Despoten leben gefährlich

Despoten leben gefährlich

Last Updated on 2022-04-06
Brigitta Schwarzer

Nicht alle Diktatoren sterben friedlich in ihrem eigenen Bett. Viele von ihnen wurden von Gegnern oder bei einem Putsch getötet oder verübten Selbstmord.

Diktatoren hat es in der Geschichte immer gegeben – vom römischen Reich bis heute. Stalin, Mao, Idi Amin oder Franco, um nur einige der schlimmsten zu nennen, starben eines natürlichen Todes. Doch viele totalitäre Herrscher kamen gewaltsam zu Tode. Sie fielen Attentaten zum Opfer oder wurden von Gegnern, manchmal auch Personen aus ihrem eigenen Umfeld, getötet. Einige begingen Selbstmord, weil die Situation für sie aussichtslos geworden war.

Syriens Assad, der russische Präsident Putin, sein weißrussisches Pendant Lukaschenko, der chinesische Staatspräsident Xi Jinping, der nordkoreanische Kim Jong-un, der sogar einer „Diktatoren-Dynastie“ entstammt, sowie Despoten in Südamerika und Afrika: Sie sitzen derzeit mehr oder minder fest im Sattel und regieren mit eiserner Hand. Teilweise stützen sie einander auch. Doch wie sagte Mahatma Gandhi, der auf Gewaltlosigkeit setzende Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung? Am Ende stürzen sie alle.

Es begann schon im antiken Rom

Schon im alten Rom endete ein Tyrann durch ein spektakuläres Attentat. Julius Caesar war ein erfolgreicher Staatsmann und extrem ehrgeizig. Er ließ sich zum Diktator auf Lebenszeit ernennen und wollte angeblich eine Monarchie errichten. Einer Gruppe von Senatoren passte das ganz und gar nicht. Deshalb schmiedeten sie den Plan, Caesar zu ermorden. Am 15. März 44 vor Christus wurde der Alleinherrscher während einer Senatssitzung durch zahlreiche Dolchstiche getötet.

Mongolenherrscher Dschingis Khan, der weite Teile Zentralasiens und Nordchinas eroberte und als einer der brutalsten Massenmörder der Geschichte gilt, starb 1227. Woran, darüber gibt es in der Geschichtsschreibung verschiedene Theorien. Es könnte ein Reitunfall oder die Pest gewesen sein. Möglich ist aber auch, dass ein Attentäter den Mongolenherrscher umbrachte.

Unrühmliches Ende für Mussolini und Ceausescu

Auch in der Neuzeit starben viele Tyrannen eines gewaltsamen Todes. Benito Mussolini, der faschistische Diktator, regierte in Italien mit harter Hand. Er war ein enger Bundesgenosse Hitlers und erließ ebenfalls rassistische und antisemitische Gesetze. Im Sommer 1943 – die Briten und Amerikaner waren bereits in Sizilien gelandet – wurde er von politischen Gegnern abgesetzt und interniert. Ein Come-back-Versuch scheiterte. Am 28. April 1945 wurde der „Duce“ gemeinsam mit seiner Geliebten Clara Petacci auf der Flucht von kommunistischen Partisanen gefangen genommen und erschossen. Die Leichen der beiden wurden in Mailand kopfüber am Dach einer Tankstelle aufgehängt.

Der rumänische Staatspräsident Nicolae Ceausescu lernte das Schusterhandwerk, wandte sich aber bald der Politik zu und rückte bis an die Staatsspitze auf. Rumänien wurden unter ihm zu einer neostalinistischen Diktatur. Das Land wurde wirtschaftlich zugrunde gerichtet, es gab immer wieder extreme Versorgungsengpässe. Minderheiten wurden unter dem „Conducator“ brutal unterdrückt, der Geheimdienst Securitate folterte und ermordete zahlreiche Oppositionelle. Ende 1989 kam es in Rumänien aufgrund der schlechten Wirtschaftslage zu massiven Protesten gegen die Staatsspitze. Ceausescu und seine Ehefrau Elena versuchten, aus Bukarest zu fliehen, wurden aber gefasst. Beide wurden vor ein Militärgericht gestellt, zum Tode verurteilt und am 25. Dezember 1989 erschossen.

Das Terrorregime Saddam Hussein im Irak endete 2003, als Truppen der USA und Großbritanniens im Irakkrieg siegten und das Land vollständig besetzten. Der aus einfachen Verhältnissen stammende Saddam hatte rasche politische Karriere gemacht und war schließlich zum Staatspräsidenten aufgestiegen. Der Erste Golfkrieg gegen den Iran und der Überfall auf Kuwait, der zum Zweiten Golfkrieg führte, gingen auf das Konto des Diktators. Am 13. Dezember 2003 wurde Saddam, auf den nach dem Sturz seines Regimes ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ausgesetzt worden war, von US-Besatzungstruppen gefasst. US-Angaben zufolge hatte er sich in einem gemauerten Erdloch südlich von Tikrit versteckt. 2005 kam der Diktator vor ein Sondertribunal, vorgeworfen wurden ihm unter anderem Massaker an Schiiten und Kurden. Das Verfahren endete mit dem Todesurteil. Am 30. Dezember 2006 wurde Saddam in Bagdad gehenkt.

Muammar Gaddafi herrschte in Libyen fast vier Jahrzehnte lang. Menschenrechte wurden unter dem Revolutionsführer nicht respektiert, es gab Folter, willkürliche Hinrichtungen, Menschen verschwanden spurlos. Anfang 2011 brachen landesweit Aufstände aus, Gaddafi verlor die Kontrolle über Teile des Staatsgebiets. Er wurde weltweit gesucht wurde, es gab einen internationalen Haftbefehl gegen ihn wegen mutmaßlicher Kriegsverbrecher und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der in Bedrängnis geratene Revolutionsführer floh in seine Heimatstadt Sirte. Dort wurde er am 20. Oktober 2011 durch Kopfschüsse getötet. Vermutlich war er in ein Kreuzfeuer zwischen seinen Anhängern und Gegnern geraten. Einer der Söhne Gaddafis kam bei der Aktion ebenfalls ums Leben.

Bin Laden: Die Operation Neptune Spear

Osama Bin Laden war Gründer und Anführer der Terrororganisation Al-Quaida, die für den Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 und zahlreiche weitere Attentate verantwortlich war. Der gebürtige Saudi, der zahlreiche hasserfüllte Audio- und Videobotschaften gegen den Westen veröffentlichen ließ und auf den die USA ein millionenschweres Kopfgeld ausgesetzt hatten, wechselte immer wieder sein Versteck. Zuletzt lebte er zurückgezogen in der pakistanischen Stadt Abbottabad. Sein Aufenthaltsort wurde vom CIA eruiert, möglicherweise auch von pakistanischer Seite verraten. US-Präsident Barack Obama ließ die Operation Neptune Spear starten, um Bin Laden unschädlich zu machen. Am 2. Mai 2011 spürten US-Einheiten den Terroristen in einer nächtlichen Militäraktion in seinem Versteck auf und töteten ihn durch mehrere Schüsse. Bei der Erstürmung des Hauses wurden auch eine Frau und einer der Söhne Bin Ladens erschossen.

Selbstmord im Führerbunker

Adolf Hitler hatte als deutscher Reichskanzler den Zweiten Weltkrieg mit zig Millionen Toten auf beiden Seiten ebenso zu verantworten wie das beispiellose Verbrechen der Shoa, bei der sechs Millionen europäischer Juden ermordet wurden. Auf Hitler wurden mindestens 40 Attentate verübt, am bekanntesten ist jenes vom 20. Juli 1944, ausgeführt von einer Gruppe rund um Graf Stauffenberg. Doch es schlug wie alle anderen zuvor fehl. Mitte April 1945 lag Berlin bereits in Trümmern, die Rote Armee rückte auf breiter Front gegen die deutsche Hauptstad vor. Hitler hatte sich mit einigen Getreuen in einem Bunker unter der Reichskanzlei verschanzt. Am 30, April 1945 begingen er und Eva Braun Selbstmord. Während sich Hitler erschoss, dürfte Eva Braun Gift genommen haben.

Durch Selbstmord endete am 15. April 1998 dem Vernehmen nach auch der kambodschanische Gewaltherrscher Pol Pot. Davor hatte er sich lange Jahre versteckt, um seiner Auslieferung zu entgehen.  Pol Pot kam 1975 an die Macht und zog mit seinen Roten Khmer ein brutales Terrorregime auf. Bis 1979, als er entmachtet und die Phase des „Steinzeitkommunismus“ beendet wurde, kam laut Schätzungen rund ein Viertel zwei kambodschanischen Bevölkerung durch Hinrichtungen, Hunger, Folter, Zwangsarbeit oder mangelhafte medizinische Versorgung ums Leben.

Slobodan Milosevic, ehemaliger Präsident Jugoslawiens, verlor 2000 nach einem Volksaufstand sein Amt. Er wurde 2001 festgenommen, an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert und als erstes Staatsoberhaupt wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – begangen im Kosovo-Krieg und schon vorher im Bosnien-Krieg – angeklagt. Der Prozess zog sich wegen seines schlechten Gesundheitszustands über Jahre. Am 11. März 2006 wurde Milosevic tot in seiner Zelle aufgefunden. Vermutlich starb der fanatische Serbenführer durch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, es könnte aber auch Gift im Spiel gewesen sein.

Skrupellos, aber voller Angst

Gewissensbisse hatten und haben autoritäre Herrscher in der Regel nicht, wohl aber panische Angst vor Verschwörungen und Anschlägen. Das kann bis zur Paranoia gehen. Da werden schon mal Personen aus dem engeren Umfeld blitzartig und brutal aus dem Weg geräumt, weil man ihnen misstraut oder eine „Palastrevolution“ verhindern will. Handverlesene Leibwächter oder Leibgarden – bei Gaddafi bestand sie aus Frauen – High-Tech-Alarmanlagen sowie schwer gepanzerte Fahrzeuge: mit allen Mitteln wird versucht, die Sicherheit von Herrschern zu gewährleisten.

Doch es gibt noch mehr „Abwehrmaßnahmen“ – teilweise recht skurriler Art. Vorkoster wurden schon im antiken Rom eingesetzt, um Giftanschläge zu verhindern. Adolf Hitler hatte dem Vernehmen nach bis zu 15 Vorkosterinnen, die zwangsweise von der SS rekrutiert worden waren. Der ebenfalls autoritär regierende türkische Präsident Erdogan ließ sich in seinem neuen Amtssitz in Ankara sogar ein Speziallabor einbauen, das ihn vor Anschlägen mit Gift oder ähnlichem schützen soll. Er soll zur Sicherheit auch jede Nacht an einem anderen Ort verbringen.

Parallelen zwischen Hitler und Putin

Wladimir Putin, der in vielen Punkten wie ein gelehriger Schüler von Hitler oder Stalin wirkt, darf in dieser Aufzählung natürlich nicht fehlen. Er wechselt sein Bunker-Versteck dem Vernehmen nach immer wieder, hat ebenfalls Vorkoster, die von jeder seiner Mahlzeiten probieren müssen, und bedient sich eines oder mehrerer Doppelgänger, um potentielle Attentäter in die Irre zu führen.