Der EU-Rettungsplan trägt grün oder … sie bewegt sich doch!

Der EU-Rettungsplan trägt grün oder … sie bewegt sich doch!

Last Updated on 2020-09-08

Für alle, die den Glauben an die Politik schon verloren haben, gibt es Hoffnung:

Der gut-dotierte EU-Rettungsschirm, aus der Not des coronabedingten Wirtschaftsabschwungs geboren, trägt eine klare ökologische Handschrift. Damit steigen die Chancen, dass der notwendige, klimaneutrale Umbau der (europäischen) Wirtschaft durch politische Rahmenbedingungen und Incentivierungen ermöglicht wird, und nicht nur Teil der politischen Rhetorik bleibt. Auf das den Worten auch die Taten folgen, und genau das sollten wir als WählerInnen im Auge behalten. Immerhin brauchen wir frische Luft zum Atmen länger als die Versprechungen während einer Regierungsperiode!

Die Fakten

Der Abschluss des EU Rettungsschirms als Aufbauhilfe für die coronageschüttelte europäische Wirtschaft ging über viele Verhandlungs- und Vorverhandlungsrunden zwischen den EU-Finanzministern, Staats- und Regierungschefs als auch den Vertretern einzelner Länder. Auszuloten gab es dabei die Vereinbarkeit und den Ausgleich nationaler mit europäischen Interessen, nicht nur die Höhe des Rettungsschirms, sondern auch die Ausgestaltung in Form von Krediten (müssen von den Ländern rückbezahlt werden) oder nicht-rückzahlbaren Zuschüssen sowie die zweckgebundene Verwendung (u.a. „ökologische Investitionen“).

In diesem Zusammenhang wurde sehr lange über die Corona-Bonds „diskutiert“ (möglicherweise auch sehr undiplomatisch gestritten). Dabei wäre es zu einer Vergemeinschaftung der neuen Schulden gekommen, was einzelne EU-Mitgliedsländer vehement verhindern wollten. Insbesondere die Nettozahler Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden haben sich gegen die Ausweitung des EU-Budgets ausgesprochen, und plädierten für eine Kreditfinanzierung, wodurch auch ein größeres Volumen an Geldmitteln angeboten werden konnte. Dafür haben sie umgehend den Spitznamen: „die frugalen Vier“ bekommen.

Der verhandelte Kompromiss sieht schließlich ein EUR 750 Mrd. EU-Paket vor, bei dem der mehrjährige Finanzrahmen (MFR) mit spezifischen Aufbaumaßnahmen unter dem Titel „Next Generation EU (NGEU)“ verknüpft wurde.  Die Mittel werden dabei im Rahmen des MFR als Finanzhilfen und Darlehen vergeben.

Grüner Marshall-Plan für Europa 

Der EU-Rettungsplan, immer wieder auch mit dem Marshall-Plan nach dem II. Weltkrieg verglichen, trägt eine klare grüne Handschrift. Und dafür haben sich die vielen Diskussionen im Vorfeld mehr als gelohnt: immerhin sollen 30% der Gelder für grüne Investitionen zweckgewidmet sein. Mit den europäischen Vorgaben gibt es auch für die nationale Politik (unabhängig von der Zusammensetzung der Regierung) eine klare Vorgabe für künftige Entscheidungen.

Der Anfang wurde bereits gemacht, als die Bedingungen für den AUA Rettungspakt verhandelt wurden, u.a. hat sich die AUA verpflichtet, dass ihre Flotte bis 2030 ein Drittel weniger C02 ausstoßen, die Treibstoffeffizienz um 1,5 % pro Jahr steigen und die Ticketpreise nicht unter dem Preis von gesetzlichen Gebühren und Abgaben liegen sollen.

PS: Wie sinnvoll ein Rettungsschirm für Airlines generell ist, lässt sich in unserem Newsletter #4 nachlesen.

Damit könnte es Europa gelingen, den globalen Wettbewerb in der Disziplin „Klima- und Umweltschutz“ für sich zu gewinnen. Dank einer klaren strategischen Ausrichtung, die sowohl den Erfordernissen der europäischen Wirtschaft als auch den Interessen der BürgerInnen für eine gesunde Umwelt Rechnung trägt.

Die Klimaschutzdebatte nimmt seit 2015 und dem Übereinkommen von Paris an Fahrt auf 

Im Zuge des UN-Klimaschutzabkommens, das 2015 in Paris von fast 190 Ländern beschlossen wurde, ist ein globaler Rahmen fixiert worden, um die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten und den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Weltweit bekannt und medial intensiv diskutiert wurde das Pariser Klimaschutzabkommen erst mit der Ankündigung, dass die USA wieder aus dem Abkommen aussteigen werden.

2016 wurde die Vereinbarung durch die sog. Sustainable Development Goals der UN (SDGs) ergänzt. Diese 17 nachhaltigen Entwicklungsziele umfassen neben ökologischen auch eine Reihe von anderen Zielen, die einen ressourcenschonenden, sozialen und fairen Umbau der globalen Wirtschaft ermöglichen sollen. Österreich hat sich zur Einhaltung beider Abkommen verpflichtet.

Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission im März 2018 den „Aktionsplan nachhaltigen Wachstums“ veröffentlicht, sodass das Thema Klimaschutz und wie man ihn finanziert endgültig auf der Agenda der EU und damit aller Mitgliedsstaaten angekommen ist.

Die neue EU-Präsidentin Ursula von der Leyen hat bereits in ihrer Bewerbungsrede vor dem Europäischen Parlament den Klimaschutz ins Zentrum ihrer Politik gestellt und nach ihrer Wahl wurde dies im European Green Deal als wesentlicher Baustein der künftigen Politik verankert (für Diejenigen, die es genau wissen wollen, das war im Dezember 2019). Der Fokus liegt dabei auf einem klimaneutralen Europa mit dem ambitionierten Ziel von Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050.

Und was hat das alles mit uns zu tun?

Nur wenn die Politik klare Leitplanken setzt und die durch Steuergeld mitfinanzierte Wiederaufbauhilfe für Unternehmen innovative, umweltfreundliche Elemente enthält, kann unser Lebens- und Wohlstandsmodell nachhaltig aufrechterhalten werden (u.a.: der touristische Verkaufsschlager: Berge, Seen, Landschaft und unberührte Natur)

Klimaschutz kostet – gut, dass wir es uns leisten können.

Berechnungen zeigen, dass es Investitionen von rund EUR 260 Milliarden – jedes Jahr! – bedarf, um die europäische Wirtschaft klimafreundlich umzubauen. Diese Beträge können öffentliche Haushalte keinesfalls aufbringen, sodass die Mobilisierung von privatem Kapital zur Finanzierung von klima- und umweltfreundlichen Projekten und Wirtschaftsaktivitäten erforderlich ist. Und genau hier kommen wir als private Geldanleger ins Spiel. Ein Bankkonto brauchen wir alle, aber wichtig ist in Zukunft die Entscheidung, bei welcher Bank.

Wir sollten uns fragen:

„Finanziert meine Hausbank noch immer Projekte, die fossile Energieträger verwendet? 

Mit dem Vermögensaufbau, um in unserer Pension abgesichert zu sein, sollte man so früh wie möglich beginnen.

Mit einer bewußten Geldanlage kann man gleichzeitig auch etwas für den Klimaschutz tun – etwa mit einem nachhaltigen Fonds oder einem nachhaltigen Sparbuch. Damit hätte man eine doppelte Rendite: eine kleine finanzielle und eine große ökologische!

Quelle: August 31, 2020 By Heidrun Kopp In Green Finance