Im globalen Wirtschaftskrieg bestehen

Im globalen Wirtschaftskrieg bestehen

Last Updated on 2023-03-16
Mag. Manfred Kainz

Sein Thema lautete „Energiesicherheit”, aber es war absehbar und vom Publikum wohl auch erwartet, dass seine Ausführungen sich nicht darauf beschränken würden: Christian Kern, u. a. ex-Bundeskanzler, ex-SPÖ-Vorsitzender, ehemaliger Verbund-Vorstand und ÖBB-Vorstandschef, machte als Vortragender beim Fonds professionell Kongress eine Tour d´ horizon durch Wirtschaft und (Geo)Politik.

Vor dem mit mehr als 1000 Repräsentanten der meisten namhaften österreichischen und internationalen Kapitalanlagegesellschaften überfülltem Saal baute er gleich zu Beginn vor: Zur Zukunft der SPÖ müsse man andere fragen, die sich da besser auskennen…

Zur (künftigen) Energiesicherheit stellte Kern mit Verweis auf den „Auslöser” Russlands Krieg gegen die Ukraine fest, wie „verletzlich” wir versorgungsmäßig (geworden) seien. Wir seien in einer Phase angekommen, die man als „globalen Wirtschaftskrieg bezeichnen” könne. Wir stehen vor einer „neuen Ära” und seien gefordert, unser Wirtschaftssystem weiter zu entwickeln. Kern erwartet „Planungssicherheit erst wieder, wenn der Ukrainekrieg zu einem Ende kommt”. Und dahin werde es „keinen Shortcut, keine Abkürzung” geben; der wirtschaftliche Druck der Sanktionen habe kurzfristig nicht zum gewünschten Effekt geführt. Daher werden wir uns mit den ökonomischen Auswirkungen noch länger auseinandersetzen müssen. Und was die US- & EU-Rüstungsgüterproduktion betrifft, haben wir „nach einem Jahr Krieg noch nicht in einen Modus geschaltet, dass die Ukraine den Krieg gewinnen kann”.

Neben den immensen Kosten für den Wiederaufbau der Ukraine müssten wir „wirtschaftlich resilienter werden”: mit Ausbau der transnationalen Netze und der erneuerbaren Energien. Das werden „Riesensummen, die der Staat schultern muss”. Dazu komme die demografische Entwicklung, die unsere Sozial- und Finanzierungsstrukturen verändert. Und wenn es „billige Rohstoffe” nicht mehr gibt, werde auch der produzierende Sektor unter „Anpassungsdruck” kommen.

Digitalisierung und KI

Mit weniger Produktion mehr Einkommen und Wohlstand schaffen? Das gehe, so Kern, durch „Stärkung des Servicesektors, Digitalisierung und Produktivitätsgewinn”. Hierfür werde „KI wesentlicher Faktor im wirtschaftlichen Wettbewerb”. So investiere China bereits dreimal mehr Milliarden US-Dollar in Digitalisierung und KI als die gesamte EU, deren Strategie noch auf einem „Strategiepapier aus 2019″ basiere.

Produktiver werden heißt für den topmanagement-erfahrenen Kern, auf Innovation zu setzen, unser Energiesystem umzubauen, sprich: klimatauglich, effizienter, resilient und unabhängiger (v.a. von China) zu machen. Europäische Energiestrategie brauche aber auch dringend eine EU-Industriepolitik, damit Konzerne wie Volkswagen und Norfolk ihre nächsten Werke nicht in den USA bauen. Die Vereinigten Staaten seien mit ihrem neuen Inflation Reduction Act nämlich bei Subventionsversprechen viel „pragmatischer” und werben „wie Heizdeckenverkäufer” für ihre Standorte.