Fachinterview: Ein Index als Visitenkarte

Fachinterview: Ein Index als Visitenkarte

Last Updated on 2020-03-19
Dipl. Ing. Gregor Rosinger, Chef der Rosinger Group, ist bereits seit 1985 mit Erfolg als Investor tätig.  Sein Finanzhaus hat mittlerweile 63 Unternehmen an die Börse gebracht. Im Gespräch mit INARA stellt er den Rosinger-Index vor und erläutert seine Investmentstrategie.

INARA: Die Corona-Krise ist derzeit das alles beherrschende Thema. Wie beurteilen Sie als erfahrener Investor und Börsenexperte die zu erwartenden wirtschaftlichen Auswirkungen?
Dipl.-Ing. Gregor Rosinger: Es könnte dazu führen, dass die Lehmann-Finanzkrise im Vergleich dazu eine Kleinigkeit war. Lehman war ein Einmaleffekt, nach wenigen Wochen konnten die Aufräumarbeiten beginnen. Bei Corona ist das anders. Diese Krise könnte ein Jahr oder länger dauern und im Worst-Case zu einem wirtschaftlichen Flächenbrand mit einigen Millionen an zusätzlichen Arbeitslosen führen.

INARA: Die Wiener Börse berechnet täglich den Rosinger-Index? Bitte erklären Sie uns, was dahinter steht.
Rosinger: Der Rosinger Global Investments Index (ROSGIX) ist einer von drei Customized Indizes an der Wiener Börse, wir bezahlen für die Berechnung und Veröffentlichung eine laufende Fee. Der ROSGIX ist über Finanzinstrumente nicht investierbar. Ebenso wie beispielsweise der DAX in Frankfurt ist der ROSGIX ein Performanceindex. Während Kursindizes wie der Wiener Leitindex ATX nur die Kursbewegungen widerspiegeln, beinhalten Performanceindizes Kursbewegungen und Ausschüttungen. Mit diesem Total-Return-Ansatz beweist der ROSGIX unsere Kompetenz und zeigt, dass wir auch in schwierigen Marktsituationen die richtigen Entscheidungen treffen.

INARA: Welche Titel sind im Rosinger-Index enthalten und wie hat er sich über die Jahre hinweg entwickelt?
Rosinger: Im ROSGIX sind unter anderem folgende Werte enthalten: AT&S, Royal Dutch Shell, Keyence, Uniqa und Zerobonds der IBRD/World Bank Group. Der Index, der ausschließlich zu Informationszwecken dient, startete am 1. Jänner 2015. Bis Ende 2019 gab es einen Anstieg von 170 Prozent und auch in der jetzigen Crash-Situation nur kleine Korrekturen. So liegt der Rosinger-Index ROSGIX zum Stichtag 16. März 2020 mit einem Stand von 2642,81 Punkten nur rund zwei Prozent niedriger als zum Jahresende 2019, während im selben Zeitraum bekannte Mainstream-Indizes teilweise 40 Prozent und mehr verloren haben.

INARA: Wie suchen Sie die Titel für den ROSGIX aus und auf welche Kriterien achten Sie dabei besonders?
Rosinger: Aktuell haben wir zehn Titel im Index, unser Regelwerk erlaubt 20. Grundsätzlich halten wir die Titel langfristig. Nur gelegentlich nehmen wir Umschichtungen vor, etwa wenn ein Corporate Bond (eine Unternehmensanleihe) ausläuft. Unser Portfolio ist industriedominiert mit nachhaltigen und umweltfreundlichen Elementen.

INARA: Was machen Sie anders als die Analysten der großen Banken?
Rosinger: Vor allem kann unser Konzern Risiken besser managen als andere. Während Bankanalysten meist vom Schreibtisch aus agieren, schaue ich mir ganz detailliert jedes Unternehmen an, das in unseren Index aufgenommen wird. An allen hält unsere Gruppe auch eine Beteiligung. Zusätzlich zu den börsenotierten Unternehmen im ROSGIX investiert die Rosinger Group auch in nicht börsenotierte Gesellschaften, die aber natürlich nicht in den Rosinger-Index aufgenommen werden können.

INARA: Ist der Rosinger-Index eine reine Marketing-Maßnahme oder welchen Nutzen hat er? Und für welche Zielgruppe ist er interessant?
Rosinger: Der ROSGIX ist für normale Anleger nicht interessant, sehr wohl aber für Unternehmen, die einen Börsengang anstreben oder die einen strategischen Beteiligungspartner oder Private Equity suchen. Diese Unternehmen erkennen am Index, dass unser Konzern ein ausgeprägtes Risikomanagement-System hat und wir diese Kompetenz als industriell denkender Partner in eine Zusammenarbeit und/oder Beteiligung einbringen können.  Als Konzern investieren wir selbst sowohl in börsennotierte Unternehmen, Listingkandidaten usw. als auch in nicht börsennotierte Unternehmen. Mit unserer Kompetenz schaffen wir einen Mehrwert für unsere Beteiligungsunternehmen, aber auch für unsere Kunden, sowohl in Bezug auf mögliche Finanzierungs- bzw. Wachstumsstrategien als auch entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das ist unser USP.

INARA: Wie wählen Sie generell ihre Investments aus?
Rosinger: Wir lassen uns dabei mehr von industriellen Gesichtspunkten leiten als von dem, was die Finanzmärkte machen. Finanzmarkt und Realwirtschaft entwickeln sich sehr oft nicht im Gleichklang, sondern unterschiedlich. Manchmal ist die Kursentwicklung an der Börse rational nicht nachvollziehbar, wenn etwa trotz guter Quartalszahlen oder einer vielversprechenden Akquisition der Aktienkurs nach unten geht. Ich investiere dann, wenn ich das Gefühl habe, es gibt ein Potenzial aus der Realwirtschaft, und ich kann in ein Unternehmen „günstig“ einsteigen, um an der Hebung dieses Potenzials mitzuwirken. Wir schauen uns auch ganz genau die Lieferketten an. Durch unsere unternehmerische Kernkompetenz sind wir auch in der Lage, Lieferketten zu optimieren.

INARA: Offenbar recherchieren Sie besonders gründlich…
Rosinger: Das stimmt, wir recherchieren mehr als alle anderen, das Umfeld, die Mitbewerber, die Markttrends, sogar in den Patentregistern halten wir Einschau. Auf diese Weise erkenne ich frühzeitig, also wenn ein Unternehmen noch nicht am Radarschirm der Öffentlichkeit und der Medien aufscheint, ob es über eine spannende Technologie verfügt. Unser Entscheidungs-„Trigger“ ist das Wertschöpfungspotenzial eines Unternehmens und zwar sowohl produkt- als auch marktseitig. Alle unsere Investments sind langfristig orientiert.

INARA: Können Sie uns ein Beispiel für Ihren Informationsvorsprung geben?
Rosinger: Durch unsere ständige und intensive Befassung mit der Weltwirtschaft können wir Veränderungen in den Indikatoren sehr frühzeitig erkennen. So haben wir etwa gesehen, dass China wirtschaftsmäßig schon im vierten Quartal 2019 geschwächelt hat. Corona war daher nicht die Ursache, sondern nur der Auslöser für den Rückgang. China hatte schon längere Zeit große Probleme mit den Supply Chains und damit ein erhebliches Liquiditätsproblem. Die Hälfte des Wirtschaftswachstums kommt aus China, da ist es kein Wunder, dass sich die Probleme des Landes direkt auf die Weltwirtschaft auswirken. Frühzeitig haben wir auch den Trump-Effekt, also die Renationalisierung der Wirtschaft, analysiert.

INARA: Zurück zum Index: Warum brauchen Sie zur Darstellung Ihrer Kompetenz die Wiener Börse?
Rosinger: Die Börse ist unsere Berechnungspartner und unterstreicht die Seriosität und Nachhaltigkeit des Index. Sie ist als objektiver Berechnungspartner verlässlich und „über alle Zweifel erhaben“.

INARA: Welche Bedeutung hat kurz gefasst der ROSGIX für Ihr Haus?
Rosinger: Der Rosinger-Index ist eine Visitenkarte der Rosinger Group.  Er beruht auf objektiven Berechnungen, mit seiner Hilfe kann ein potenzieller Börse- oder Private-Equity-Kandidat schon im Vorfeld beurteilen, wie gut wir als Finanzhaus die Kapitalmärkte und die Realwirtschaft kennen.

 

(C) FotoLois.com, Alois Spandl, Portrait – Gregor Rosinger, Sa 13. Juli 2019.

https://www.rosingerfinance.com

https://www.wienerborse.at/emittenten/boersegang-ipo/capital-market-coach/rosinger-group/

https://www.wienerborse.at/indizes/aktuelle-indexwerte/uebersicht/?ID_NOTATION=201653404&ISIN=AT0000A1YXV6

Autorin: Brigitta Schwarzer