21 Dec Hilfe auf Augenhöhe
Last Updated on 2021-12-21
Brigitta Schwarzer
Wirtschaftlich erfolgreich und sozial engagiert: das darf in unserer Gesellschaft kein Widerspruch sein. Dann kann sie jenen, die es im Leben besonders schwer haben, ein „soziales Gesicht“ präsentieren.
Vom „Sozialen Gesicht“ ist heute häufig die Rede. Wirtschaftsorganisationen, gemeinnützige Einrichtungen, Städte und Gemeinden und besonders die Politik strapazieren diesen Begriff gerne. Gemeint ist, für jemanden etwas zu tun oder ihm etwas zu geben, ohne dafür eine entsprechende Gegenleistung zu erwarten. Diese Hilfe wird aber oft „von oben herab“ geleistet, wirkt irgendwie gönnerhaft. Auf Augenhöhe läuft hier nichts ab.
Allerdings gibt es auch Ausnahmen von dieser Regel und die werden erfreulicherweise immer zahlreicher. Seit CSR-Vorgaben Standard geworden sind, entwickeln viele Unternehmen, Institutionen und Organisationen in diesem Bereich viel Engagement. Soziales Wirken ist für sie keine „Masche“ oder lästige Pflicht, man versucht vielmehr, es bedarfsgerecht zu gestalten und zu individualisieren. Sehr oft geht der Trend weg vom „reinen Spenden“, es werden konkrete Projekte und Initiativen ausgewählt und dann entsprechend unterstützt. Auch Hilfe zur Selbsthilfe wird immer wichtiger, hier sind vor allem gemeinnützige Organisationen und engagierte Start-ups sehr aktiv. Diese Vorbilder sollten künftig noch mehr Nachahmer finden.
Auch wenn in Corona-Zeiten das Motto galt, „Koste es, was es wolle“, ist Geld doch ein knappes Gut, steht also nicht in beliebiger Menge zur Verfügung. Ständig an der Steuerschraube zu drehen ist kontraproduktiv, es gilt, die Wirtschaft leben zu lassen. Einschnitte im sozialen Bereich sind oft unpopulär, können aber grundsätzlich ihre Berechtigung haben. Wichtig ist, dass die freiwerdenden Mittel in Wirtschaft, Innovation und Bildung fließen, denn ohne einen funktionierenden Wirtschaftsstandort gibt es keinen Sozialstaat.
Dennoch: In Österreich soll jeder genug zu essen, ein Dach über dem Kopf haben und ein menschenwürdiges Leben führen können. Sozialschmarotzer sind natürlich ein Übel und sollten bekämpft werden. Aber es gibt auch Menschen, die es im Leben nicht gut getroffen, sondern schwer zu kämpfen haben. Dazu gehören beispielsweise AlleinerzieherInnen, bei denen das monatliche Einkommen kaum für die notwendigsten Ausgaben reicht, ältere Menschen, die ihren Job verloren und keine Aussicht auf einen neuen haben oder Schulabbrecher, die sich auf dem Arbeitsmarkt besonders schwertun.
Gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt brauchen diese Menschen neben materieller Unterstützung auch Wertschätzung und Zukunftsorientierung. Die Gesellschaft sollte ihnen ein „soziales Gesicht“ präsentieren, auf ihre Bedürfnisse eingehen und den sozialen Dialog eröffnen – und zwar auf Augenhöhe.
Auch schon mit relativ geringen Summen kann man Gutes tun und viel bewirken. Es ist kein Widerspruch, wirtschaftlich erfolgreich und sozial engagiert zu sein. Unternehmerisch tätig sein heißt auch, soziale Verantwortung zu übernehmen.
Wenn wir jene Menschen, die es im Leben schwer haben, tatkräftig unterstützen und ihnen Perspektiven für ihre Zukunft eröffnen, dann haben wir etwas richtig gemacht.