Gute Vorsätze quo vadis?

Gute Vorsätze quo vadis?

Last Updated on 2022-01-13
Dr. Christine Domforth

Was die Politik, die Wirtschaft, aber auch wir alle künftig anders machen sollten. Dabei geht es nicht nur um Corona.

Der Weg zur Hölle ist – so sagt es ein Sprichwort – mit guten Vorsätzen gepflastert. Dennoch fassen viele Menschen Jahr für Jahr zu Silvester gute Vorsätze, die sie spätestens Ende Jänner wieder vergessen haben. Darüber gibt es sogar Statistiken. Weniger Zigaretten oder Alkohol, abnehmen, mehr Sport betreiben, gesünder essen, zur Vorsorgeuntersuchung gehen, mehr Zeit für die Familie – das sind die „Klassiker“. Neu hinzugekommen: das Handy ab und zu abdrehen oder die Aktivitäten auf Facebook, Instagram & Co. reduzieren.

Mit ihren Handys und WhatsApp-Chats künftig ebenso vorsichtig umzugehen wie mit Meinungsumfragen, haben sich Österreichs Politiker für 2022 wohl ganz fest vorgenommen. Noch wichtiger wäre freilich endlich ein professioneller Umgang mit Corona. Wir stecken zwar seit fast zwei Jahren in der Pandemie fest, aber die Politik reagiert – ganz egal, wer gerade Bundeskanzler oder Gesundheitsminister ist – bei jeder neuen Virus-Welle wieder viel zu spät, chaotisch und mit Maßnahmen, die teilweise total widersprüchlich sind und oft rasch wieder zurückgenommen werden (müssen). Was sich gerade rund um die Impfpflicht abspielt, passt in das traurige Bild, das sowohl die Bundespolitik als auch die wieder erstarkten „Landesfürsten“ hier abgeben.

Pandemie als Management-Aufgabe

Dass es auch anders geht, zeigt Österreichs Wirtschaft. Sieht man von einigen Branchen ab, die von Corona schwer gebeutelt wurden und werden, bedeutete die Pandemie für die Unternehmen eine Management-Aufgabe, die zwar anfangs extrem herausfordernd war, aber mittlerweile gelöst ist. Würde sich ein Manager heute noch auf Corona ausreden, wäre er längst weg vom Fenster, meinte kürzlich der Chef eines heimischen Konzerns.

Grüner life-style allein reicht nicht

Künftig mehr auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu achten, ist die große Aufgabe für die Gesellschaft, die Wirtschaft, aber auch für jeden einzelnen. Bis auf einige wenige hartnäckige Klimawandel-Leugner – schlucken die eigentlich auch Pferde-Wurmmittel oder doch lieber Globuli? – hat sich diese Erkenntnis mittlerweile bei fast allen Menschen durchgesetzt. Vorsatz und Realität klaffen aber oft auch weit auseinander, jeder von uns sollte sich überlegen, was er selbst dazu beitragen kann, dass auch die nächste Generation den Planeten noch bewohnen kann. Regelmäßig mit dem SUV zum Biobauern fahren und seinen Fair-Trade-Kaffee mit Hafermilch trinken, wird wohl nicht reichen.

Keine leeren Versprechungen bitte!

Die Politik muss beim Klimaschutz Vorgaben machen, sollte dabei aber die Realität nicht einfach ausblenden. Sonnenstrom und Windkraft sind nicht allzeit und auf Knopfdruck verfügbar, es braucht zusätzlich Reservekapazitäten. Wenn Kohle und Gas künftig tabu sind, werden manche Länder mangels ausreichend viel Wasserkraft zumindest für eine Übergangszeit Atomstrom benötigen, um den durch die E-Autos noch kräftigen steigenden Strombedarf zu decken. Und auch wenn Autos künftig mit Strom statt mit Benzin oder Diesel fahren, werden sie dennoch Straßen brauchen. Darüber zumindest nachzudenken, wäre ein guter Vorsatz.

Corona und Klimaschutz (über)fordern Österreichs Politik zwar kräftig. Dennoch sollten sich die Regierenden zumindest mittelfristig auch mit dem Pensionssystem beschäftigen. Die Pandemie reißt ein großes Loch in die Staatsfinanzen, gleichzeitig steigt die Zahl der Pensionsbezieher, die noch dazu immer länger leben. Dieses Thema zu negieren, wird sich Österreich auf Dauer nicht leisten können. Lösungsvorschläge gibt es genug, man muss sie nur umsetzen.

Österreichs Wirtschaft sollten sich ebenfalls mit der demografischen Entwicklung befassen. Schon jetzt fehlen in den Betrieben an allen Ecken und Enden die Fachkräfte. Wenn in den kommenden Jahren die Babyboomer-Pensionsantritte weiter Fahrt aufnehmen, wird die Situation noch dramatischer. Mehr Lehrlinge ausbilden und attraktive Arbeitsbedingungen wären erfolgversprechende Vorsätze. Außerdem sollten sich die Firmen bemühen, die Mitarbeiter länger im Betrieb zu halten. Erfahrene ältere Mitarbeiter aus Kostengründen durch jüngere zu ersetzen, wurde lang praktiziert. Menschlich in Ordnung und vernünftig war das nie, künftig wird es einfach nicht mehr funktionieren, weil zu wenige Junge nachrücken.

Geistige Offenheit wäre gefragt

Wir Österreicher sind gegenüber der Wissenschaft extrem skeptisch bis feindlich eingestellt. Da wird von manchen die Existenz von Corona glatt geleugnet, andere lehnen Impfungen grundsätzlich ab, schwören auf Homöopathie oder halten den Klimawandel für eine „Erfindung“ der Medien. Über Gentechnik oder die Atomkraft darf hierzulande nicht einmal gesprochen werden. Hier mehr Offenheit an den Tag zu legen und sich mit Dingen ernsthaft zu beschäftigen, auch wenn sie schwer verständlich sind und einem zunächst vielleicht Angst machen, wäre ein guter Vorsatz. Wenn er heuer nicht gelingt, dann vielleicht im nächsten Jahr.