Bei ESG sind das S und das G genauso wichtig

Bei ESG sind das S und das G genauso wichtig

Last Updated on 2021-12-06
Mag. Manfred Kainz

Lang genug war und ist das Thema in aller Munde: „Nachhaltigkeit“. Wir sollen (meist auch wollen) nachhaltig leben, nachhaltig konsumieren, nachhaltig wirtschaften und Geld nachhaltig anlegen. Inzwischen sind wir einen Schritt weiter; Nachhaltigkeit wurde spezifiziert, jetzt sprechen wir von ESG: Environment, Social and Governance. In diesen drei Bereichen sollen Unternehmen besonders verantwortungsbewusst agieren – und Sparer bzw. Anleger sollen in Finanzprodukte und Firmen investieren, die in ESG voran gehen. Die „grüne“ Komponente, also die Säule Environment/Umwelt, ist wohl die am leichtesten darstellbare. Dazu gibt es viele (Vergleichs-)Daten und jede(r) von uns hat wohl (s)eine persönliche Vorstellung, ob und wie z. B. Unternehmen und Produkte umweltfreundlich – also „grün“- sind.

Schwieriger wird es schon bei den Nachhaltigkeitsanforderungen im „social“ sein und in der Governance, also in nachhaltiger Unternehmensführung. Der „Social-Part“ von Unternehmen ist schwerer messbar als etwa das Erfüllen von skalierten Umweltparametern. Ähnliches gilt für good Governance.

Welche Kriterien werden herangezogen?

Bei der Weiterbildungsveranstaltung Sustainable Finance für Finanzdienstleister der WKO haben nun zwei Kenner der Investmentseite ihren Umgang mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien illustriert: Christian Lörincz und Jörg Moshuber von Amundi Asset Management. Dieses Haus ist mit 1794 Mrd. Euro an verwaltetem Vermögen Europas größte Fondsgesellschaft. 798 Mrd. Euro gemanagte Kundengelder liegen in ESG-konformen Investmentlösungen – mit eigener ESG-Ratingmethodik. Man hat über 30 Jahre Erfahrung im Managen nachhaltiger Anlagen und ist Gründungsmitglied der weltweit führenden Initiative für verantwortliches Investieren: den Principles for Responsible Investment (PRI) der UN.

Lieferketten zunehmend wichtig

Zwar gibt es in der Zwischenzeit jede Menge sogenannter „ESG Labels“ und Ausschlusskriterien (also in was man alles nicht anlegen soll). Aber Amundis hauseigenes Nachhaltigkeits-Team analysiert Wertpapieremittenten nach 37 Nachhaltigkeits-Kriterien: 16 allgemeine Kriterien für alle und 21 „sektorspezifische“ Beurteilungskriterien. Im E für Environmental sind die Kriterien Umgang des betreffenden Unternehmens mit Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, „grüner“ Mobilität und „grünen“ Finanzierungen nicht überraschend. In die Matrix zu „Social“ fallen Kriterien wie Wie handhabt das Unternehmen die Arbeitsbedingungen und sein gesellschaftliches Engagement an allen Standorten? Wie handhabt man den Zugang zu medizinischer Versorgung an allen Stätten? Wie lebt man verantwortungsvolles Marketing? Wie steht es um Produktions- und Produktsicherheit? Und wie man dieser Tage sieht: Gibt es ein verantwortungsvolles und transparentes Lieferkettenmanagement?

Lohnhöhe, Versicherungsanspruch

In puncto S engagiert sich Amundi bei Investments stark für „Living Wage“, also dass die Unternehmen Löhne zahlen, von denen die Beschäftigten leben können. Das ist in vielen Weltgegenden nicht selbstverständlich. Das ist in vielen Weltgegenden nicht selbstverständlich. In den USA etwa ist „versichert sein“ meist wichtiger als der Lohn, ist der Social-Vorteil der (Unfall/Kranken-)Versicherung der Mitarbeiter höher bewertet als die Lohnhöhe.

Und jetzt zum G wie Governance. Da zählen zu den allgemeinen Beurteilungskriterien vor allem: Sind die Gremien des Unternehmens unabhängig und wie zusammengesetzt? Wie „wasserdicht“ und robust sind die Prüfung und Kontrollen? Wie begründet und transparent ist die Vergütung? Wie steht es um die Erfüllung der Aktionärsrechte oder sind diese eingeschränkt (z. B. bei mehrheitlichem Staatsbesitz)? Sektorspezifisch ist beispielsweise von Belang: Kann ich (als Anleger) die Zukunftsstrategie des Unternehmens nachvollziehen?

Fazit: Alle E plus S plus G Kriterien erfüllen Unternehmen nur sehr selten. Aber (auch) beim S und G kann man Risiken früh erkennen und dadurch (spätere) Kosten sparen.