08 Nov Hoher Einsatz, bescheidene Gage
Last Updated on 2019-11-14
Kontrollore erhalten hierzulande viel weniger als in Deutschland.
Ein bisschen Tratsch und Klatsch, ein paar Brötchen, garniert mit wenigen Unternehmensdaten: So mögen Aufsichtsratssitzungen tatsächlich abgelaufen sein. Früher. Heutzutage ist das eine Seltenheit. Denn es sind nicht nur die Aufgaben der Kontrollore mit den Anforderungen an „ihre“ Unternehmen deutlich gestiegen – auch ihre Verantwortung ist gewachsen. Und damit die Gefahr, für das Wegschauen bei heiklen Manövern des Managements von den Aktionären zur Rechenschaft gezogen zu werden.
„Die Verwirklichung einer verantwortlichen, auf Wertschöpfung ausgerichteten Leitung und Kontrolle von Unternehmen ist eine der bedeutendsten betriebswirtschaftlichen Aufgabenstellungen“, sagt Ewald Aschauer, Professor für Systemstabilität, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensüberwachung am Institut für Unternehmensrechnung und Wirtschaftsprüfung der Uni Linz. Aschauer und sein Professorenkollege Roman Rohatschek haben sich die Arbeitsweise der Aufsichtsräte in 243 börsenotierten Unternehmen in Österreich und Deutschland angesehen.
Kernaussage ihres „Corporate Governance Monitor“, der – unterstützt von der B&C-Privatstiftung – in Kooperation mit dem Board Service Center an der Uni Linz erarbeitet worden ist: hoher Einsatz, aber bescheidene Gagen – was die Situation österreichischer Aufsichtsräte betrifft.
Beträgt die durchschnittliche Vergütung für einen Aufsichtsrat in Österreich 14.000 bis 23.000 Euro im Jahr, so kassieren die deutschen Kontrollore zwischen 68.000 und 172.000 Euro. Wobei es hierzulande noch an Transparenz mangelt – zwei Drittel der gelisteten Unternehmen weisen nur die Gesamtvergütung des Gremiums aus.
So oder so – die Vergütung ist hierzulande zu niedrig, lautet Aschauers Schlussfolgerung. Zumal auch der Arbeitsaufwand deutlich steigt. Gesetzlich sind mindestens vier Aufsichtsratssitzungen pro Jahr vorgesehen. Im Schnitt finden hierzulande und in Deutschland fünf bis sechs Treffen statt. Dazu kommen bei den größeren Unternehmen 16 (Deutschland) bzw. 21 (Österreich) Ausschusssitzungen.
Wolfgang Hofer, Vorstandsmitglied der B&C-Privatstiftung, fordert deshalb eine höhere Vergütung: „Für ein Unternehmen kann eine unattraktive Vergütung auch zu einem Risiko werden, wenn es den Aufsichtsrat nicht mit entsprechend kompetenten Fachleuten besetzen kann.“ Es gehe aber darum, die besten Köpfe auch in das Aufsichtsgremium zu bekommen.
Gefragt seien Wissen, Kompetenz und differenzierte Qualifikationen. Dominierten einst Seniorität und die frühere Position, so gehe es jetzt um eine gute Durchmischung, heißt es in der Studie. Diese Diversität werde auch durch die Kür von Frauen – die Quote schreibt ohnedies mehr weibliche Aufsichtsräte vor – und jüngere Mitglieder erreicht, die oft einen anderen Zugang mitbrächten. Wobei Kontinuität Sinn macht. Im Schnitt bleiben Aufsichtsräte vier Jahre in ihrer Funktion – dabei gibt es keine Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland. Sehr wohl aber, was das Verhältnis der Aufsichtsrats- zur Vorstandsvergütung betrifft. Hierzulande verdient ein Vorstand im Schnitt das 24- bis 26-Fache im Vergleich zum Aufsichtsratshonorar, in Deutschland nur das 18-Fache.
Nach Ansicht der Studienautoren sollte die Gesamtvergütung des Aufsichtsrats beim Durchschnittssalär eines Vorstandsmitglieds liegen. Das würde bedeuten, dass dem Kontrollorgan die Verantwortlichkeit eines Vorstands zukomme, heißt es.
Quelle / ganzer Bericht: diePresse.com vom 06. November 2019, Hedi Schneid