09 Oct Interview: Perfekter Mix zwischen Theorie und Praxis
Last Updated on 2020-01-20
Zwei Studiengänge an der FH Campus Wien bieten eine umfassende Ausbildung in den Bereichen Sicherheits- und Risikomanagement. Die Karrierechancen der AbsolventInnen sind ausgezeichnet.
INARA: Bitte stellen Sie uns die FH Campus Wien und ihre Lehrtätigkeit im Bereich im Risiko- und Sicherheitsmanagement kurz vor.
FH-Prof. DI Dr. Martin Langer: Die FH Campus Wien besteht seit 2001 und ist die größte Fachhochschule Österreich. Schon seit Jahren zählt die akademische Ausbildung im Risiko- und Sicherheitsmanagement zu unseren inhaltlichen Schwerpunkten. Der Bachelor-Studiengang Integriertes Sicherheitsmanagement besteht seit 2007 und hatte bisher über 200 AbsolventInnen. Den Master-Studiengang Integriertes Risikomanagement gibt es seit 2010 mit etwa 70 AbsolventInnen. Was uns in der europäischen Hochschulszene auszeichnet ist unser österreichweites und internationales Netzwerk. Wir sind Gründungsmitglied des Cooperation Network of Risk, Safety and Security Studies (CONRIS), in dem Unis und Fachhochschulen aus ganz Europa die Weiterentwicklung von Sicherheits- und Risikomanagement forcieren. Durch diverse Kooperationen verfügen wir über ein starkes Netzwerk an hochkarätigen ExpertInnen für Lehre und Forschung.
INARA: Wer sind Ihre Studierenden und welche Voraussetzungen müssen diese mitbringen?
Langer: Hier muss man zwischen unserem Bachelor- und dem Masterstudium unterscheiden. Im Bachelor sind dies vorrangig Personen, die bereits in der Wirtschaft oder bei Behörden tätig sind, aber noch keinen akademischen Abschluss haben. Maturanten ohne Berufserfahrung müssen verpflichtend an Berufserfahrungsprojekten teilnehmen, wo wir z. B. Krisenübungen durchspielen. Im Masterprogramm sind dies Personen, die bereits einen akademischen Abschluss im Bereich BWL oder Integrierter Managementsysteme mitbringen. Grundsätzlich liegt der Schnitt vom Alter her rund um die dreißig Jahre.
INARA: Wie hoch ist der Frauenanteil unter den Studierenden? Die Themen klingen ja eher mathematik- und techniklastig …
Langer: Derzeit sind etwa 15 Prozent der Studierenden weiblich. Wir möchten den Anteil gerne steigern und ermuntern Interessierte dazu. Meiner Meinung nach sind Frauen zahlenmäßig nicht weniger begabt als Männer, bremsend wirken bei uns noch immer die tradierten Rollenbilder.
INARA: Wie definieren Sie die Rolle der Fachhochschulen im Vergleich zu den Universitäten?
Langer: Fachhochschulen sind im Vergleich zu den Universitäten sehr junge Organisationen und verfügen über mehr Flexibilität. Sie können die Aufnahmekriterien selbstständig festlegen und sich damit ihre Studenten aussuchen. Die Curricula der Studiengänge können Fachhochschulen selbständig an die Anforderungen der Wirtschaft anpassen und tun das auch laufend. Deshalb finden fast alle unsere Studiengang-Absolventen rasch Jobs in Organisationen und bei Behörden.
INARA: Brauchen wir mehr Spezialisten oder sind Generalisten heute wichtiger?
Langer: Dies ist keine Frage von entweder oder sondern von sowohl als auch. Je komplexer eine Materie wird, desto mehr Fachwissen ist gefragt. Aber es braucht auch eine übergreifende Klammer, die das Gesamtbild im Auge hat.
Schubiger: Interne Revision, das ist jenes Gebiet, mit dem ich mich vorrangig befasse, ist vor allem eine Tätigkeit für Generalisten.
INARA: Legen Sie bei Ihren Studiengängen mehr Wert auf Theorie oder auf die praktische Ausbildung? Und wie funktioniert der Kontakt mit der Wirtschaft?
Langer: Wir sehen unsere Studiengänge als perfekten Mix zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung. Das unterscheidet uns sowohl von den Unis als auch von reinen Lehrgängen. Mit der Wirtschaft arbeiten wir eng zusammen und bekommen von dort laufend Inputs.
INARA: Welche konkreten Themen stehen beim Studiengang Integriertes Sicherheitsmanagement im Mittelpunkt?
Langer: Bei diesem Studiengang, verfolgen wir drei Ansätze: Einmal das technische Risikomanagement, dann den Themenbereich Safety, Arbeitnehmerschutz, Brandschutz und schließlich den Komplex Security – Notfall-/Krisenmanagement, Objektschutz, Cyber- und Informationssicherheit. Wir verstehen dabei Sicherheit als proaktiven Beitrag zur Wertschöpfungskette, es geht also nicht vorrangig darum, Verhinderer zu sein, sondern dafür zu sorgen, dass nichts passiert.
INARA: Was gehört zu den Lehrinhalten?
Langer: Unter anderem veranstalten wir Krisenstabsübungen, in denen die Studierenden die Komplexität und Dynamik von Krisensituationen hautnah erleben können. Zentrale Bestandteile der wissenschaftlichen Ausbildung sind Seminararbeiten, ein Forschungsprojekt sowie zum Abschluss die Bachelorarbeit.
INARA: Was macht dieses Studium besonders und wie sehen danach die Karriereaussichten aus?
Langer: Unsere Studierenden lernen Sicherheit aus unterschiedlichen Perspektiven kennen und können in der Folge die Herausforderungen der Praxis mit technischen, sozialen und wirtschaftswissenschaftlichen Ansätzen lösen. Außerdem besteht die Möglichkeit innerhalb des Studiums anerkannte Zertifikate (etwa Prozess- oder Qualitätsmanagement) oder Berufsbefähigungen (z. B. als Sicherheitsfachkräfte oder Brandschutzbeauftragte) zu erwerben. Auch berufliche Tätigkeit können angerechnet werden. Daher haben unsere AbsolventInnen in der Privatwirtschaft, aber auch in Organisationen gute Karrierechancen.
INARA: Haben sich seit 2007, als Sie mit dem Studiengang startet, die inhaltlichen Schwerpunkte verschoben?
Langer: Die fortschreitende Digitalisierung, aber auch die zunehmenden Cyberbedrohungen rücken unsere Studiengänge noch mehr ins Interesse. Das ist kein Wunder, beides hat ja einen immensen Impact auf Unternehmen und Organisationen.
INARA: Wie ist der Studiengang Integriertes Risikomanagement aufgebaut?
Schubiger: Der Master-Studiengang kann nach dem Bachelor-Studiengang absolviert werden, dies ist aber keine Voraussetzung. Wir starten – je nach Vorbildung der Teilnehmer*innen – mit einer BWL- oder einer Prozess- und Qualitätsmanagement-Ausbildung. Das Masterstudium basiert auf dem Three-Lines-of-Defense-Modell, das ein systematisches Herangehen an Unternehmensrisiken ermöglicht. Ausgehend vom operativen Management fungieren vor allem das Risikomanagement sowie die Interne Revision als Führungs- und Steuerungsinstrumente.
INARA: Welche konkreten Inhalte beinhaltet dieser Studiengang?
Schubiger: Unsere Ausbildung ist praxisnah. Wir bieten beispielsweise Case Studies, die von den Studierenden gut angenommen werden. Wer unseren Master-Studiengang erfolgreich absolviert hat, ist GRC-Spezialist, also Experte für Governance, Risiko und Compliance. Diese Funktionen werden zur Unternehmensführung und -steuerung immer wichtiger. Auch Aufsichtsräte müssen sich zunehmend damit beschäftigen. Zusammenfassend kann man sagen, dass unser Master-Studiengang ein Gesamtverständnis für die Führungs- und Steuerungsabläufe im Unternehmen vermittelt.
INARA: Wie schaffen Sie den „Spagat“ zwischen Wissenschaft und Praxis?
Schubiger: Unsere Studierenden verfassen sehr gute Abschlussarbeiten, auch zu aktuellen Themen. Im Forschungsbereich Interne Revision zeichnet das Institut für Interne Revision Österreich zweimal pro Jahr die besten Bachelor- und Masterarbeiten aus. Unser Ziel ist dabei der „Blick hinter die Kulissen“, nicht einfach die Lösung eines Problems. Mit unseren Forschungsergebnissen wollen wir einen Beitrag für die Weiterentwicklung des Berufsstandes des Internen Revisors leisten. Die Forschungsergebnisse wirken aber auch in die Lehre zurück. So stellen wir eine aktuelle und forschungsgeleitete Lehre sicher.
INARA: Was macht dieses Studium besonders und wie sehen danach die Karriereaussichten aus?
Schubiger: Unser Studium bietet eine gute Basis für Karrierechancen im Bereich der Führung und Steuerung von Unternehmen bis hinauf zur Unternehmensleitung. Auch der Public Sector hat uns bzw. unsere Absolvent*innen mittlerweile entdeckt.
INARA: Was ist Ihnen abgesehen von den rein fachlichen Inhalten bei der Ausbildung der Studierenden besonders wichtig?
Schubiger: Mir ist besonders wichtig, dass unsere Absolvent*innen über den Tellerrand schauen können, also gelernt haben, unterschiedliche Blickwinkel und Sichtweisen einzunehmen. Nicht engstirnig bleiben oder werden, sondern open minded sein – das fördern wir.
Langer: Auch mir ist wichtig, dass die Studierenden neugierig bleiben. Nur so können sie ihre Kreativität und Innovationskraft entfalten.
Website FH Campus Wien: www.fh-campuswien.ac.at
Autorin: Brigitta Schwarzer
@FH Campus Wien/Ludwig Schedl