Vielfalt im Aufsichtsrat & Crêpes Suzette

Vielfalt im Aufsichtsrat & Crêpes Suzette

Last Updated on 2017-09-21

Fotocredit: INARA

Kochen und Diversität im Aufsichtsrat: passt das zusammen? Sehr gut sogar, wie sich am 20. September bei einer INARA- Veranstaltung im Kochstudio „ Die Pause“ am Spittelberg in Wien herausstellte. Gastgeberinnen waren INARA-Geschäftsführerin Dr. Brigitta Schwarzer sowie Profiköchin Andrea Schlager, die gemeinsam auch das delikate Menü (gebratenes Sashimi vom Rindsfilet mit Rosmarin-Zitronenbutter, Fisch in der Salzkruste mit Kürbisgemüse sowie Crêpes Suzette) zusammengestellt und den Ablauf des Abends organisiert hatten. Das neue, kreative Format, das in lockerer Atmosphäre sowohl intellektuell als auch kulinarisch hohe Qualität bot, stieß sofort auf großes Interesse. Gekommen waren Experten aus Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Medien, darunter auch mehrere aktive AufsichtsrätInnen. Zufällig bestand die Runde je zur Hälfte aus Damen und Herren. Beim Kochen und später beim Verzehren der selbst zubereiteten Speisen wurde intensiv über das „Reizthema“ Frauenquote sowie über den Zusammenhang zwischen Diversität und Unternehmenserfolg diskutiert. Die Stimmung war fröhlich und erst der bevorstehende Mitternachtsgong setzte einen Schlusspunkt. Weil die Premiere der „etwas anderen Abend-Veranstaltung“ bei den Teilnehmern so gut angekommen ist, planen die Veranstalterinnen eine Fortsetzung zu einem anderen Thema und mit einer Menüvariation. Sie freuen sich auch über erste Anfragen zu „Firmen-Inhouse-Workshops“.

Die Frauenquote wurde von beiden Geschlechtern höchst unterschiedlich beurteilt. Manche halten sie für schlecht, weil damit der Gesetzgeber auch in die Gestaltungsfreiheit privater  Unternehmen eingreift. Auch einige der anwesenden Damen sind strikt gegen die neue Regelung, weil jede erfolgreiche Frau – auch wenn sie ihren Job ausschließlich ihrer Qualifikation verdankt – künftig als Quotenfrau angesehen werden könnte. Andere finden die Quotenregelung gut, weil damit ein gesellschaftspolitisches Signal gesetzt wird oder weil sonst – wie es eine Teilnehmerin formulierte – „die Aufsichtsräte bis zum St. Nimmerleinstag mehrheitliche Männerklubs bleiben würden“. Einige Teilnehmer hätten eine zeitlich befristete Frauenquote vorgezogen.

Besonders fatal sei es, wenn wegen des ab 2018 geltenden Gesetzes – Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat, kurz GFMA-G – Unternehmen ihren Aufsichtsrat verkleinern oder gar die Börse verlassen bzw. den Unternehmenssitz ins Ausland verlagern, um so der Quotenregelung zu entgehen. Die jetzt in Österreich beschlossene 30-prozentige Frauenquote für Aufsichtsräte sei „wahrlich keine Revolution “, so ein – männlicher – Teilnehmer der Runde. Aufgrund der Einschränkungen im Gesetz – betroffen sind nur börsenotierte Unternehmen sowie solche mit mehr als 1.000 Beschäftigten und auch die nicht, wenn der Aufsichtsrat weniger als sechs Kapitalvertreter umfasst oder die Belegschaft zu mehr als 80 Prozent aus Männern besteht – werden nur einige wenige Frauen davon profitieren und die „golden girls“, die schon jetzt in mehreren Aufsichtsräten sitzen, weitere Mandate hinzubekommen.

Einig waren sich die Diskutanten, dass Diversität nicht auf das Mann-Frau-Thema reduziert werden darf. Wichtig sei vor allem die kognitive Diversität und da spielen neben dem Geschlecht auch die Herkunft, der soziale Hintergrund, die Ausbildung, das Alter und noch etliche weitere Faktoren eine Rolle. So haben US-Studien gezeigt, dass männliche und weibliche Harvard-Absolventen, die den gleichen sozialen Background haben, sich in ihren Verhaltensweisen so gut wie gar nicht unterscheiden. Hingegen gibt es zwischen männlichen Upper-Class-Studenten und solchen, die es aus ärmlichen Verhältnissen an die Uni geschafft haben, deutliche Unterschiede.

In den USA wurde das Thema Frauen in Vorständen bzw. Boards bereits abgelöst, hier geht es jetzt vor allem darum, dass dort auch Minderheiten entsprechend vertreten sind. „Das wird absurd, weil wir irgendwann bei der „dreidimensionalen Quotenregelung“ landen“, ereiferte sich ein Diskutant.

Ob ein höherer Frauenanteil tatsächlich den Unternehmenserfolg steigert, ist umstritten. Es gibt sowohl Studien, die das angeblich belegen, als auch solche mit genau gegenteiligem Ergebnis. Beides ist mit Vorsicht zu genießen, weil es dabei oft methodische Probleme gibt und manchmal Korrelation mit Kausalität verwechselt wird.

Autorin: Dr. Christine Domforth