Interview: Kampf der Pensionslücke

Interview: Kampf der Pensionslücke

Last Updated on 2020-01-20
Auch Führungskräfte wollen im Alter ihren gewohnten Lebensstandard beibehalten. Mit welchen betrieblichen Vorsorge-Lösungen das am besten gelingt, erläutert Gerhard Kantusch, Geschäftsführer der P & C Pension Consulting GmbH.

Altersarmut ist nicht nur ein Thema für Geringverdiener, sondern eine reale Gefahr, über die sich auch Österreichs Führungskräfte Gedanken machen sollten. Warum das so ist, erklärt Dr. Gerhard Kantusch, Geschäftsführer der P & C Pension Consulting GmbH. „Derzeit, also mit Stand 2019, beträgt die höchste ASVG-Pension 3.477,42 Euro brutto monatlich. Die Höchstpension wird aber für fast alle, die ab 2028 ihre Pension antreten, eine Utopie bleiben. Sie werden sich vielmehr mit deutlich weniger zufrieden geben müssen.“ Daraus resultiert natürlich im Vergleich zum Aktiveinkommen eine eklatante Pensionslücke. Vom gewohnten Lebensstandard müssen dann erhebliche Abstriche gemacht werden.

Höchstpension bleibt Utopie

Hintergrund für diese Entwicklung sind die Pensionsreformen der Jahre 2003 und 2004, die nach und nach ihre volle Wirksamkeit entfallen. Waren früher nur die Jahre mit dem besten Verdienst für die Pensionsbemessung entscheidend, wird nun schrittweise auf lebenslange Durchrechnung umgestellt. Um die Höchstpension zu bekommen, müsste man 2028 nicht nur bis zur Altersgrenze von 65 Jahre für Männer und dann 62,5 Jahre für Frauen gearbeitet haben, sondern auch 40 Jahre hindurch immer auf Basis der Höchstbeitragsgrundlage SV-Beiträge bezahlt haben. Und das ist laut Kantusch so gut wie unmöglich. Während des Studiums wird oft nicht oder nur nebenbei gearbeitet und in den ersten Berufsjahren verdienten die Führungskräfte von heute meist deutlich weniger als die Höchstbeitragsgrundlage, die aktuell 5.220, – Euro monatlich beträgt.

Verschärft wird das Problem noch durch die demografische Entwicklung. Die Lebenserwartung steigt – vor allem dank des medizinischen Fortschritts – alle fünf Jahre um weitere 1,2 Jahre. Eine Trendumkehr ist derzeit nicht in Sicht. 90-jährige werden deshalb in Österreich bald zum „Normalfall“ werden und jene Mädchen, die heute auf die Welt kommen, haben gute Chancen, 100 Jahre alt zu werden.

Pensionskonto: Böses Erwachen

Das Pensionskonto, das ab 2014 für jeden Österreicher einsehbar ist, hat bei vielen Menschen zu einem bösen Erwachen geführt – auch bei Führungskräften und gehobenen Spezialisten. „Sie mussten daraus erkennen, dass ihre Altersversorgung deutlich schlechter ist als geglaubt“, so Kantusch. Noch gravierender ist das Problem bei jenen Frauen, die wegen Karenzzeiten und Teilzeitarbeit eine geringere Bemessungsgrundlage für die Pension haben.

Schließen lässt sich die Pensionslücke am besten dadurch, dass der Arbeitgeber eine Zusatzpension finanziert. Das gilt natürlich auch für Führungskräfte. Das Einkommensteuergesetz sieht dafür drei Varianten vor, die auch als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden: die Pensionskassenlösung, die betriebliche Kollektivversicherung und die direkte Leistungszusage mit einer Rückdeckungsversicherung.

Welche der drei Möglichkeiten ist die attraktivste? Dazu Kantusch: „Das lässt sich nur bei individueller Betrachtung beantworten, jede der drei Varianten hat ihre Vor- aber auch Nachteile.“ Bei der Pensionskasse tragen die Begünstigten das volle Veranlagungsrisiko, die Pensionen können daher schwanken.  Bei der betrieblichen Kollektivversicherung wird eine Mindestverzinsung garantiert, die Pension ist kalkulierbar. Beide genannten Varianten sind kollektive Lösungen. Die direkte Leistungszusage mit einer Rückdeckungsversicherung ermöglicht hingegen flexible Einzellösungen und ist deshalb besonders auch für Geschäftsführer und Führungskräfte geeignet. Es gibt eine Mindestverzinsungsgarantie, die Pension ist also kalkulierbar. Alternativ kann statt einer Pension auch eine Kapitalauszahlung gewählt werden.

Steuerbegünstigte Gehaltsumwandlung

Welche Variante ein Unternehmen wählt, hängt laut Kantusch immer davon ab, woher die Mittel für den Aufbau des Pensionskapitals stammen. Grundsätzlich sind Pensionskassenbeiträge und Pensionszusagen, die ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer Lohnerhöhung geleistet werden, zu versteuernder Arbeitslohn. Wenn der Arbeitnehmer auf einen Teil des Lohns zugunsten seiner künftigen Altersvorsorge verzichtet, muss er diesen Betrag daher zuvor versteuern. Doch es gibt in den Lohnsteuerrichtlinien bestimmte Ausnahmen, die eine steuerbegünstigte Gehaltsumwandlung ermöglichen. Demnach können Arbeitnehmer und Arbeitgeber zugunsten von Pensionsbeiträgen jederzeit über künftige Lohnerhöhungen, Erfolgsprämien und Belohnungen aller Art verfügen, auf die der Mitarbeit noch keinen Anspruch hat. Solche Lösungen können auch bereits zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses vereinbart werden.

Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

„Diese Ausnahmeregelungen lassen sehr attraktive Pensionsmodelle zu“ erläutert Kantusch. Der Mitarbeiter finanziert sich diese bis zu 100 Prozent selbst, das Unternehmen erspart sich die Lohnnebenkosten. Diesen Kostenvorteil kann es auch an den Mitarbeiter weitergeben. Für den Mitarbeiter ist die Sache vor allem steuerlich interessant: Die Steuerbelastung wird aus der Aktivphase, in der Führungskräfte meist einen Steuersatz von 50 Prozent zahlen, in die Pensionsphase verschoben, in welcher der Durchschnittssteuersatz in der Regel geringer ist. Wird der Lohnnebenkosten-Vorteil „weitergereicht“, verstärkt sich der positive Steuereffekt. Insgesamt also ein wirtschaftlich sehr interessantes Szenario, besonders für gut verdienende Führungskräfte, meint Kantusch, der sich seit langem mit Sozialkapitalmanagement beschäftigt.

„Es gibt heute bereits gute Lösungen, die Pensionslücke für Führungskräfte und Mitarbeiter wirksam und kostenneutral zu schließen“, betont der Experte. Es müssen aber alle Beteiligten etwas dazu beitragen und man sollte sich intensiv mit der Materie auseinandersetzen. Immerhin, so der Experte, kann ein falsch eingesetztes System für ein Unternehmen eine gewaltige finanzielle Belastung bedeuten.


@Wilke

Website P & C Pension Consulting GmbH: www.pension-consulting.eu

Autorin: Brigitta Schwarzer