Im Gespräch: „Wir verlieren unsere Rolle als Gastgeber Nr. 1“

Im Gespräch: „Wir verlieren unsere Rolle als Gastgeber Nr. 1“

Last Updated on 2021-02-04
 

Er gilt als „Mister Beach Volleyball“ und ist Inhaber einer der renommiertesten Event- und Kommunikationsagenturen Österreichs: Hannes Jagerhofer bei einem Online-Vortrag vor dem Rotary-Club Klosterneuburg über die hohe Umwegrentabilität von Großevents und Compliance-Regeln, die nicht nur ihm das Leben schwer machen.

2020 hat ihm Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch heuer im August will Hannes Jagerhofer, sofern es die Corona-Situation zulässt, wieder ein Großturnier veranstalten und zwar die Beach Volleyball EM 2021. Begonnen hat alles 1996 in Klagenfurt. Dort fand am Wörthersee das erste Austrian Masters Turnier statt. Beach Volleyball war damals in Österreich noch weitgehend unbekannt, die von Jagerhofer aufgebauten Tribünen blieben leer. „Erst ein paar Kisten Freibier lockten einige Zuschauer aus dem Strandbad nebenan zu uns herüber,“ erzählt er schmunzelnd.

Doch bald wurde Beach Volley, bei dem die Elemente Sport, Musik und Unterhaltung einander perfekt ergänzen, auch hierzulande populär. Jagerhofer zog für Klagenfurt internationale Meisterschaften, darunter die WM 2001, an Land, die Kärntner Landeshauptstadt galt bald als das Wimbledon des Beach Volleyballs. 2017 kam dann die Übersiedlung in die Bundeshauptstadt, konkret auf die Wiener Donauinsel. Wien hatte den Zuschlag für die WM bekommen, es sollte mit einem Budget von 7,2 Millionen Euro das größte Beach Volleyball-Event aller Zeiten werden.

Spektakuläre Bilder bringen enorme Aufmerksamkeit

Jagerhofer war schon immer ein umtriebiger Unternehmer. Begonnen hatte der Kärntner vor Jahren mit Clubbings, entwickelte dann die mittlerweile wieder verkaufte Reisesuchmaschine checkfelix und betreibt heute neben dem Event-Management u.a. checkrobin, einen Versanddienstleister für kleine Webshops. Bei Großveranstaltungen wie dem Beach Volleyball-Turnier geht es nicht ohne Sponsoren und die wollen natürlich wissen, was sie für das eingesetzte Geld bekommen, also welcher Werbewert damit im Fernsehen, in den Printmedien und – heute besonders wichtig – in den social media erzielt wird. Deshalb gab der FIVB (Fédération Internationale de Volleyball) beim Marktforschungsunternehmen Nielsen eine Umwegrentabilitäts-Studie in Auftrag.

Schon ein einziges Video kann weltweit enorme (Werbe)Wirkung erzielen, betont Jagerhofer und präsentiert gleich ein spektakuläres Beispiel: „Das Riesenrad ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Wiens. Und dort oben auf den Waggons in 62 Meter Höhe haben wir im Vorfeld der WM 2017 zwei Teams gegeneinander spielen lassen. Dieser Jahrhundert-Shot erzielte in Print und digital weltweit 172 Millionen Kontakte, 40 Fernsehstationen rund um den Globus haben das coole Video gezeigt.“ Alle Sponsoren – darunter u.a. Swatch und Red Bull – waren natürlich happy, ebenso die Stadt Wien, die Jagerhofer bei dem Event sehr unterstützte und auch heuer unterstützen wird.

Beach-Volleyball-Turnier bewegt Millionen

Bei der zehntägigen Beach Volleyball WM 2017 wurden insgesamt 57.358 unique visitors gezählt, die im Schnitt 2,5-mal zu den Matches kamen. Der Tross aus Spieler, Trainern, Funktionären, Betreuern und sonstiger Entourage bestand aus insgesamt 5100 Menschen. Quer über alle Kanäle wurde ein kumuliertes Publikum von 160,8 Millionen in 55 Ländern erreicht. „Der gesamte wirtschaftliche Impact des Turniers für Wien belief sich auf 13,6 Millionen Euro,“ rechnet Jagerhofer vor. Zählt man noch hinzu, was die Besucher der Veranstaltung in der Stadt für Unterkunft, Verpflegung, Souvenirs etc. ausgegeben haben, kommt man laut Nielsen auf 46 Millionen Euro.

Wenn Einladungen zum Problem werden

Neben Corona macht Jagerhofer vor allem das Thema Compliance schwer zu schaffen: „Das ist brutal und muss aufgebrochen werden. Die relevanten VIPs kommen nicht mehr, wenn man sie einlädt. Jeder hat Angst, weil sofort gefragt wird, wer hat den eingeladen,“ beklagt er. Das Problem sei weniger das Gesetz, also das Korruptionsstrafrecht an sich, sondern es sind die firmeninternen Compliance-Abteilungen. Die seien die strengsten und würden nach Aussage von Jagerhofer „außer Kulis und Klumpert“, das weniger als fünf Euro kostet, nichts mehr akzeptieren. Und er erzählt von einem deutschen Politiker, einem verantwortlichen Innensenator. Dem habe man nach der Veranstaltung eine Dokumentation plus T-Shirt geschickt: „Und es wurde alles wieder zurückgeschickt.“ Sogar ein gerahmtes Poster von der Veranstaltung wurde von einem Empfänger retourniert. Auch die Sponsoren, die früher Events wie das Beach Volleyball-Turnier erfolgreich für B2B-Kontakte genützt haben, bekommen wegen der strikten Compliance-Vorschriften zunehmend Probleme.

Österreich, so der Eventmanager weiter, sei immer die Gastgeber-Nation Nr. 1 gewesen, das sei unsere Stärke. Gastgeber sein bedeute, die Leute davon zu überzeugen, wie cool es bei uns ist. „Wenn wir keine Einladungen mehr aussprechen dürfen, werden wir diese Gastgeberrolle bald verloren haben,“ ist Jagerhofer überzeugt und appelliert an die Politik, „das bitte zu überdenken.“ Die Politik müsse den ersten Schritt machen, damit alle anderen nachziehen. Er selbst habe bereits mit Vertretern der Regierung über dieses Problem gesprochen, unter dem wohl alle großen Sportevents, aber auch viele Kulturveranstalter leiden.

 

Hannes Jagerhofer by Simone Attisani Photography

 

www.acts.at

Autorin: Brigitta Schwarzer