06 Dec Diversität als Wettbewerbsfaktor
Last Updated on 2022-12-06
diepresse.com / Esther Reiserer, 18.04.2022
Um den Frauenanteil in Aufsichtsräten zu erhöhen, hat die Industriellenvereinigung mit dem ABZ Austria eine neue Initiative gestartet. Dabei treffen Erfahrungswerte auf jungen Ehrgeiz.
Frauen im Aufsichtsrat wirken sich positiv auf Diskussionen und Entscheidungsfindungen im Gremium aus, geht aus einer Studie des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung hervor. In Österreich hat sich der Frauenanteil in Aufsichtsräten börsenotierter Unternehmen seit Einführung der Quote vor drei Jahren von 22,4 auf 32,3 Prozent gesteigert. Doch neben der Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten ist entscheidend, dass Frauen auch in jene Positionen gelangen, die es ermöglichen, Veränderungs-prozesse voranzutreiben. Das Sparring-Programm der Industriellenvereinigung in Kooperation mit dem ABZ Austria soll dabei unterstützen.
„Diversität ist ein Wettbewerbsfaktor“, sagt Sabine Herlitschka, Initiatorin des Programms und Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria AG. „Wir wissen aus Studien, dass diverse Teams erfolgreicher sind“ – divers bezogen auf Geschlecht, Internationalität und Interkulturalität. Die Fragen, mit denen sich Unternehmen heutzutage auseinandersetzen müssen, seien komplex, die Erfolgswahrscheinlichkeit steige, je unterschiedlicher die Menschen seien, die sich mit den Themen beschäftigen: ein wichtiger Grund für sie, das Programm ins Leben zu rufen.
In diesem – ersten – Durchgang wurden 20 qualifizierte Frauen ausgewählt, um mit erfahrenen Aufsichtsräten jeweils ein Sparring-Team zu bilden. Zu diesen Experten zählt etwa der Manager und ehemalige Verbund-Vorstand Wolfgang Anzengruber. Er kenne kein Unternehmen, in dem Diversität negative Wirkungen erzielt habe, sagt er, „im Gegenteil, es ist immer eine Bereicherung gewesen“. Gebessert hätten sich seit Einführung der Frauenquote insbesondere das Kommunikationsklima und die Qualität der Diskussionen.
Offen und auf Augenhöhe
Als Mentoring könne das Programm nicht bezeichnet werden, meint Anzengruber. Schließlich soll nicht eine Person lehren und vermitteln, „sondern es geht darum, beidseitig zu lernen. Im 1:1- Sparring gelingt das gut.“ Es gehe dabei um das Kennenlernen der Persönlichkeiten, darum, herauszufinden, wie sie mit Themen umgehen, was ihnen mehr oder weniger gut liege, wo ihre Stärken am besten eingesetzt werden können. „Es hilft, offen und auf Augenhöhe miteinander zu reden. Nicht in einem Team, sondern im direkten Gespräch“, sagt er.
Wichtig sei auch, zu thematisieren, in welchem Umfeld sich Anwärterinnen souverän fühlen oder vor welchen Heraus-forderungen sie sich scheuen: „Von Erfahrungen anderer zu lernen ist sehr intelligent, aber es braucht Mut, direkt nachzufragen“, weiß Herlitschka. Eine Frauenquote allein reiche nicht, obwohl sie sich in Universitäts- und Aufsichtsräten dafür ausspricht: „Die Quote ist kein Schutzschild, aber sie wirkt.“ Das Sparring-Programm soll dabei helfen, talentierte Frauen langfristig zu stärken, sichtbar zu machen und zu vernetzen.
Transformation vorantreiben
Denn, stellt Anzengruber fest, alle Unternehmungen stünden jetzt vor einem großen Transformationsprozess. „Noch nie waren Themen wie Nachhaltigkeit und Diversität so zentral. Umso wichtiger ist es, breit aufgestellt zu sein.“ Neue Zugänge zu Interessen, Lebensläufe und Karrierewege abseits der eigenen seien unerlässlich. Es sei sogar fahrlässig, Teile der Bevölkerung außen vor zu lassen: „Die Breite der Gesellschaft und andere Kulturen abzubilden, das täte uns allen gut“, sagt er.