Relaunch der Privatstiftung ante portas

Relaunch der Privatstiftung ante portas

Last Updated on 2017-07-20

Aus MPLaw Newsletter Privatstiftungen 5|2017 vom 13.07.2017

Der Ministerialentwurf zur Novellierung des PSG wurde am 30. Juni 2017 zur Begutachtung versandt. In Fachkreisen wurde eine Novelle schon seit längerer Zeit gefordert, insbesondere angesichts der restriktiven Rechtsprechung des OGH im Zusammenhang mit dem Einfluss der Stifterfamilie auf die Stiftung. Mit der vorliegenden Novelle sollen bestehende Unsicherheiten bereinigt werden und die Privatstiftung flexibler gestaltet werden; ein Großteil der Änderungen betrifft dabei die Organisationstruktur der Stiftung. In der Folge dürfen wir Ihnen einen kompakten Überblick über die wichtigsten Änderungen geben.

 

I.                    Eckpunkte der geplanten PSG-Novelle 2017

1. Stiftungsorgane

1.1 Stiftungsvorstand

–     Die zwingende gesetzliche Mindestanzahl von drei Vorstandsmitgliedern entfällt, es genügt nach dem Entwurf ein Mitglied des Stiftungsvorstandes (§ 15 Abs 1); besteht der Stiftungsvorstand allerdings aus nur einem Mitglied, ist ein Aufsichtsorgan einzurichten (siehe sogleich).

–     Die Unvereinbarkeitsbestimmungen des § 15 Abs 2, 3 und 3a werden gelockert, sodass etwa Onkel und Tanten von Begünstigten Mitglieder des Stiftungsvorstandes sein dürfen.

–     Eine Mindestfunktionsperiode von zwei Jahren (nach der Judikatur bisher drei Jahre) ist vorgesehen, die nur bei außergewöhnlichen Gründen unterschritten werden darf (§ 15 Abs 4).

–     Verankerung der Business Judgement Rule: In § 17 wird ein neuer Absatz 1a eingefügt mit dem die – bereits im Kapitalgesellschaftsrecht mit dem Strafrechtsände rungsgesetz 2015 verankerte und für Privatstiftungen in der Literatur und Rechtsprechung anerkannte – Business Judgement in das PSG aufgenommen werden soll. Ein Mitglied des Stiftungsvorstandes handelt demnach entsprechend seiner Sorgfaltspflicht, sofern er sich bei Entscheidungen nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf Grundlage angemessener Information annehmen darf, dem Stiftungszweck entsprechend und zum Wohl der Privatstiftung zu handeln.

–     Änderung der Stiftungserklärung: Die (subsidiäre) Änderungsbefugnis des Stiftungsvorstandes soll erweitert werden. Er darf nach dem Entwurf etwa – mit Zustimmung der Begünstigten – den Stiftungszweck zur Erfüllung gemeinnütziger Aufgaben und zur Finanzierung von Unternehmensbeteiligungen (Start-ups) erweitern (§ 33 Abs 3).

–     Errichtung von Substiftungen: Für den Fall, dass kein änderungsberechtigter Stifter mehr vorhanden ist, soll es dem Stiftungsvorstand ermöglicht werden, mit Zustimmung der Begünstigten die Stiftungserklärung dahingehend zu ändern, dass die Privatstiftung allein oder gemeinsam mit Begünstigten Substiftungen nach dem PSG mit gleichem oder ähnlichem Zweck errichten kann (§ 33 Abs 4).

 

1.2  Aufsichtsorgan

–     Das neu geschaffene Aufsichtsorgan soll sowohl den Aufsichtsrat als auch den Beirat ablösen und – im Vergleich zum Beirat – aufgewertet werden.

–     Vorgesehen ist eine Mindestanzahl von mindestens drei Mitgliedern, wovon ein Drittel unabhängig im Sinne der Unvereinbarkeitsbestimmungen (§ 15 Abs 2, 3, 3a) sein muss; d. h., ein Mitglied muss „familienfremd“ sein.

–     Die Bestellungskompetenz kann in der Stiftungsurkunde geregelt werden und z. B. den Stiftern oder Begünstigten zukommen.

–     Der Entwurf enthält in § 25 Abs 3 einen Katalog an Kompetenzen (u. a. Zustimmungsrecht zu bestimmten Geschäften), der erweitert werden kann. Darüber hinaus hat das Aufsichtsorgan weitere Aufgaben, wie etwa die Genehmigung von Insich-Geschäften (§ 17 Abs 5) oder die Vertretung der Privatstiftung bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Stiftungsvorstand (§ 25 Abs 2).

 

1.3 Stiftungsprüfer

–     Die Bestellung des Stiftungsprüfers kann nun durch das Aufsichtsorgan erfolgen, ist also nicht mehr dem Gericht vorbehalten (§ 20 Abs 1).

–     Neu ist ferner, dass der Stiftungsprüfer im Firmenbuch eingetragen werden soll (§ 13 Abs 3 Z 5).

–     Der Entwurf sieht vor, dass der Stiftungsprüfer dem Gericht fristgerecht den Abschluss der Prüfung mitzuteilen hat; bei Säumnis sind Strafen vorgesehen (§ 21 Abs 4 und 5).

 

2.      Gläubigerschutz

–     Exekution in Stifterrechte: In § 3 Abs 2 wird die Bestimmung aufgenommen, dass die Gläubiger des Stifters dessen Stifterrechte (Änderungs- und Widerrufsrecht) pfänden und verwerten können. Sofern der Stifter diese Rechte nicht allein oder unbeschränkt (etwa bei Zustimmungspflichten) ausüben darf, soll die Pfändung und Verwertung dennoch möglich sein, allerdings auf das Ausmaß des vom Stifter gewidmeten Vermögens beschränkt; Voraussetzung ist, dass gegen den Stifter in den letzten sechs Monaten erfolglos Exekution geführt wurde.

–     Gemäß § 5 Abs 4 des Entwurfs sollen Bestimmungen in der Stiftungserklärung, wonach Zuwendungen an einen Begünstigten bei dessen Zahlungsschwierigkeiten, bei Exekutionsführung oder bei (drohender oder eingetretener) Zahlungsunfähigkeit zu vermindern oder einzustellen sind, als nicht beigesetzt gelten.

–     Rückforderungsanspruch gegen Begünstigte (§ 17 Abs 2a): Der Entwurf räumt den Gläubigern der Privatstiftung einen Rückforderungsanspruch gegen Begünstigte ein, vorausgesetzt der Anspruch hat im Zeitpunkt der Zuwendung an den Begünstigten bestanden, der Gläubiger kann von der Privatstiftung keine Befriedigung erlangen und der Begünstigte war nicht gutgläubig.

 

3. Transparenz

3.1           Rechnungslegung und Veröffentlichungspflichten

Die Rechnungslegungsbestimmungen wurden ergänzt und zum Teil auch erweitert.    Die bereits jetzt im Gesetz festgelegte Konzernrechnungslegung wird modifiziert   beibehalten; einbezogen sollen nur Unternehmensbeteiligungen sein, Liegenschaftsgesellschaften sind dagegen ausgenommen (§ 18 Abs 3).

Zur Erhöhung der Transparenz sieht der Entwurf in bestimmten Fällen Veröffentlichungspflichten vor. So sind der Konzernabschluss samt Konzernlagebericht oder eine Aufstellung mit Name und Sitz von allen Unternehmen, an denen die Privatstiftung am Abschlussstichtag beteiligt ist (Beteiligungsspiegel) einschließlich aller Geschäfte zwischen der Privatstiftung und deren Tochterunternehmen, beim Firmenbuch (elektronisch) einzureichen (§ 19 Abs 5). Eine Ausnahme für die Veröffentlichungspflicht des Konzernabschlusses besteht lediglich für den Fall, dass sämtliche Unternehmensbeteiligungen einer Privatstiftung durch eine einzige Kapitalgesellschaft gehalten werden, an welcher die Privatstiftung zumindest zu 90% beteiligt ist und für welche ein Konzernabschluss aufgestellt und veröffentlicht wird.

3.2.            Übermittlung von Daten zu Statistikzwecken

§ 41 des Entwurfs verpflichtet den Stiftungsvorstand, bestimmte Daten der Privatstiftung (siehe § 41 Abs 1 Z 1 bis 6) an das zuständige Finanzamt zur Weiterleitung an die Bundesanstalt „Statistik Austria“ zu melden.

3.3         Meldepflichten nach dem WiEReG

Nach der Novelle soll die Meldepflicht der Begünstigten nach § 5 PSG entfallen; Meldepflichten sind allerdings nach dem WiEReg (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz), das am 15. Jänner 2018 in Kraft tritt, vorgesehen. Erfasst sind bestimmte persönliche Angaben (Name, Wohnsitz etc) sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses der „wirtschaftlichen Eigentümer“. Als erfasster Personenkreis sind im Gesetz der Stifter, die Begünstigten (sofern ihre jährliche Zuwendung EUR 1.000,- übersteigt), die Mitglieder des Stiftungsvorstands sowie jede sonstige natürliche Person, die die Privatstiftung auf andere Weise letztlich kontrolliert, genannt (§ 2 Z 3 lit a WiEReG). Für nicht ordnungsgemäße Meldungen sind Sanktionen vorgesehen.

Ziel der Einrichtung des Registers ist die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Eine öffentliche Einsicht ist grundsätzlich nicht vorgesehen; Registerauszüge setzen einen zwingenden Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung voraus.

 

II.          Änderungspflicht für Stiftungserklärungen bestehender Privatstiftungen

Die PSG-Novelle soll mit 1. November 2017 in Kraft treten. Nach den Übergangsbestimmungen sind die Stiftungserklärungen bestehender Privatstiftungen unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb von zwei Jahren ab Inkrafttreten anzupassen (§ 42 Z 2); die neu vorgesehene Eintragung des Stiftungsprüfers und des Abschlussstichtages im Firmenbuch (§ 13 Abs 3 Z 5 und 6) sind innerhalb von einem Jahr ab Inkrafttreten zu beantragen.

Für alle bestehenden Privatstiftungen bedeutet dies, dass zunächst zu prüfen ist, ob die Stiftungserklärungen in der aktuellen Fassung der Novelle entsprechen; andernfalls ist eine Änderung der Stiftungserklärung – die mangels Änderungsbefugnis des Stifters der Stiftungsvorstand vornehmen kann – durchzuführen. Ferner ist zu prüfen, ob Anpassungsbedarf der fakultativen Bestimmungen besteht. Genannt sei etwa die (nun erweiterte) Änderungsbefugnis des Stiftungsvorstandes, die es zur Vorbeugung von Konflikten in der Stiftungserklärung zu konkretisieren gilt.

III.        Fazit

Die lang ersehnte Novelle zum PSG wird immer konkreter. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bislang lediglich um einen Ministerialentwurf. Ob und in welcher Form diese Novelle beschlossen wird, wissen wir spätestens im September. Sollte die Novellierung in der vorliegenden Fassung Gesetz werden, besteht für die meisten Privatstiftungen erheblicher Anpassungsbedarf. Neben der Umsetzung zwingender gesetzlicher Vorgaben wird es auch in Zukunft darauf ankommen, die durch das Gesetz eröffneten Möglichkeiten der Ausgestaltung der Stiftungserklärung bestmöglich nach den Bedürfnissen der jeweiligen Stifterfamilie umzusetzen.

Autoren: DDr. Katharina Müller, TEP und Dr. Martin Melzer, LL.M., TEP

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