ImmoLive – die Zukunft der Hausverwaltung

ImmoLive – die Zukunft der Hausverwaltung

Last Updated on 2021-02-04
Die unabhängige Immobilien-Redaktion / Mag. Walter Senk, 28.01.2021

Seit dem ersten Lockdown standen in der Immo-Branche die verschiedenen Asset-Klassen und ihre Rendite-Entwicklungen im Fokus. Die aktuelle ImmoLive-Podiumsdiskussion widmet sich einer Sparte, die dabei ein wenig – zu Unrecht – in den Hintergrund gerückt ist: Den Haus- und Immobilienverwaltungen. Die Hausverwaltungen mussten mit schwierigen Rahmenbedingungen zurechtkommen – und sich auf künftige Themen einstellen.

Am Podium diskutierten:

Helmut Bayerl, Prokurist bei der BUWOG
Johannes König, Vorstand der ÖRAG
Bruno Schwendinger, Geschäftsführer bei EHL Immobilienmanagement

Wie haben sich Hausverwaltungen eingangs auf den Lockdown eingestellt? Laut Johannes König (ÖRAG) seien Home-Office, Zoom-Meetings und dergleichen erst mit den Monaten der Pandemie nach und nach gefolgt. Zu Beginn war es aber eine Umstellung von heute auf morgen, das Haus nicht mehr zu verlassen. Das hat organisatorische Herausforderungen – Stichwort Schlüsselübergaben – mit sich gebracht, erzählt König. Die klassische Wohnungsübergabe habe zwischen März und April 2020 nicht passieren können, es gab eine Phase der Neu-Organisation und Koordinierung.

Bruno Schwendinger von EHL ergänzt: „Es hat sich eine Routine entwickelt, mit unserem Grad an Digitalisierung waren wir auf Home-Office eingestellt.“ Gerade beim Thema Gewerbe-Immobilien sei es bis zuletzt um Einzel-Vereinbarungen gegangen, etwa was die Mietzins-Minderung betreffe. Lockdown-bedingt seien die Wohnungsanfragen zurückgegangen, sagt Schwendinger: „Die Leute waren mit sich selbst beschäftigt.“

Helmut Bayerl von der BUWOG sieht die großen Herausforderungen in der Hausverwaltung in der internen Kommunikation. Mitarbeiter seien up to date zu halten und die jeweils neuesten Corona-Verordnungen der Regierung an die Belegschaft auszurollen. Gleichzeitig sei es für eine Hausverwaltung eine „Challenge“, zum Beispiel Wohnungseigentümerversammlungen abzuhalten in Zeiten, wo das eigentlich physisch nicht passieren dürfte.

Lässt sich Home-Office in einer Hausverwaltung einfach umsetzen? Worauf müssen sich Hausverwaltungen einstellen?

Für Bayerl (BUWOG) ist das keine Frage von leicht oder schwierig: „wir waren schlicht unter Zugzwang“. In der BUWOG war Home-Office bereits zuvor etabliert; im Zuge der Lockdowns hätten sich auch technische Probleme wie Überlastung der IT-Provider gelöst. „Wir haben einen Journaldienst, wir arbeiten aus dem Home-Office“, sagt Bayerl, „das merken die Kunden gar nicht.“

Schwendinger (EHL) ergänzt um die Vor-Ort-Leistungen wie Reparaturarbeiten im Objekt. „Wir merken Verzögerungen bei Ersatzteilen – etwa bei Wasserschäden oder kaputten Aufzügen“. Dritt-Firmen hätten Schwierigkeiten mit ihren Lieferketten; dazu komme die Sorge von Bewohnern, Professionisten in die eigene Wohnung zu lassen.

König (ÖRAG) nennt neue Herausforderungen der Hausverwaltungs-Branche. „Es ist die E-Mail-Flut, die oft missbräuchlich verwendet wird“, klagt er, „ein Mail schreibt man schnell und schon nach zwei Stunden wird nachgefragt, warum die Hausverwaltung noch nichts getan hat“. Dass Mieter und Eigentümer jetzt schneller als Informationsquelle bei Schäden dienen, ist grundsätzlich gut, meint König, „aber wir müssen das auch abarbeiten“. Hausverwaltungen seien Generalisten, aber keine Juristen, keine Versicherungsprofis und keine Bausachverständigen. Dazu brauche es Profis und die Hausverwaltung vermittle gerne an Professionisten: „Aber man kann nicht alles auf uns abwälzen“, so König.

Bayerl erklärt das Ticket-System in der BUWOG, das verhindern soll, doppelte, dreifache und vierfache Meldungen abhandeln zu müssen. „Natürlich haben wir eine Flut an Daten, die bei uns ankommt.“ Die Herausforderung sei, das zu qualifizieren und die Mitarbeiter entsprechend zu briefen, auch hinsichtlich der vielen Kommunikationskanäle, die mittlerweile zur Verfügung stehen. Schwendinger ergänzt: Die EHL biete eine eigene App für Mieter und Bewohner, welche moderne und wichtige Kommunikation biete, um über aktuelle Schadensfälle und Reparaturleistungen zu informieren. „Natürlich braucht es dafür kompetente Mitarbeiter, die mit diesen Tools umgehen können“, ergänzt König (ÖRAG).

Was bringt die Digitalisierung für Hausverwaltungen, wo sind die Grenzen?

Bayerl (BUWOG) sieht die Grenzen der Digitalisierung unter anderem bei den gesetzlichen Auflagen – Stichwort Datenschutz. Letztlich liege es am Menschen, wie weit wollen wir solche Tools nützen? Technologische Entwicklungen wie das schnelle 5G-Internet führen bei großen Unternehmen wie der BUWOG zu mehrjährigen Strategien, die würden aber ständiger Weiterentwicklung, ständiger Evaluierung unterworfen.

König (ÖRAG) erzählt von Neubauprojekten, die komplett digital übernommen werden – vom Bauplan bis zum Mietvertrag liege alles digital vor. Im Gegensatz dazu stehe das analoge Zinshaus von 1846. Hier Archive zu digitalisieren koste zwar Zeit und Geld, ermögliche aber später flottes Arbeiten, weil alle Mitarbeiter auf Stand seien.

Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen braucht es in Zeiten der Pandemie und der Digitalisierung?

Schwendinger (EHL) spricht das Thema der Wohnungseigentümer-Versammlungen an. Diese Versammlungen müssten abgehalten werden – aber derzeit ohne gesetzliche Grundlage, wenn sie (nur) online abgehalten werden. Für Schwendinger steht aber im Vordergrund, diese Versammlungen überhaupt abzuhalten, „um am Kunden dran zu bleiben“.

„Eine Versammlung als Info-Tool ist wichtig“, meint auch König (ÖRAG), aber eine Beschlussfassung sei in der digitalen Form gar nicht möglich, weil nicht alle Eigentümer einen entsprechenden Online-Zugang haben.

Wichtiger als der rechtliche Rahmen sei aber der Service-Gedanke, um mit den Kunden in Kontakt zu bleiben, sagt Schwendinger (EHL).

Der ImmoLive-Chat stellt Fragen – etwa zur geplanten Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes

Bayerl (BUWOG) spricht zur geplanten Vereinfachung der Willensbildung der Wohnungseigentümer – das sei eine „rechtsphilosophische Frage“, wenn es um das Einstimmigkeitsprinzip geht. „Nicht bei allen Maßnahmen ist das sinnvoll“, betont er.

König (ÖRAG) meint: „Es ist gut, dass die Mehrheit entscheiden kann.“ Was die hundertprozentige Zustimmung betrifft, seien an gewisse Stellschrauben zu drehen. Anzugehen sei das Thema der Mindestrücklage, so König weiter, etwa für Objekte aus den 1950er-Jahren: „Es ist klar, dass nach 70 Jahren am Haus etwas gemacht werden muss. Da ist es gut, eine Rücklage für solche Fälle anzusparen.“

Braucht es eine verbindliche Mindestrücklage? Das hänge von der vorgeschriebenen Summe ab, meint Schwendinger (EHL): „90 Cent pro Quadratmeter Neubaufläche würden die Sache leichter machen“.

Schwendinger beurteilt die Erleichterung der Willensbildung im Eigentumsgesetz als grundsätzlich positiv, die Aufweichung auf das angepeilte Drittel der notwendigen Eigentümerstimmen sei „eine gute Sache“.

Verzögert die Pandemie bestimmte Umlaufbeschlüsse? „Ich sehe das entspannt“, sagt Schwendinger (EHL). Vor allem bei größeren Liegenschaften sei der Umlaufbeschluss sowieso gängige Praxis, unabhängig von Pandemie und Lockdown.

Die Zukunft der E-Mobilität in Garagen

Die Installation von Ladestationen in Garagen solle für den Wohnungseigentümer vereinfacht werden, meint Schwendinger (EHL), der für Gemeinschaftsanlagen statt Einzel-Boxen plädiert, weil das die Netzauslastung und Überlastungen im Stromverbrauch verhindere.

König (ÖRAG) ergänzt: Im klassischen Zinshaus gebe es einen Netzwerkanschluss pro Haus bei den Wiener Netzen.  Da müsse die Kapazität erhöht werden, was mit hohen Kosten verbunden sei. „Und dann muss der Kunde mit Schwachstrom laden“, so Bayerl (BUWOG), was zu noch mehr Kapazitätsbelastung führe. Die Gemeinschaftsstation sei der bessere Weg. Leichter nachzurüsten – auch im Bestand – seien Ladestationen für E-Bikes, die laut Bayerl ein wesentliches Thema im städtischen Bereich werden.

Sind Wiener Altbauten für die digitale Zukunft geeignet? Was bewegt Mieter?

Dazu König (ÖRAG): „Die Stromversorgung ist abgedeckt, aber wir haben nicht die Stromleitungen für private Serverfarmen“. Etwas ganz anderes seien natürlich Neubauten, die für die schnelle Internet-Anbindung besser gerüstet seien.

Schwendinger erzählt von Einzelfällen der Mietzins-Reduktion seit dem ersten Lockdown. Dazu könne es aber keine Pauschalaussage geben, es brauche die individuelle Lösung zwischen Mieter und Vermieter. „Da wächst der Zusammenhalt“, meint er, „die Pandemie ist irgendwann vorbei. Und dann wollen sich Mieter und Vermieter noch in die Augen schauen können“. Von ähnlichen Anfragen zu Ratenvereinbarungen und Stundungen erzählt auch Bayerl (BUWOG): „Aber das ist Sache der Regierung. Je länger die Krise dauert, desto mehr wird sie sich zuspitzen“. Die Arbeitslosigkeit werde steigen, befürchtet König (ÖRAG), und die Zahl der Anfragen auf Mietzinsstundungen entsprechend wachsen. „Wir sind in der Hinsicht nur Dienstleister als Hausverwalter. Das müssen wir dann einzeln mit dem Eigentümer klären.“

Wird es einen allgemeinen Preisnachlass bei Mieten geben? „Schwierig einzuschätzen“, meint Bayerl (BUWOG), „vielleicht kommt es zum Aussetzen von Indexierungen durch die Regierung“. Aber das sei ein Blick in die Glaskugel, so König, der Mietpreis werde aber nicht vom derzeitigen Niveau hinuntergehen.

Die Hausverwaltung als Mediator zwischen Eigentümer und Mieter

König (ÖRAG) meint im Hinblick auf die Pandemie: „Auf alle Fälle werden wir noch mehr zum Mediator und Koordinator. Wir handeln im Auftrag des Eigentümers, aber etwaige rechtliche Fragen muss der Anwalt des Eigentümers klären.“

Bayerl (BUWOG) als ausgebildeter Mediator unterstützt: Es stehe jedem Eigentümer frei, über den gesetzlichen Rahmen hinaus dem Mieter entgegen zu kommen. „Letzten Endes sind wir nur Vermittler“, betont Bayerl.

„Wir haben einige hunderte Vorsorgewohnungen in der Verwaltung“, erzählt Schwendinger (EHL), und die Nachfrage sei ungebrochen groß. Er höre viel vom Trend zur größeren Wohnung und zum Grünraum in Zeiten des Home-Office, „aber das muss man sich auch leisten können“. So gesehen könne er nicht bestätigen, dass vermietete Vorsorgewohnungen zunehmend leer stünden.

Welche Tätigkeiten und Aufgaben werden Hausverwaltungen künftig noch übernehmen müssen?

Von König (ÖRAG) kommt ein klares „Ja“ zu mehr Aufgaben für die Hausverwaltungen: „Wer kennt denn das Objekt besser als der Immobilienmanager? Wir sind bereit, die Verantwortung zu übernehmen“. Aber die Hausverwaltung könne das nicht all in all übernehmen und müsse entsprechende Profis beiziehen. Was natürlich mit Kosten verbunden sei.

Bayerl (BUWOG) sieht vor allem die Klimaschutzziele als wesentliches Thema. Gerade bei Bestandsbauten mit alten Heizsystemen (Stichwort Ölheizung) kämen viele Themen auf die Hausverwalter zu, was zu einer Erweiterung der derzeitigen Funktion als reiner Berater für die Eigentümer führe. Hausverwaltungen müssten sich auch mit Fragen der nachhaltigen Bewirtschaftung auseinandersetzen, etwa betreffend Fassaden- und Dachbegrünungen.

Schwendinger (EHL) will als Hausverwalter Richtung Eigentümer zukunftsweisende Empfehlungen abgeben statt nur zu reagieren: „Wir kennen den Bestand, wir kennen den Nutzer, wir sehen auch Schäden sofort.“ Es gehe um einen Schritt weg von der verwaltenden hin zur beratenden Tätigkeit der Hausverwaltung.

Kosten reduzieren – und den Wartungs- und Energieaufwand

User im ImmoLive-Chat sprechen von nachhaltiger Energienutzung – und Bayerl (BUWOG) antwortet: Beim Bestand werde zunehmend auf stromsparende LED-Beleuchtung gewechselt; beim Neubau gibt es ohnehin allerhand Features wie Bewegungsmelder, die den Licht- und Stromverbrauch verringern. Damit werde sukzessive an der Verringerung des Stromverbrauchs gearbeitet: „Es passiert alles, was der Stand der Technik hergibt“.

Zum Abschluss: Ein Blick in die Kristallkugel – wo stehen Hausverwaltungen in den kommenden Jahren?

Das Thema Transparenz greift Schwendinger von EHL auf. Kunden, Mieter wie Eigentümer, fordern schnellere Reaktionsgeschwindigkeiten und einfachere Prozesse. Das werde durch die Digitalisierung ermöglicht. Die Anzahl der Hausverwaltungen werde sich konsolidieren. Große Anbieter würden weiter wachsen, wobei es natürlich auch kleine Hausverwaltungen brauche. „Es muss auch unsere Aufgabe sein, dem Kunden unsere Leistung zu vermitteln“, meint Schwendinger, „damit der Kunde bereit ist, dafür zu zahlen“.

Bayerl (BUWOG) sieht eine nächste Evolution der Digitalisierung Richtung Automatisierung kommen. Damit würden sich Rollen, Aufgaben und Strukturen innerhalb der Hausverwaltungen ändern – auch Richtung Kundenkanäle angesichts der verschiedenen Zielgruppen von jungen Bewohnern bis zur Generation 70plus. In der Kommunikation reiche das dann von chatbot bis zum analogen Brief. Auch die nachhaltige, ökologische Bauweise – Energieverbrauch, Mobilität, etc. – werde zu Erneuerungen im Baubestand führen.

König (ÖRAG) schließt mit seiner Einschätzung an: „Die Hausverwaltung bleibt starker Berater für Eigentümer, aber auch für Mieter und Bewohner.“ Das Leistungsbild müsse entsprechend klar eingegrenzt werden, es dürfe aber keinesfalls zu einem Preisdumping kommen. „Wir bringen gute Qualität und müssen etwas dafür verlangen. Wir dürfen uns nicht unter Wert verkaufen.“ Abschließend: Das wichtigste Asset der Hausverwaltung seien gute Fachkräfte. Diese Kräfte zu finden, werde in naher Zukunft ein schwieriges Thema sein.

Quelle: ImmoLive – die Zukunft der Hausverwaltung – Immobilien Redaktion (immobilien-redaktion.com)