05 Sep „Kassasturz“
Last Updated on 2020-01-20
Brigitta Schwarzer
Warum Frauen über Geldanlage, die Teilzeit-„Falle“ und Altersarmut nachdenken sollten. Warum Männer davon profitieren, dass sie noch immer länger arbeiten müssen. Und warum beide Geschlechter Geld- und Finanzbildung brauchen.
Zwar wird mit Christine Lagarde bald erstmals eine Frau im Chefsessel der Europäischen Zentralbank Platz nehmen, doch viele ihrer Geschlechtsgenossinnen weltweit können mit Finanz- und Geldthemen nur wenig anfangen. Das ist auch eine Generationenfrage und wird sich hoffentlich langsam ändern. Frauen verfügen bereits heute über eine enorme Marktmacht, treffen sie doch Tag für Tag Kaufentscheidungen, die in Summe in die Milliarden gehen.
Wie hoch der Gender pay gap ist und welche Ursachen er hat, darüber wird seit Jahren heftig gestritten. Tatsache ist, dass die meisten Frauen nach wie vor weniger verdienen als Männer. Und sie haben – sieht man von Damen wie Ingrid Flick oder Heidi Horten ab, die ihre Milliarden allerdings erheiratet bzw. ererbt haben – auch deutlich weniger an Vermögen.
Frauen agieren beim Investieren weniger risikofreudig. Die Wall-Street-Spekulanten, welche durch ihre überzogenen Spekulationsgeschäfte 2008 die Finanzkrise auslösten, waren schließlich allesamt Männer. Doch das risikolose Sparbuch und der biedere Bausparvertrag sind in Niedrigzinsphasen, die wir derzeit haben und wohl noch viele Jahre haben werden, unterm Strich ein Verlustgeschäft.
Erfolgreiche Geldanlage funktioniert heute anders. Aufs glatte Finanzparkett sollte sich allerdings nur wagen, wer zumindest über Basiswissen verfügt. Dazu gehört es, Risken halbwegs einschätzen, falsche Ertragsversprechungen erkennen und vor allem die richtigen Fragen stellen zu können. Die Österreicher – sowohl Frauen als auch Männer – geben bei Umfragen ehrlich zu, dass ihr Finanzwissen bescheiden ist. Deshalb sollte Finanzbildung – natürlich abgestimmt auf das Alter der Kinder – bereits in den Schulen vermittelt werden und zwar für Buben und Mädchen. Damit sie lernen, wie das Geld in den Bankomaten kommt.
Hierzulande besuchen mehr Mädchen als Buben höhere Schulen und auch bei den Hochschulabsolventen haben die jungen Damen zahlenmäßig die Nase vorn. Doch noch immer können bloß Frauen Kinder zur Welt bringen und aus dieser schlichten biologischen Tatsache resultieren oft monetäre Nachteile. Solange Väter gar nicht oder nur für zwei, drei Monate in Karenz gehen, sind Frauen gegenüber den Männern benachteiligt, weil sie ja Kinder bekommen und deshalb längere Absenzzeiten haben könnten. Firmen sollten hier schon wegen des Fachkräftemangels schleunigst umdenken, zumal es auch bei Männern wegen der gestiegenen beruflichen Mobilität ein „Ausfallrisiko“ gibt.
Wer nach der Babypause mehrere Jahre nur Teilzeit arbeitet, kann Beruf und Familie leichter unter einen Hut bringen. Sehr oft entpuppt sich der Teilzeit-Job aber als Falle, weil zwar aliquot bezahlt, aber mehr als aliquot gearbeitet wird und das Einkommen nicht für eine qualifizierte Kinderbetreuung ausreicht. Spätestens im Alter wird dann allen Frauen die Rechnung für den 20- oder 25-Stunden-Job präsentiert. Für manche kommt es schon früher zum bösen Erwachen, denn immer öfter scheidet nicht der Tod, sondern der Scheidungsrichter die Paare. Das Pensionskonto sollte alle Frauen zeigen, dass Altersarmut kein leeres Schlagwort, sondern eine reale Gefahr ist, gegen die man rechtzeitig etwas unternehmen sollte.
Und die Männer sollten nicht neidisch sein, weil Frauen in Österreich noch immer früher in Pension gehen können. Dieses „Zuckerl“ hat einen bitteren Beigeschmack. Frauen landen früher als ihre männlichen Kollegen auf dem innerbetrieblichen Abstellgleis und weniger Beitragsjahre bedeuten natürlich auch eine geringere Pension. Wie so vieles im Leben hat auch dieses „Pensions-Privileg“ zwei Seiten.
Mehr zum Thema lesen Sie im Beitrag: „Frauen und Geld: Es ist kompliziert“ in dieStandard von Brigitte Theißl vom 01.09.2019.