28 Nov Die große Chance des Textilrecyclings
Last Updated on 2021-11-28
Mode könnte schon bald bis zu 80 Prozent zirkulär werden – vorausgesetzt Modekonzerne machen gemeinsame Sache.
Dass Mode mitunter die größte Umweltsünderin ist, predigen Umweltaktivisten, Expertinnen und Gründer von Fair-Fashion-Labels schon eine Zeit lang. Und so langsam finden sie auch etwas Gehör. Zumindest formulieren immer mehr Modeunternehmen neue Emissionsreduktionsziele, etwa der Branchenführer der Luxusgüterindustrie LHVM. Der hat sich heuer (endlich) im Rahmen der UN Fashion Industry Charter for Climate Action den geplanten Netto-Null-Emissionen bis 2050 verschrieben.
Der Wandel sei jedoch bei weitem nicht so schnell, wie er sein müsste. So steht es im Report „Scaling Circularity“, der in Zusammenarbeit der Global Fashion Agena und McKinsey & Company entstand. Auch angeführt sind die harten Fakten hinter der Modeindustrie: Um die 2,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent stößt sie jährlich aus. Damit produziert sie vier Prozent der weltweiten Äquivalentemissionen, was etwa der gesamten Wirtschaft Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens zusammen entspricht. Die Branche ist außerdem für etwa 20 Prozent der weltweiten Abwassermengen und vier Prozent der Süßwasserentnahme verantwortlich. Mode ist also mit Schuld an der Wasserknappheit und der Verschmutzung von Gewässern.
Beschleunigung wünschenswert
Nun gibt es eben Ziele, die genau dort gegensteuern sollen. Dem Report zufolge ist die Industrie allerdings am besten Weg, das 1,5-Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens um das Doppelte zu überschreiten. Um auf dem richtigen Pfad zu sein, dürften statt 2,1 lediglich 1,1 Milliarden CO2-Äquivalent emittiert werden. Um den Ausstoß drastisch zu reduzieren, ist das Recyceln von Textilien unumgänglich. Das bedeutet einerseits eine Ausdehnung der Lebensdauer der Stücke und andererseits die Wiederverwendung einzelner Ausgangsmaterialien für neue Kleidung, um sich in weiterer Folge von neuen Rohstoffen entfernen zu können.
40 Prozent der Treibhausgasemissionen sind dem Report zufolge der Materialproduktion zuzuschreiben. Durch den alleinigen Ausbau der Kreislaufwirtschaft könnte ein Viertel der Emissionen reduziert werden. Entscheidend dafür ist natürlich die Investition ins Textilrecycling. Statt beharrlich auf den einen recycelten Stoff – Polyester – zu setzen, der einst groß gefeiert wurde, sollte man sich bemühen, weitere Alternativen finden. Aktuell wird weniger als ein Prozent des Textilmülls wiederverwertet – kritische Stimmen sprechen von einem Armutszeugnis für die Branche. Anzeichen für eine Wachstumsrate gebe es dem Bericht zufolge nicht.
Kreislauf ankurbeln
Die Technologien zum Recyceln von Altkleidern gibt es bereits, es sei nun daran, sie auch in großem Stil zu verwenden. Im Bericht wird für eine globale Recyclingindustrie plädiert. Mode könnte bis zu 80 Prozent zirkulär werden, würde man die vorhandenen Technologien ausbauen und entsprechend nutzen. Die Sammel- und Sortierinfrastruktur gilt hierbei als größte Herausforderung, es bräuchte Investition in großem Umfang. Unerreichbar sei das nicht, heißt es in dem Bericht, man denke an Papier- und Glassammelstellen, die innerhalb der EU weit verbreitet sind.
Um die Investitionen dahingehend zu erhöhen, muss erst die Nachfrage nach recycelten Stoffen bestehen. Marken, Hersteller und Recycler sind also gleichermaßen daran beteiligt, die Abhängigkeit von neuen Rohstoffen zu mindern. Das erfordert eine markenübergreifende Zusammenarbeit, gegen die sich die Modebranche bisher wehrt. Im Alleingang wird wohl niemand die Industrie reorganisieren. Die Autorinnen und Autoren des Berichts geben sich jedoch optimistisch, dass ein Umdenken in Richtung Kooperation nicht mehr weit ist.
Quelle: diePresse.com vom 26.11.201, (evdin)