„Kernbereich definieren und dort Klinken putzen“

„Kernbereich definieren und dort Klinken putzen“

Last Updated on 2023-02-04
Dr. Christine Domforth

Frauen, die ein AR-Mandat anstreben, brauchen neben der fachlichen Qualifikation vor allem eine Strategie. Ausgehend von den eigenen Interessen und Stärken sollte man gezielt im angepeilten Bereich suchen und dabei auch aktiv Leute ansprechen, betonten die Teilnehmerinnen eines Seminars der Internationalen Female Board Pool Initiative.

Die Internationale Female Board Pool Initiative in Österreich lud am 19. Jänner 2023 zu einem Corporate Governance Seminar ins kwartier 15 in der Reindorfgasse in Wien 15. Insgesamt 15 Damen aus Österreich, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz, die sich für ein Aufsichts- oder Beiratsmandat interessieren, nahmen an der Veranstaltung teil, die Rita Knott, Leiterin der Internationalen Female Board Pool Initiative, und INARA-Geschäftsführerin Dr. Brigitta Schwarzer gemeinsam organisiert hatten.

Zunächst sprach der über Video zugeschaltete Prof. Dr. Martin Hilb, Präsident der Board Foundation und der Swiss Board School/IMP Universität St. Gallen, über „Integrierte Corporate Governance“. Rechtsanwalt Dr. Clemens Völkl referierte über „Rechtsgrundlagen der Aufsichtsratstätigkeit nach österreichischem Recht“.

Nach der Mittagspause sprach zunächst Schwarzer über das Thema „Frauen in Aufsichtsräten in Österreich – Zahlen und Entwicklungen“. Unter dem Titel „Best Practice und Lessons Learned“ berichteten dann fünf Trendsetterinnen, die alle Aufsichtsrätinnen oder Beirätinnen sind, über ihren Werdegang und ihre persönlichen Erfahrungen.

AR-Mandat bringt mehr Akzeptanz

Mag. Edith Schiller führt ein Consultingunternehmen, ist derzeit stellvertretende AR-Vorsitzende der aws (Förderbank des Bundes) und unterrichtet an der WU. Sie hatte in den vergangenen Jahren diverse AR-Mandate inne, die meisten davon im staatlichen oder staatsnahen Bereich, wollte aber selbst nie in die Politik. „Einige Türen gehen leichter auf, wenn man politisch verankert ist, andere aber auch zu,“ so Schiller. Ein Aufsichtsratsmandat wegen der Vergütung anzustreben, hält sie für nicht ratsam. Sehr wohl aber sei eine derartige Funktion gut für das Image: „Vor allem für Frauen steigt damit die Akzeptanz.“

Die Anwältin Mag. Elisabeth MikschFuchs leitet den Aufsichtsrat der Schloss Laxenburg Betriebsgesellschaft GmbH und hat ein eigenes Beratungsunternehmen. Sie war in der Stadt Wien in diversen Leitungsfunktionen tätig. Mit ihrer energischen Art und ihrem unternehmerischen Denken machte sie sich in der Stadtverwaltung nicht nur Freunde und musste deshalb zwischendurch einen Karriereknick hinnehmen, erzählte Miksch-Fuchs. Für entscheidend hält sie, mit welcher Haltung und Einstellung man an seine Aufgabe als Aufsichtsrat herangeht: „Sprache, Zeichen und Worte machen viel aus und sind noch wichtiger als das Gendern.“

Die Betriebswirtin Dr. Helga Hartl ist seit 2021 Vorständin der Privatstiftung eines österreichischen Familienunternehmens. Im Hauptjob ist sie als Finanzexpertin in einem internationalen Großunternehmen tätig. Vor einigen Jahren begann sie sich für ein Aufsichtsmandat zu interessieren, um nach dem Übertritt in die Pension eine berufliche Herausforderung zu haben. Das AR-Mandat ließ bisher auf sich warten, dafür kam aus dem erweiterten Bekanntenkreis das Angebot, ein Stiftungsmandat anzunehmen. „Diese Aufgabe, in der ich mein Know-how als Finanzexpertin einsetzen kann, ist für mich eine spannende Erweiterung meines Lebenslaufs,“ meint Hartl.

Geld nicht entscheidend, Umwegrentabilität möglich

Den Weg ins Ausland schlug letztlich Mag. Aline Eibl ein. Die Betriebswirtin und Unternehmensberaterin war lang für heimische KMU und Familienunternehmen tätig. Schließlich wollte sie sich Richtung Innovation neu orientierten, beschäftigte sich mit Startups und investierte auch dort. So kam sie nach einem Mandat im non-profit Bereich zu ihrem zweiten heimischen AR-Mandat. Nach diversen Ausbildungen (u. a. Insead Fontainebleau) wurde sie als unabhängige Aufsichtsrätin in ein Londoner Startup aus dem CG-Bereich berufen, wo sie heute im Beirat sitzt. Ihr Weg sei nicht immer geradlinig verlaufen und sie habe gelegentlich auch Zweifel gehabt ein Mandat anzunehmen. „Aber man lernt, welche Unternehmenskultur und welcher Aufsichtstrat zum eigenen Werteverständnis passen,“ betont Eibl.

Die Architektin DI Regina Lettner leitet ein Unternehmen mit zehn Mitarbeitern und ist engagierte und – nach Eigendefinition – auch streitbare Beirätin des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB). Auch sie betont, dass man Funktionen wie Beirat oder Aufsichtsrat nicht wegen des Geldes übernehmen dürfe. Eine „Umwegrentabilität“ durch größere Aufträge sei aber durchaus möglich. Wichtig sei es, bei seiner Arbeit immer authentisch zu bleiben und für die Aufgabe zu brennen.

Am Anfang steht die Strategie

Wer ein Aufsichtsratsmandat anstrebt, müsse sich dafür eine Strategie zurechtlegen, waren sich die fünf Referentinnen einig. Die diversen AR-Lehrgänge machen durchaus Sinn, ebenso die Eintragung in einschlägige Datenbanken. Damit allein sei es aber nicht getan. Man sollte sich genau überlegen, in welchem Bereich man als Aufsichtsrat tätig sein will und sich bei der Suche darauf fokussieren. Gezielt suchen heißt, die Promi-Netzwerktreffen auszulassen und stattdessen im angepeilten Bereich bzw. in der Branche Verbündete zu suchen, Vertrauen sowie ein kleines Netzwerk aufzubauen. Dabei müsse man aus sich herausgehen und auch gezielt Leute ansprechen. Oder, wie es eine der Damen einprägsam formulierte: „Kernbereich definieren und dort Klinken putzen.“

Aufsichtsräte werden immer stärker divers besetzt, weil sich Diversität als Erfolgsfaktor erwiesen hat. Wichtig ist dabei, was jedes einzelne Mitglied an Qualifikation, Know-how und Erfahrung einbringen kann. Wird einem ein Mandat angeboten, müsse man prüfen, ob man die dafür notwendige Kompetenz besitzt. Immerhin gibt es ja die Aufsichtsrat-Haftung. Die im Aufsichtsrat gelebte Kultur ist aber ebenso wichtig dafür, ob man in ein Gremium „passt“. Wer lange im operativen Bereich gearbeitet hat, müsse überdies umdenken und sich als Aufsichtsrat „einen anderen Hut aufsetzen“, so die erfahrenen Aufsichtsrätinnen. Wichtig sei schließlich auch für Aufsichtsräte die ständige Weiterbildung und das Befassen mit neuen Themen wie etwa ESG.

Zur Information: Das nächste Female Board Pool Jahresseminar „Integrierte Corporate Governance“ in Österreich findet am 18. Jänner 2024 in Wien statt.