„Greenfit“ bringt mehr Bewegung in Wohnanlagen

„Greenfit“ bringt mehr Bewegung in Wohnanlagen

Last Updated on 2023-04-13
immobilien-redaktion.com / Walter Senk, 24.03.2023   Christine, bitte kein Lektorat

Die soziale Nachhaltigkeit ist im Wohnbau derzeit noch das Mauerblümchen neben der in Zeiten der Klimakrise dominanten ökologischen Nachhaltigkeit. Das Konzept „Greenfit“ vereint nun Klimaschutzmaßnahmen mit Bewegungs- und damit Gesundheitsförderung im Wohnbau. Und das auch ziemlich kostengünstig.

„ESG“ ist aktuell und wohl noch über Jahre ein Schlüsselthema für die Immobilienwirtschaft. Doch während das „E“ für Environment mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen von Alternativenergie bis Reduktion der Bodenversiegelung immer mehr mit Leben erfüllt wird, sieht es mit dem „S“ für Social meist noch recht bescheiden aus.

Mit dem Bewegungsförderungsprogramm „Greenfit“ will Thomas Brey, mit seiner Agentur M&B PR seit vielen Jahren im Bereich Immobilienkommunikation und -marketing tätig, das nun gründlich ändern. Die ersten Projekte sind bereits realisiert, nun soll das Konzept breit ausgerollt werden.

Wie funktioniert „Greenfit“ und was soll es bringen?

Thomas Brey: Greenfit ist ein Programm zur Bewegungsmotivation und Bewegungsförderung, das im Idealfall mit der Pflanzung zusätzlicher Bäume auf Grünflächen von Wohnanlagen verbunden wird. Es besteht aus „Bewegungsinseln“, bei denen Greenfit-Infotafeln mit jeweils zwischen 15 und 20 alltagstauglichen Fitnessübungen dazu einladen, die Freifläche für mehr Bewegung zu nutzen.

Die Innovation dabei ist, dass wir keine konventionellen Schilderhalter mit Betonfundamenten, viel Metall etc. verwenden, die irgendwo zwischen den Bäumen aufgestellt werden und unvermeidlich auch den offenen Charakter eine Grünfläche (zer)stören, sondern, dass wir den neugepflanzten Baum zu einem Teil und zum Zentrum der Bewegungsinsel machen. Wir haben ganz einfach den ohnehin erforderlichen Baumstützen, die Jungbäume gegen Wind schützen, eine zweite Funktion gegeben und sie zu Trägern der Infotafeln gemacht.

Das Trainingsprogramm, das wir anbieten, kommt gänzlich ohne Sportgeräte aus. Für die meisten Übungen braucht man ein klein wenig Platz, zusätzlich nutzen wir je nach örtlichen Gegebenheiten Stufen, Geländer, Bänke, Baumstämme etc. als „natürliche Fitnessgeräte“.

Wie kamen Sie auf die Idee?

Ausgangspunkt war das vom Sportministerium und vom Fonds Gesundes Österreich gefördertes Projekt „Wohnfit“ zu Bewegungsförderung im Wohnumfeld. Dieses entstand während der Pandemiezeit, als die üblichen Sportmöglichkeiten in Vereinen und Fitnessstudios großteils fehlten, und ist eigentlich sensationell gut angekommen.

Als das Sportministerium im Vorjahr einen Förderschwerpunkt „Nachhaltiger Sport“ setzte, war das der Anlass, sozusagen eine Ökoschiene für Wohnfit, eben Greenfit, zu entwickeln. Ich denke, dass uns wirklich eine nahezu perfekte Lösung gelungen ist: Greenfit benötigt keine zusätzlichen Flächen, es wird kein Boden versiegelt, der ressourcenverbrauch liegt nahe Null, die Bewegungsinseln sind wiederverwendbar und mobil und am Ende 100prozentig recyclingfähig. Durch die Kombination mit der Baumpflanzung hat jede Bewegungsinsel sogar eine stark positive Ökobilanz.

Für Wohnbauträger ist es sowohl für den Bestand als auch für den Neubau eine sehr einfache Möglichkeit, einen wesentlichen Fortschritt bei der Erreichung von ESG-Zielen zu schaffen und am Ende damit sogar noch Geld zu sparen.

Also weniger als nichts wird Greenfit wohl nicht kosten…

Natürlich nicht. Aber Faktum ist, dass die Wohnbauunternehmen in den kommenden Jahren von vielen Seiten, vom Gesetzgeber, Behörden, Eigen- und Fremdkapitalgebern und immer mehr auch den Kunden, unter Druck kommen werden, ESG-Verpflichtungen ernst zu nehmen und zu erfüllen. Und auch wenn jetzt hauptsächlich von Klimazielen die Rede ist, die Verpflichtung zu besserer sozialer Nachhaltigkeit kommt wie das Amen im Gebet. Dabei wiederum werden Bewegung und Gesundheit eine zentrale Rolle spielen.

Die traditionelle Antwort auf diese Problemstellung waren immer entweder Bewegungsräume oder im Freien Motorikparks – beides super, aber bei einem einigermaßen vernünftigen Bewegungsraum reden wir über Millioneninvestitionen, bei einem Motorikpark mit Recks, Barren etc. auch über sechsstellige Beträge, vom Platzbedarf und den laufenden Betriebs- und Wartungskosten ganz zu schweigen. Mit Greenfit hingegen müssen Sie sich schon wirklich anstrengen um mehr als 3000 oder 4000 Euro für eine große Wohnanlage auszugeben. So gesehen ist Greenfit auch eine extrem kostengünstige Schutzimpfung gegen andere Vorgaben, die vielleicht das Hundertfache kosten und möglicherweise kaum mehr bringen.

OK, die Kosten sind sehr überschaubar. Aber wie sieht es mit dem Nutzen für die Bewohner aus?

Greenfit ist eine Einladung zu einem aktiven, gesunden Lebensstil und eine Erinnerung daran, dass die Möglichkeit für jede Art von Bewegung buchstäblich vor der eigenen Haustür wartet. Das möglichweise typisch österreichische, jedenfalls aber nicht zielführende Raunzen „Wo soll i denn Spuat mochn?“ ist in 10 von 10 Fällen Unsinn. Greenfit schafft Bewusstsein dafür, vom banalen Stiegensteigen statt Lift, über die kleine Haltungsübung zwischendurch bis zu umfassenden Workouts. Natürlich liegt es am Einzelnen, dieses Angebot wahrzunehmen, aber das ist auch bei deutlich aufwendigeren Bewegungsangeboten der Fall und vor allem für sportlich weniger aktive Menschen ist die Hemmschwelle bei Greenfit jedenfalls viel niedriger als etwa bei einem Motorikpark, in dem die meisten Leute auf die Geräte nicht einmal hinaufkommen.

Gibt es schon ein Projekt, bei dem Greenfit umgesetzt wurde?

Der bisher größte Greenfit-Parcours wurde passenderweise in der „Grünen Mitte“ in Linz, einem großen Gemeinschaftsprojekt der Gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften GWG, LAWOG, BRW, Familie, WSG, Neue Heimat und OÖ Wohnbau, verwirklicht, dort wurde die erste „Greenfit“-Anlage Österreichs eröffnet. Dafür wurden sieben neue Bäume gepflanzt, Ziel ist es, die rund 14.000 m² große Freifläche ökologisch aufzuwerten und vor allem für eine intensivere Nutzung des Areals zu sorgen.

In Wien haben wir ein Projekt im George Washington Hof, bei dem wir eine Adaption des Programms für Gemeindebauten erarbeiten und in der Seestadt Aspern wird Greenfit von der Gesiba und der EGW eingesetzt.

Für wen ist das Bewegungsprogramm konzipiert?

Das Basisprogramm besteht aus mehr als 100 einfachen bis mittelschweren Übungen für mehr oder weniger jedermann, wobei der Fokus eben nicht auf supersportlichen Menschen liegt, sondern auf denen, die den berühmten „ersten Schritt“ machen sollen. Indoor läuft das Programm unter „Wohnfit“ und inkludiert auch Motivationstafeln, die mit ein wenig Augenzwinkern darauf hinweisen, dass man auch die Stiege und nicht immer nur den Lift nehmen könnte – das ist vielleicht der Punkt, bei dem wir die schnellste Verhaltensänderung bei den Bewohnern feststellen.

Zusätzlich gibt es ein Programm „Greenfit senior“ für alte Menschen, jetzt gerade arbeiten wir an mehreren Spezialprogrammen mit Eltern/Kind-Übungen, einem Programm für Kinder und an „Greenfit Challenge“ für Jugendliche und sportliche Erwachsene, die mit unseren Basisprogrammen eventuell unterfordert sind. Also eigentlich sollte wirklich jeder etwas für sich finden.

Sie haben eingangs erwähnt, dass die Baumstützen die eigentlichen Trainingsgeräte sind. Hat sich das nicht irgendwann überholt?

Das stimmt. „Greenfit“ hat ein Ablaufdatum, weil es mit der Baumbepflanzung verbunden ist und die Baumstützen nach einigen Jahren wegkommen. Aber der Grundgedanke ist, zunächst einmal von Anfang an eine Trainingsmöglichkeit innerhalb der Wohnanlage zu schaffen. In der Zwischenzeit können sich die Verantwortlichen weitere Möglichkeiten überlegen. „Greenfit“ lässt sich auch ausbauen. Man sieht ja, ob und wie die Bewegungsmöglichkeiten angenommen werden und viele Nutzerinnen und Nutzer werden da sicher auch noch weitere Ideen einbringen.

„Greenfit“ ist ein Startschuss für ein gesünderes Leben und für die Bauträger in Richtung ESG.

Quelle: „Greenfit“ bringt mehr Bewegung in Wohnanlagen (immobilien-redaktion.com)