Ein „Dreigestirn“ vor neuen Herausforderungen

Ein „Dreigestirn“ vor neuen Herausforderungen

Last Updated on 2020-01-20
DI Thomas Schwalb / Geschäftsführer Institut Interne Revision Österreich

Wo „hakt“ es bei der Zusammenarbeit zwischen Interner Revision, Compliance und Aufsichtsrat in der Praxis? Und wie könnte man diese Zusammenarbeit in Zukunft verbessern? Darüber wurde im BDO-Headquarter von einer prominent besetzten Expertenrunde diskutiert.

Wie es um die Interaktion zwischen Interner Revision, Compliance und Aufsichtsrat bestellt ist wurde am 21. Mai 2019 bei einer Veranstaltung im BDO-Headquarter in Wien erörtert. Dazu eingeladen hatten das Institut für Interne Revision Österreich IIRÖ, der Compliance Officer Verbund (ÖCOV), die Governance- und Compliance-Plattform INARA, Board Search sowie die FH Campus Wien. Moderiert wurde der Abend von INARA-Geschäftsführerin Dr. Brigitta Schwarzer. Am Podium saßen Prof. Mag. Dr. Leo W. Chini (WU Wien), Dr. Josef Fritz (Board Search), Mag. Eva Graf (Chief Compliance Officer der OeNB), Mag. Andrea Rockenbauer (Leitung der Konzernrevision der Energie Oberösterreich AG), Prof. Dipl.-Ing. Mag. Friedrich Rödler (AR-Vorsitzender der Erste Group) sowie Mag. Markus Trettnak (Partner und Geschäftsführer der BDO Austria). Die rund hundert Teilnehmer wurden von Trettnak sowie von IIRÖ-Vorstandsmitglied Dr. Matthias Kopetzky begrüßt.

Chini – er ist auch Herausgeber der im Linde Verlag erscheinenden Zeitschrift „AR aktuell“ –sah in seiner Key Note die Interne Revision in der Pflicht, bei der Überprüfung der Compliance den Aufsichtsrat mehr zu unterstützen, da dieser im aktuellen wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld stark gefordert ist. Aufsichtsräte sind mit neuen Entwicklungen konfrontiert, etwa verstärkte Mitwirkung in der Unternehmensführung und direkte Verantwortung für die Unternehmensergebnisse, direkter Kontakt mit Aktionären sowie steigende Fit & Proper Anforderungen. Für das Compliance Controlling fehlen dem Aufsichtsrat Kompetenz, Wissen, Können und Zeit. „Warum sollten hochqualifizierte Techniker, Experten für internationales Marketing oder Digitalisierung sich mit Compliance beschäftigen“, so Chini. Angesichts dieser Überforderung werden kompetente Personen kaum noch bereit sein, die Verantwortung für das Compliance Controlling zu übernehmen.

Im Anschluss wurde von Mag. Ines Schubiger und Mag. Stephan Pichler die Ergebnisse einer branchenübergreifenden Umfrage zum Thema „Interaktion interne Revision, Compliance, Aufsichtsrat“ präsentiert. Schubiger leitet die Interne Revision bei einem Infrastrukturunternehmen, lehrt an der FH Campus Wien und ist ehemaliges Vorstandsmitglied des IIRÖ, Pichler ist Certified Internal Auditor und selbständiger Unternehmensberater mit langjähriger Erfahrung im Bereich Interne Revision. Die Umfrage wurde im März 2019 in Kooperation von IIRÖ, INARA, ÖCOV und FH Campus Wien durchgeführt, 84 TeilnehmerInnen – darunter 60 Prozent aus der IR – haben mitgemacht.

Bei der Umfrage sollte herausgefunden werden, welche Erwartungen und Wünsche Interne Revision, Compliance und Aufsichtsorgan für die Interaktion in Zukunft haben. Die High-Lights: Jeder vierte Interne Revisor wünscht sich, organisatorisch dem Aufsichtsrat zugeordnet zu werden. RevisorInnen wünschen sich mehr Management Audits. Weiters plädieren sie dafür, dass die Compliance Sonderuntersuchungen und Compliance Prüfungen durchführt. Alle Beteiligten wünschen sich mehr und bessere Kommunikation. Gefragt wäre vor allem persönliche Kommunikation, gleichzeitig ist man pessimistisch, dass es tatsächlich dazu kommt.

In näherer Zukunft wird u.a. eine verstärkte organisatorische Zuordnung der Internen Revision zum Aufsichtsrat erwartet, ebenso mehr anlassbezogene Berichterstattung an den Aufsichtsrat. Die Interne Revision rechnet mit mehr Management Audits, der Aufsichtsrat mit mehr Beratung. Bei der Kommunikation wird eine leichte Verbesserung erwartet. Schließlich dürfte es mittelfristig auch zu einer stärkeren Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen Interner Revision und Compliance kommen.

Zu Beginn der Diskussion betonte Schwarzer, dass die Interne Revision in großen Unternehmen eine unumgängliche Funktionseinheit ist. Wenn sie den Begriff IR hören, denken viele Menschen aber nicht an die Interne Revision, sondern an Investor Relations. Hier sei also Handlungsbedarf gegeben. Dann wurde diskutiert, wie die Interaktion zwischen Aufsichtsrat, Interner Revision und Compliance bei der Erste Group, der Energie Oberösterreich AG und der OeNB in der Praxis funktioniert.

Einig waren sich alle Diskutanten darüber, dass im Risikomanagement-System eines Unternehmens das Three-Lines-of-Defense-Modell (1. Vorstand, 2. Compliance, 3. Interne Revision, darüber Aufsichtsrat) das Modell der Zukunft sein wird.

Die Themenstellung klang zwar recht spröd, aber der Chini-Vortrag, die Präsentation der Umfrage-Ergebnisse sowie die lebhafte Diskussion mit Publikumsbeteiligung waren zwar facheinschlägig, aber auch äußerst launig.