Interview Majda Moser: Das Tabu-Thema Einsamkeit

Majda Moser ist äußerst vielseitig: Sie ist Bioenergetikerin, diplomierte Lebens- und Sozialberater, Autorin und regelmäßig in Radio und Fernsehen zu Gast. Seit 1990 leitet sie das Bioenergetische Institut, in Seminaren und Symposien befasst sie sich damit, wie Menschen zu einer ausgewogenen Balance zwischen Körper, Geist und Seele finden können. Am 2. Juni organisiert Moser ein Symposium zum Thema „Erfolg versus Erfüllung – Einsamkeit in der Arbeitswelt und ihre Folgen. Wege zum gemeinsamen Nenner“. INARA sprach mit ihr über die Themen dieser Veranstaltung und über Bioenergetik.

INARA: Sie beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit Bioenergetik. Bitte erklären Sie uns, was man darunter versteht.
Majda Moser: Bioenergetik ist eine dynamische Methode der Körperarbeit. Sie arbeitet mit negativ gespeicherten Energien. Sowohl das Gespräch als auch aktive Übungen an Muskelpartien lassen Blockaden erkennen und machen es möglich, innere und äußere Verspannungen zu lösen. Die Energie wird nicht länger dazu benützt, einen Panzer um negative Erfahrungen zu bilden, sie kann wieder fließen. Und damit kehrt unsere Lebensfreude zurück!

INARA: Wie definieren Sie Einsamkeit und was hat dieses Gefühl mit der Arbeitswelt zu tun? Auf den ersten Blick haben die beiden Begriffe ja nicht zusammen …
Majda Moser: Einsamkeit ist das quälende Bewusstsein inneren Abstandes zu anderen Menschen und gleichzeitig die Sehnsucht nach Verbundenheit in Beziehungen, die befriedigend und sinnvoll sind. Gerade in der Arbeitswelt wird das Wort „Einsamkeit“ falsch verstanden. Einsamkeit hat nichts mit „alleine sein“ zu tun, sondern wird in der Arbeitswelt maskiert oder versteckt über Symptome signalisiert. Leider wird Einsamkeit sehr lange nicht erkannt, oft erst dann, wenn der Körper zu reagieren beginnt.

INARA: Welche Symptome können durch Einsamkeit entstehen?
Majda Moser: Häufige Symptome, die durch Einsamkeit hervorgerufen werden können, sind Stress, Schlafstörungen, Müdigkeit, Niedergeschlagenheit, Angstzustände, ja sogar Panikattacken, weiters Verspannungszustände und – im Zusammenhang mit dem Beruf natürlich besonders fatal! – Selbstzweifel an der eigenen Leistung. Einsamkeitsgefühle können sich auf jene Gehirnregionen auswirken, die für Gedächtnis und Leistung zuständig sind. Robert Wilson von der Rush University in Chicago betonte gegenüber BBC online, dass Einsamkeit nicht nur emotionale, sondern vor allem auch körperliche Auswirkungen hat.

INARA: Wie zeigt sich Einsamkeit in der Arbeitswelt konkret und welche Folgen können Konflikte dort haben?
Majda Moser: Unbewältigte Konflikte können die Konzentration und Arbeitsleistung stark einschränken – bis hin zu gesundheitlichen Folgen und totalem Versagen. Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz kommen täglich vor – zwischen ArbeitskollegInnen, Vorgesetzten und MitarbeiterInnen. Sehr oft werden Konflikte durch Kompromisse gelöst, was nicht ideal ist. Denn wenn man Differenzen nicht auflöst, bleiben Missverständnisse zurück und dann kann es leicht zu Mobbing oder gar zu Übergriffen im Betrieb kommen.

INARA: Was sind die Voraussetzungen für gute Arbeitsleistung? Und worauf sollte man als Führungskraft oder bei einem Neustart besonders achten?
Majda Moser: Um eine gute Arbeitsleistung zu erbringen, müssen mehrere Faktoren zusammenspielen: die körperliche Gesundheit, ein soziales Netz sowie Finanzen, Beruf und Sinn. Für die Führungsebene oder bei einem Neubeginn in der Arbeitswelt ist ein guter Start entscheidend. Ich rate zu folgender Vorgangsweise: eine freundliche und respektvolle Vorstellung einer neuen Führungskraft oder eines Teammitglieds durch den Vorgesetzten oder die Vorgesetzte, eine gute Einschulung sowie Zeit und Information zur Orientierung im neuen Aufgabengebiet. Außerdem sollte man Hilfsbereitschaft sowie den Willen zur Zusammenarbeit signalisieren.

INARA: Welche Fehler sollten unbedingt vermieden werden?
Majda Moser: Mitarbeiter sollten nicht zu früh in Führungspositionen aufrücken. Wenn das doch passiert, kommt es sehr oft zu Problemen. Die Palette reicht dabei von Führungsschwäche, unzulänglicher Kommunikation, unklarer Abgrenzung der Zuständigkeiten, Konkurrenzdruck über enorme Leistungsvorgaben, permanente Überforderung bis hin zu Zeitdruck und Perfektionismus. Der Weg ins Burnout ist dann fast schon vorprogrammiert.

INARA: Wie kann man Ihrer Meinung nach dem – offenbar von vielen Menschen unterschätzten – Problem Einsamkeit in der Arbeitswelt begegnen?
Majda Moser: Einsamkeit in der Arbeitswelt ist nach wie vor ein Tabu-Thema. Mir ist es ein großes Anliegen, dieses Tabu zu durchbrechen und das Thema „salonfähig“ zu machen. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Vereinsamung am Arbeitsplatz leicht verhindern lässt, indem Einsamkeit wieder mehr als gesellschaftliches Problem erkannt wird und auf den verschiedenen Ebenen von Politik und sozialer Arbeit Beachtung findet.

Symposium: „Erfolg versus Erfüllung – Einsamkeit in der Arbeitswelt und ihre Folgen. Wege zum gemeinsamen Nenner“ am 2. Juni 2017 von 10 bis 16 Uhr im Festsaal der Bezirksvorstehung Alsergrund, 1090 Wien, Währinger Straße 43,

Organisation: Majda Moser
Kosten: 25,– Euro inkl. Mittagssnack und Getränke
Anmeldung: anmeldung@bioenergetik.at
Autorin: Brigitta Schwarzer