Interview: Abschlussprüfer – Sparringpartner des Aufsichtsrats

Interview: Abschlussprüfer – Sparringpartner des Aufsichtsrats

Last Updated on 2020-01-20
Wie die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer optimal funktioniert und warum man bei der Auswahl des Prüfers nicht nur auf die Höhe des Honorars achten sollte: Das erläutert Mag. Helmut Kerschbaumer, KPMG Audit Partner und Präsident des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer (iwp), im INARA-Gespräch.

INARA: Abschlussprüfer galten bisher immer als Sparringpartner des Vorstands. Wird nun der Wirtschaftsprüfer immer mehr zu einer Art Sparringpartner für den Aufsichtsrat? Die neuen Rahmenvorschriften, etwa zur Auswahl des Abschlussprüfers, zum neuen Bestätigungsvermerk und zu den Änderungen bei den Nichtprüfungsleistungen der Wirtschaftsprüfer sind doch ein Indiz dafür …
Mag. Helmut Kerschbaumer: Der Abschlussprüfer ist wohl beides: Ein regelmäßiges „Sparring“ ist ein wesentlicher Bestandteil der guten Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Abschlussprüfer. Dabei geht es darum, die Darstellung von geschäftlichen Transaktionen in der Finanzberichterstattung einschließlich möglicher steuerlicher Auswirkungen zu diskutieren und sich über die für das Unternehmen relevanten aktuellen Entwicklungen und Erkenntnisse auszutauschen.

Beim Aufsichtsrat geht die Zusammenarbeit meines Erachtens über das „Sparring“ hinaus. Aufsichtsrat und Abschlussprüfer sind Partner bei der Sicherstellung einer soliden und vertrauensbildenden Finanzberichterstattung eines Unternehmens. Ebenso gibt es ein Zusammenwirken bei der Sicherstellung einer guten Corporate Governance, die auf transparenten und gesicherten Informationen aufbaut. Diese Partnerschaft umfasst natürlich auch die Kommunikation und die Zusammenarbeit bei Themen wie Prüfungsergebnissen und Bestätigungsvermerk, Nichtprüfungsleistungen oder allgemein der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers.

INARA: Die Umsetzung der 2. EU-Aktionärsrechterichtlinie in Österreich steht unmittelbar bevor. Welche Auswirkungen werden die zusätzlichen Anforderungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung und den Related Party Transactions, auf die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer haben?
Kerschbaumer: Die Vorstandsvergütung und die Berichterstattung darüber sind in erster Linie Aufgaben des Aufsichtsrats. Der Abschlussprüfer kann dabei zu Sicherheit und Vertrauen in die Zahlen und Informationen beitragen, z.B. durch Prüfung der korrekten Ermittlung von variablen Bezügen oder des Vergütungsberichts. Gesetzlich ist zwar keine Prüfungspflicht für den Vergütungsbericht vorgesehen, viele Unternehmen und Aufsichtsräte lassen diese Informationen dennoch prüfen, weil das Sicherheit und Vertrauen bringt. Was die Related Party Transactions betrifft, so war nach den Regelungen der IFRS deren zutreffende Darstellung im Abschluss bereits bisher Teil der Abschlussprüfung. Der Beitrag des Abschlussprüfers ist hier wiederum das Vertrauen in die dem Aufsichtsrat bzw. der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Informationen.

INARA: Es scheint, dass Unternehmen beim Wirtschafts- und Abschlussprüfer wieder mehr auf Qualität und Verfügbarkeit schauen und nicht nur nach dem niedrigsten Preis suchen. Stimmt dieser Eindruck?
Kerschbaumer: Die Auswahl eines Abschlussprüfers erfolgt in der Regel auf Basis verschiedener Kriterien, die für das jeweilige Unternehmen relevant sind. Das Honorar spielt dabei natürlich auch eine Rolle. Ihre Beobachtung, dass zunehmend mehr Augenmerk auf die Qualität und die vorhandenen Ressourcen gelegt wird, teile ich. Übrigens hat das Institut Österreichischer Wirtschaftsprüfer (iwp) zur Auswahl des Abschlussprüfers kürzlich einen Leitfaden herausgegeben. Er ist auf der iwp-Website abrufbar und enthält fundierte Informationen über die – teilweise sehr komplexen – Vorgaben zur Ausschreibung einer Abschlussprüfung. Auch praktische Muster stehen zur Verfügung.

INARA: In börsenotierten heimischen Aktiengesellschaften sind zunehmend junge, äußerst kompetente CFOs im Einsatz. Können die Finanzexperten im Aufsichtsrat Ihrer Meinung nach da mithalten? Und welche Rolle spielt hier der Abschlussprüfer?
Kerschbaumer: Die Finanzexpert(inn)en im Aufsichtsrat können eindeutig mithalten. Ich habe sehr viele kompetente Aufsichtsrätinnen und -räte kennengelernt. Es geht nicht darum, alle IFRS-Standards im Detail zu kennen, es geht vor allem um ein grundlegendes Verständnis für die Finanzen und die Finanzberichterstattung. Der Abschlussprüfer kann u.a. mithelfen, indem er im konkreten Fall Verständnis für die teilweise sehr komplexen Standards und deren Anwendung vermittelt.

INARA: Der Österreichische Corporate Governance Kodex verlangt, dass sich der Aufsichtsrat einmal jährlich mit der Effizienz seiner Tätigkeit befasst. Wenn Sie die Effizienz jener Prüfungsausschüsse beurteilen, in denen Sie als Abschlussprüfer mitwirken, wie hat sich die in den vergangenen Jahren entwickelt?
Kerschbaumer: Die Entwicklung geht nach meiner Beobachtung eindeutig in die Richtung, dass der Prüfungsausschuss stärker in den Prozess der Abschlusserstellung involviert wird. Das äußert sich unter anderem in einem immer intensiver werdenden Austausch zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer. In den Sitzungen der Prüfungsausschüsse geht die Diskussion auch mehr in die Tiefe als es in der Vergangenheit der Fall war. Der Prüfungsausschuss erwartet mehr und konkretere Informationen, z.B. auch über die Qualität der Prozesse und die internen Kontrollen in der Rechnungslegung. Das alles sind Zeichen dafür, dass der Aufsichtsrat und speziell der Prüfungsausschuss seine Aufgaben intensiv und effizient erfüllt. Im Vergleich zum angloamerikanischen Rechtsbereich gibt es natürlich noch Raum für eine weitere Intensivierung. Ob das mit unserem Governance-System zusammenpasst – Stichwort monistisches versus dualistisches System – wäre allerdings zu diskutieren.

INARA: In den Hauptversammlungen der vergangenen Jahre ist aufgefallen, dass zunehmend Abschlussprüfer zu Wort kamen, um die Ausführungen des Vorstandes zu detaillieren bzw. um Aktionärsfragen zu beantworten. Woran liegt das und halten Sie diese Entwicklung für gut?
Kerschbaumer: Ich bin mir nicht sicher, ob diese Beobachtung zutrifft, auch in der Vergangenheit wurden schon regelmäßig Fragen an den Abschlussprüfer gestellt. Im Grunde spricht nichts dagegen, dass der Abschlussprüfer in der Hauptversammlung Fragen über die Durchführung und das Ergebnis der Abschlussprüfung beantwortet. Fragen zur Bilanzierung oder zu einzelnen Transaktionen oder Sachverhalten sind allerdings vom Vorstand und nicht vom Abschlussprüfer zu beantworten.

INARA: Nehmen wir an, Sie hätten drei Wünsche frei und zwar nicht ans Christkind, sondern an den Aufsichtsrat. Welche wären das?
Kerschbaumer: Ich wünsche mir vom Aufsichtsrat Verständnis für die Aufgaben, Möglichkeiten und allgemein die Arbeit des Abschlussprüfers. Er sollte uns als Verbündete für eine gute Corporate Governance wahrnehmen und uns ausreichend Zeit und Budget zur sorgfältigen Ausführung unserer Tätigkeit einräumen.

iwp-Leitfaden für die Ausschreibungn von Abschlussprüfungen: www.iwp.or.at/download/leitfaden-fuer-die-ausschreibung-von-abschlusspruefungen-gem-art-16-ap-vo-version-februar-2019/?wpdmdl=15918&refresh=5cd1f7be256911557264318

Website KPMG Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft: www.kpmg.at

Autorin: Dr. Brigitta Schwarzer, MBA


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