23 Aug Interview mit Ing. Mag. Robert Rieder: „Markt Exposure Management – Schon einmal gehört?“
Last Updated on 2017-08-23
Ing. Mag. Robert Rieder ist CEO der SPARC Performance Concepts GmbH, die sich unter anderem mit den Themen Marktergebnissteuerung, Ertragssteigerung durch Nutzung von Markt Exposure und Exposure-Informationssystemen einen Namen gemacht hat. Industrie- und Handelsunternehmen lassen sich beraten, wie sie ihre Marktergebnisse bestmöglich monitoren und steuern können. Im Gespräch mit INARA erläutert der Firmengründer, worum es genau geht und warum auch Aufsichtsräte sich hier aktiv einbringen sollten.
INARA: Dass jedes Unternehmen seine Marktrisiken kennen und steuern muss, ist doch nichts Neues. Alter Wein in neuen Schläuchen also?
Rieder: Gerne greife ich diesen Ball auf. Weinhandel gibt es ungefähr seit dem Jahr 1000 v. Chr. und schon die Geschäftsleute im alten Rom mussten sich mit ihren Marktrisiken befassen, auch wenn es viele Jahrhunderte ausschließlich um Tauschhandel ging. Nur jene Gewerbetreibenden waren erfolgreich, die einen genauen Überblick über die Beschaffungsseite, die Preis und Menge bestimmende Angebots- und Nachfrageseite sowie die Tauschobjekte und deren Wert und Beschaffung hatten.
Auch wenn die heutige Welt natürlich viel komplexer ist, so hat sich an dieser Vorgehensweise im Grunde nichts geändert. Der Unterschied ist, dass wir die Dinge heute benennen und Systeme entwickelt haben, die eine gezielte Risikosteuerung ermöglichen. Also neue Schläuche, wenn Sie so wollen. Gut, dass es sie gibt.
Außerdem ist es heute bei weitem nicht so, dass die Befassung mit dem Marktergebnis zum täglichen Gegenstand der Geschäftsführung zählt. Ganz im Gegenteil. Laut Studien renommierter Unternehmensberater haben 70 Prozent aller Industrieunternehmen keine Information über ihre tatsächliche Markt Exposure Und die Unternehmen, die über ihre Marktposition Bescheid wissen, haben oftmals keine geeigneten Instrumente, um diese aktiv zu beeinflussen. Dabei liegt der Marktergebnisbeitrag bei Unternehmen zwischen 10 und 80 Prozent – ist also ein extrem relevanter Faktor für den Unternehmenserfolg.
INARA: Wie steuern Unternehmen heutzutage ihre Marktrisiken?
Rieder: Das Muster ist überall gleich. Im Rahmen der jährlichen Business-Plan- und Budgeterstellung für das Folgejahr werden Einnahmen und Ausgaben, Kosten und Erträge – heruntergebrochen auf Produkt-, Länder- und Kundengruppen – bestmöglich geplant. Dabei stützt man sich auf die Erfahrungen der Vergangenheit, die mit Marktrecherchen untermauerten Erwartungen für die Zukunft und detaillierte Berechnungen und Kalkulationen.
Die Umsetzung erfolgt dann im Rahmen von Beschaffungs-, Kunden- und Finanzierungsverträgen und das Controlling versorgt die einzelnen Bereiche der Organisation mit Quartals- bzw. Monatszahlen, die den IST-Stand und gegebene Abweichungen zum Plan aufzeigen. Ist Handlungsbedarf gegeben, so wird der Vertrieb veranlasst, seine Verkaufsbemühungen zu verstärken und Preis- bzw. Zahlungszielanpassungen bzw. sonstige effizienzfördernde Maßnahmen zu setzen. Der Einkauf wird aufgefordert, Nachverhandlungen mit den Lieferanten bezüglich Preis und/oder Menge vorzunehmen. Im Finanzbereich werden gegebenenfalls neue Finanzierungsquellen erschlossen bzw. ergänzende Absicherungsgeschäfte getätigt und generell wird die Kostenseite auf Einsparungsmöglichkeiten untersucht.
Am Ende des Tages bzw. Jahres liegt das Unternehmen dann im Plan oder eben nicht. Und das Spiel geht für das nächste Jahr von vorne los. Auch ein Unternehmen, das Verluste schreibt, funktioniert ja von der Organisation und den Prozessen her. Und genau hier liegt der Haken.
INARA: Was ist daran schlecht?
Rieder: Nichts ist daran schlecht. Aber der Unternehmenserfolg – das Ergebnis am Ende einer Rechnungsperiode – wird so mehr oder weniger vom Zufallsprinzip bestimmt. Ist das im Sinne des Eigentümers? Ich denke nein.
Denken Sie nur an die Jahre 2007/2008 zurück. Damals waren Marktbewegungen so groß, dass sie manche Unternehmen an den Rand ihrer Existenz brachten. Ich glaube zwar nicht, dass solch große Marktverschiebungen aktuell anstehen, bin aber von den Vorteilen einer aktiven Steuerung des Marktergebnisbeitrags naturgemäß überzeugt. Zumal diese strategisch, unabhängig von vertraglichen Verpflichtungen aus Einkauf, Verkauf und Finanz, betrieben werden kann.
Dabei geht es keineswegs bloß um Defensivmaßnahmen, wie man sie aus dem klassischen Risikomanagement kennt. Nein – Exposure Management heißt auch die Offensivseite zu betrachten und beispielsweise risikolose Preisfenster zu nutzen, unterstützende Preissituationen im Wettbewerb herbeizuführen oder ganz einfach mehr aus den Kunden- und Lieferantenverträgen herauszuholen – Stichwort Transparenz und Vertragsstandardisierung.
Mit den herkömmlichen Steuerungsmethoden – siehe oben – erreicht eine Firma nie den 100-prozentigen Fit zwischen Kunden-, Lieferanten- und Finanzierungsvereinbarungen. Nur wenige Unternehmen stellen laufend ihre Verkaufsmengen und –preise und die zugrundeliegenden Vertragsbedingungen den Beschaffungsmengen und –preisen und sonstigen Konditionen sowie den dafür aufzuwendenden finanziellen Ressourcen und deren Vertragsgrundlagen gegenüber. Die wenigsten erstellen daraus ein übergreifendes Exposure-Profil und implementieren Werkzeuge zur zeitnahen Exposure-Steuerung. Jene aber, die sich diesem Prozess unterziehen, finden dann die vielen kleinen Rädchen, an denen sich drehen lässt. Und haben die Sicherheit, den Faktor Markt im Ganzen im Griff zu haben.
Dazu gehören auch entsprechende Schnittstellen und Abstimmungen zwischen den einzelnen Bereichen der Firmenorganisation. Das ist Chefthema. Sie möchten nicht wissen, in wie vielen Unternehmen Einkauf, Verkauf und Finanz kaum, oder wenn dann bloß über periodische Berichtschienen miteinander kommunizieren.
Auch Verantwortlichkeiten sind oft neu zu definieren. Wer ist zentral zuständig und hat den Überblick über alle genannten Verträge? Wer steuert das Markt Exposure operativ? Wer gibt die strategische Richtung vor? Hier sollte es einen klaren Auftrag vom Aufsichtsrat geben. Vor allem aber sollte dieser regelmäßig über die Entwicklung von Markt Exposure und Marktergebnisbeitrag informiert werden.
Natürlich ist das ein Aufwand, aber er lohnt allemal.
INARA: Das ist Markt Exposure Management?
Rieder: Ja. Exposure Management erfasst die Marktexponiertheit eines Unternehmens, macht diese gegenüber Zielgruppen wie Aufsichtsrat, Management, Einkauf, Controlling etc. verständlich und sichtbar, erarbeitet Strategien zur Steuerung des daraus resultierenden Marktergebnisbeitrags, implementiert ein Instrumentarium zur vertragsunabhängigen Steuerung der Markt Exposure (wir nennen dies Overlay Management) und betreut einen Kunden bei der Umsetzung. Man kann sich einen Exposure Manager wie einen Fonds Manager vorstellen. Bloß dass es hier nicht um Anlageprodukte geht, sondern um Marktpositionen eines Unternehmens. Und nicht Performance im Vordergrund steht, sondern eine Kombination aus Defensiv-, Offensiv- und Strategiezielen. Das ist Exposure Management. An der Stelle möchte ich an alle Unternehmenslenker appellieren, sich dieser Tools nicht erst dann zu bedienen, wenn es eine Krise gibt. Vorbeugung ist auch hier die beste Medizin. Wenn es gelingt, alle Marktergebnispotenziale auszuschöpfen, dann ist auch das Krisenszenario weniger bedrohlich.
INARA: Gut und schön. Alles operative Themen. Was hat der Aufsichtsrat damit zu tun?
Rieder: Ich habe vorher erwähnt, dass nur wenige Unternehmen über ihre Marktexponiertheit zeitnah Bescheid wissen. Gerade der Aufsichtsrat ist als Vertreter der Eigentümerseite dazu verpflichtet, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Märkte haben das Potenzial, Unternehmen aus dem Gleichgewicht zu bringen, im Extremfall können sie Unternehmen gar zu Fall bringen. Jeder Aufsichtsrat sollte von seinem Vorstand ein diesbezügliches Informations- und Steuerungssystem verlangen.
Derzeit wird dieses Thema in vielen Unternehmen leider nur sehr stiefmütterlich behandelt. In Geschäftsberichten im Risikoanhang und fortlaufend meist in unzureichend bestückten Controlling-Berichten. Wenn überhaupt vorhanden, findet Exposure Reporting den Weg in den Aufsichtsrat eher nicht.
Aus meiner Sicht sind Maßnahmen zur Marktergebnissteuerung sehr wohl auch strategischer Natur, womit sie auch in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Aufsichtsrats fallen. Es kommt ein weiterer Aspekt dazu: Befasst sich der Aufsichtsrat aktiv mit dem Markt Exposure und dem Marktergebnis, so hat er ein wirkungsvolles Instrument an der Hand, um den Erfolg des Managements zu messen und nachzuvollziehen.
Ob er möchte oder der nicht: Der Aufsichtsrat ist in der Pflicht.
INARA: Abschließende Frage – was ist Ihr konkreter Beitrag zum Markt Exposure Management eines Unternehmens?
Rieder: Wir liefern die Grundlagen für ein Exposure-Informationssystem als ergänzender Teil des Risikomanagement-Systems (RM-System). Wir evaluieren die Marktergebnis-Exponiertheit unserer Kunden. Dazu gehören die Analyse von Mengen- und Preismodellen und Vertragsbedingungen aus den Bereichen Einkauf, Verkauf und Finanz, die Entwicklung von Defensivmaßnahmen und Frühwarnindikatoren sowie die Implementierung von Risikomanagement-Werkzeugen. Oberstes Ziel ist das zeitgerechte Erkennen und Nutzen von Marktopportunitäten, z.B. am Rohstoff- oder Währungssektor. Last but not least begleiten wir Unternehmen fortlaufend im Rahmen von Mandaten bei der aktiven Steuerung Ihres Marktergebnisbeitrags.
Daneben bieten wir noch Potenzialanalysen, Stresstests, Vertragsstandardisierung, Ertragssteigerungsprogramme und Unterstützung in Sanierungssituationen an. Auch ein mehrstufiges Seminarprogramm gehört zu unseren Dienstleistungen.
Autorin: Brigitta Schwarzer
Mehr zur SPARC Performance Concepts GmbH: www.sparc-exposure-solutions.com