Die Energiewende ist weiblich

Die Energiewende ist weiblich

Last Updated on 2021-03-26
Im Rahmen der Reihe „OurPower im Dialog“ diskutierten Pionierinnen aus den Bereichen Erneuerbare Energie, Klimaschutz und Innovation darüber, welche Chancen und Aufgaben es künftig für Frauen am Energiemarkt geben wird.
Dr. Christine Domforth

Bis zum Jahr 2030 will Österreich seinen kompletten Stromverbrauch aus Erneuerbaren Energien decken. Der Entwurf zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) dürfte demnächst im Nationalrat beschlossen werden. Der Energiemarkt der Zukunft soll nicht nur CO2-frei, sondern auch dezentraler und bürgernäher sein. Eine wichtige Rolle werden dabei die Energiegemeinschaften spielen.

Unter dem Titel „Die Energiewende ist weiblich“ veranstaltete die Plattform OurPower am 4. März 2021 einen Online-Dialog, für den sich mehr als 120 Teilnehmerinnen aus Österreich und Deutschland angemeldet hatten. Auch einige Männer nahmen teil. Engagierte Expertinnen aus den verschiedensten Fachgebieten diskutierten online über die Herausforderungen und Chancen der im Wandel befindlichen Energiewelt und die Rolle, die Frauen dabei künftig spielen sollten.

Gleich zu Beginn des Online-Dialogs betonte Hemma Bieser ­sie ist Gründerin der Innovation Company avantsmart und Aufsichtsrätin von OurPower ­die veränderte Rolle der Frauen im Bereich Energie. Generell sei feststellbar, dass sich immer mehr Frauen leidenschaftlich für erneuerbare Energien und Klimaschutz einsetzen. Sie könnten mit ihrem Einsatz und ihrem Engagement in den nächsten Jahren als Botschafterinnen und Multiplikatorinnen wesentlich zum Erfolg der Klimawende beitragen und andere Frauen, aber auch die Männer „anstecken“.

Es geht nicht nur um Technologie

Das sieht Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds, ähnlich: „Jüngere Frauen mit entsprechender Ausbildung engagieren sich zunehmend im Energiebereich. Generell finden wir heute immer mehr Frauen im technologischen Umfeld. Und international sind sie in der Klimapolitik oft die treibende Kraft, wenn wir etwa an Greta Thunberg denken.“ Auch hinter dem Klimavolksbegehren in Österreich, das immerhin auf mehr als 400.000 Unterschriften kam, seien mehrheitlich Frauen gestanden

Wichtig sind nach Einschätzung von Vogel neben der fachlichen Kompetenz auch Kooperationsbereitschaft und Teamfähigkeit, wobei gemischte Teams am besten funktionieren. Es gehe bei der künftigen Energiepolitik nicht allein um Technologie, auch andere Bereiche – etwa die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Rechtswesen, Architektur usw. – spielen dabei eine wichtige Rolle. Im Vordergrund müsse immer die Nutzerperspektive stehen.

Energiewende von unten

Die Energiewende bringt zwei große Veränderungen, erläuterte Monika Auer, Generalsekretärin und Geschäftsführerin der ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik): „Es kommt einerseits zu einem technologischen Wandel, andererseits bedeutet der kleinteilige Einsatz von Sonne, Wind und Biomasse zur Energiegewinnung auch einen organisatorischen shift, weil dezentrale Strukturen die großen Player der E-Wirtschaft ablösen werden.“ Eine wesentliche Rolle bei der Energiewende werden Energiegemeinschaften spielen, die Strom sowie Wärme aus erneuerbaren Quellen erzeugen, verbrauchen, speichern und verkaufen dürfen. Bürger können im Rahmen solcher Energiegemeinschaften selbst Verantwortung übernehmen und die Energiewende zu ihrem Projekt machen, betonte Auer, die auch dem OurPower-Aufsichtsrat angehört.

Die Energie-Genossenschaft OurPower wurde 2018 als Start-up gegründet. Sie betreibt unter ourpower.coop einen digitalen Marktplatz für Strom. Bürger können über diesen Marktplatz den von ihnen produzierten Strom verkaufen bzw. sich dort aussuchen, von wem sie ihren Strom kaufen. Die Abrechnung läuft dann über OurPower. „Unser Name drückt schon aus, wofür wir stehen. Wir setzen ganz stark auf Zusammenarbeit,“ betonte Ursula Seethaler, die bereits bei der Gründung von OurPower dabei war und vor allem vor allem für Kommunikation zuständig ist. Derzeit hat OurPower 410 Mitglieder, davon 75 Prozent Männer. Neben Privatpersonen können bei OurPower auch Firmen und Vereine mitmachen, für Kooperationsmöglichkeiten sei man offen. Überlegt wird, künftig auch gemeinschaftlich Beteiligungsanlagen zu bauen.

Neue Rollen, neue Perspektiven

Seethaler hofft, dass eines Tages die Hälfte der OurPower-Mitglieder Frauen sind, also die Parität erreicht wird. Derzeit sei die Energiewelt noch sehr männlich geprägt. Frauen scheuen wegen der Technik davor zurück und fühlen sich zu wenig angesprochen. Das ändere sich zwar, aber nur langsam. Dabei entstehen gerade durch die Energiegemeinschafen viele neue Rollen und Perspektiven, bei denen es nicht bloß um Technik geht. Da könnten sich Frauen künftig verstärkt einbringen.

Beteiligen kann man sich bei OurPower bereits ab einem Betrag von 100 Euro. Die durchschnittliche Beteiligung liegt bei 1000 bis 1500 Euro. Sich selbst finanziell in der E-Wirtschaft, die ja besonders nachhaltig ist, zu betätigen, könnte nach Ansicht von Seethaler gerade für Frauen interessant sein. „Die Frauenpensionen sind noch immer geringer als jene der Männer. Sich an Energiegemeinschaften zu beteiligen, wäre sicher ein vernünftiger Weg, für das Alter bzw. für die Pension vorzusorgen.“

Kristina André, Vorstandsmitglied des Deutschen Bündnis Bürgerenergie e.V. mit Sitz in Berlin, forderte, die Energiewelt müsse künftig in der Hand der Bürger und Bürgerinnen sein. Sie präsentierte auch eine Studie über „Frauen und Energiewende“. Grundaussage: Derzeit seien die Frauen in diesem Bereich noch benachteiligt und stoßen auf diverse Barrieren. Das Ziel müsse eine geschlechtergerechte Energiewende sein.

Die fossile Energiewirtschaft ist nicht nur sehr kapitalintensiv, sondern auch machogetrieben. Aber diese Strukturen brechen nun auf, so André: „Energiewende wird am schnellsten gehen, wenn Frauen aktiv werden, mutig vorangehen und das einfordern – und zwar sofort. Schon die kleinste Fotovoltaik-Anlage ist ein Schritt in die richtige Richtung.“  Es brauche neue Lösungen und Ideen sowie gemischte Teams aus den verschiedenen Fachbereichen, so Bieser. „Und wir Frauen sollten uns mit all unseren Kompetenzen einbringen und mitmachen.“

OurPower Energiegenossenschaft SCE mbH
www.ourpower.coop