten.

INARA: Ihre Firmenzentrale befindet sich in Neudörfl. Ist es schwierig, qualifizierte Nachwuchsmitarbeiter für diesen Standort zu gewinnen?
Scheidl: Natürlich ist ein Unternehmen mit Sitz in Wien oder einer Bundeshauptstadt für Studienabsolventen auf den ersten Blick attraktiv. Auf der anderen Seite bieten wir als mittelständisches Unternehmen Möglichkeiten, die einzigartig sind: Bei uns übernimmt man vom ersten Tag an Verantwortung und ist sofort in das Tagesgeschäft involviert. In Zukunft werden wir durch die Einbindung in die englische Walstead-Gruppe mit weiteren Standorten in Großbritannien und Spanien auch internationale Arbeitsmöglichkeiten anbieten können. Der Wettbewerb um gute Mitarbeiter in allen Fachbereichen ist aber auch für uns eine Herausforderung.

INARA: Wo sehen Sie Ihre Firmengruppe in 10 Jahren?
Scheidl: Diese Frage beantworte ich sehr gerne. Leykam Let’s Print steht heute vor allem für Zuverlässigkeit und Kundenservice im Weboffsetdruck mit einer großen Produktvielfalt. In 10 Jahren werden wir zusätzlich zu unserem Print-Portfolio als gesamteuropäischer „Player“ analoge und digitale Kommunikationskanäle aus einer Hand zur Verfügung stellen können und für unsere Kunden ein Partner im Datenmanagement und in der Nutzung der damit zusammenhängenden Chancen der Zukunft sein.

Das Interview führte Dr. Brigitta Schwarzer, MBA

Mehr zu Leykam Let’s Print: www.leykamletsprint.com

csm_Scheidl_Vorstand_224_web_2ff32c9f74 Fotocredit: Le´t´s Print Holding AG