Klimakonferenz: Nur „heiße Luft“

Klimakonferenz: Nur „heiße Luft“

Last Updated on 2022-11-25
Dr. Christine Domforth

Ärmere Länder bekommen Ausgleichszahlungen für Klimaschäden, weltweit soll die Kohle schrittweise verbannt werden. Mit diesem Minimalkompromiss endete die 27. Weltklimakonferenz. Auf wirklich wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der drohenden Klimakatastrophe konnte man sich in Scharm el-Scheich nicht einigen.

Am Abbruch ist die 27. Weltklimakonferenz (COP 27) zwar knapp vorbeigeschrammt, das Ergebnis, auf das man sich nach zähem Ringen einigte, ist aber mager. Vom 6. bis zum 20. November 2022 war im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich über einen Ausweg aus der drohenden Klimakatastrophe beraten worden. Vertreten waren Staats- und Regierungschefs von knapp 200 Ländern, dazu Diplomaten, Beamte, Wissenschaftler, NGOs, Klimaaktivisten, Firmenvertreter, Journalisten sowie Lobbyisten. Insgesamt waren 34.000 Teilnehmer angereist – die meisten per Flugzeug. Produziert haben sie offensichtlich nur „heiße Luft“.

Beschlossen wurde, einen Fonds einzurichten, der die von der Erderwärmung besonders betroffenen ärmeren Länder finanziell unterstützen soll („loss & damages“). Wer wieviel zahlt bzw. bekommt, ist aber offen. Weiters sollen alle Länder ihre Klimaschutzpläne freiwillig nachbessern und schrittweise aus der Kohle aussteigen. Ein Ausstieg aus Öl und Gas fehlt hingegen im COP 27-Abschlussdokument ebenso wie die Verpflichtung zu einer raschen und drastischen Senkung der Treibhausgas-Emissionen.

Point of no return rückt näher

Wie dramatisch die Situation ist, zeigt der neue Klimazustandsbericht: Mit den bisher vereinbarten Maßnahmen ist das im Pariser Klimaabkommen fixierte Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, bei weitem nicht zu erreichen. Es droht eine Zunahme um 2,5 Grad bis sogar vier Grad. „Die Menschheit befindet sich auf dem Highway zur Klimahölle, hat aber den Fuß noch immer auf dem Gaspedal,“ formulierte UN-Generalsekretär António Guterres gleich zu Konferenzbeginn drastisch.

Dass die COP 27 wie viele Klimakonferenzen der vergangenen Jahre nur magere Ergebnisse lieferte, liegt an der großen Teilnehmerzahl und den fehlenden Sanktionen für nicht eingehaltene Versprechen zum Klimaschutz. Vor allem aber führt das Einstimmigkeitsprinzip dazu, dass jedes einzelne der teilnehmenden Länder eine Einigung blockieren kann. Am Ende bleibt oft nur der kleinste gemeinsame Nenner übrig.

Die rasante Klimaerwärmung mit ihren fatalen Folgen ist mittlerweile ein globales Problem, das Industriestaaten ebenso betrifft wie Entwicklungs- und Schwellenländer. Es sollte deshalb gemeinsam, also in einem globalen „Kraftakt“ bekämpft werden. Doch leider – das zeigte sich bei der COP 27, ist aber auch in Österreich erkennbar – werden Klimawandel & Klimaschutz sehr oft zum Politikum, was natürlich kontraproduktiv ist.

Dass Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Hagelstürme, Starkregen und Überschwemmungen nicht zum Umdenken führen, liegt vor allem an der Politik. So setzt man in China, dem weltgrößten Verursacher von Treibhausgas, teilweise weiter auf fossile Energie. Chinas Staatspräsident blieb ebenso wie sein russisches Pendant der Konferenz fern. Die USA, Nummer zwei beim CO2-Ausstoß, waren unter Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen komplett ausgestiegen, unter Joe Biden wieder eingestiegen. Sollte Trump ein Comeback gelingen, droht erneut der Ausstieg. Innerhalb der EU gibt es große Differenzen über den Einsatz der „sauberen“ Atomenergie. Immerhin deutlich mehr Anstrengungen beim Klimaschutz sind künftig von Brasilien und Australien zu erwarten, nachdem es dort jeweils einen politischen Machtwechsel gab.

Länder haben divergierende Interessen

Die Interessenlage der einzelnen Länder in Sachen Klimaschutz ist höchst unterschiedlich, teilweise wird auch widersprüchlich agiert. Die Vertreter der kleinen Inseln im Pazifik, im Indischen Ozean und in der Karibik, die durch den Anstieg des Meeresspiegels bald unter Wasser stehen könnten, wollen möglichst strenge Bestimmungen. Sie und auch das flutgeplagten Pakistan fordern massive Finanzhilfen von den reichen Industriestaaten. Auch afrikanische Länder, die besonders unter Dürreperioden leiden, verlangen nach Ausgleichszahlungen. Hierfür wird es künftig einen Fonds geben. Gleichzeitig setzen einige der genannten Länder stark auf fossile Energie, vor allem Gas. Die großen Erdöl- und Erdgasproduzenten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Katar wollen mit ihren fossiler Energievorkommen möglichst lang Geld scheffeln, zur Image-Politur setzen sie nun auf Greenwashing.

Indien hat zwar einen geringen Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 und steht damit im internationalen Klimaranking relativ gut da, setzt aber stark auf Kohle, den schmutzigsten aller Energieträger. Und China, das mittlerweile auch einen hohen Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 hat, will zwar auf der Weltbühne eine führende Rolle spielen, gleichzeitig aber weiterhin als Entwicklungsland eingestuft werden, um nicht für Klimaschäden zur Kasse gebeten zu werden.

Sowohl die EU als auch die USA seit Bidens Amtsantritt haben ehrgeizige Klimaschutzpakete beschlossen. Die EU setzt auf ihren „Green Deal“, plant das Aus für Autos mit Verbrennungsmotoren und will die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent reduzieren. Die USA wollen die Energiewende mit hunderten Milliarden Dollar unterstützen. Bei finanziellen Zusagen für die von Klimaschäden am stärksten betroffenen Staaten des Globalen Südens waren die Amerikaner und die EU bisher aber knausrig. Zu groß ist die Angst vor gigantischen Reparationszahlungen, sollte ihr Verschulden an den massiven Klimaschäden in vielen ärmeren Ländern erst einmal festgeschrieben werden. In der EU ist vielen Politikern derzeit wegen des Ukraine-Kriegs die Versorgungssicherheit deutlich wichtig als der Klimaschutz.

Auch Österreich beim Klimaschutz säumig

Österreich hat zwar viel Wasserkraft, eine CO2-Steuer beschlossen und einen Plan für den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen fixiert. Klima-Musterschüler sind wir aber nicht, sondern im internationalen Climate Change Performance Index nur „low performer“. Wird beim CO2-Ausstoß nicht kräftig gebremst, drohen laut Rechnungshof Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Die heimische Politik agiert beim Klimaschutz viel zu langsam, oft sind sich ÖVP und Grünen nicht einig. Deshalb fehlen wichtige Gesetze und verbindliche Regelungen Und manche Regionalpolitiker wehren sich noch immer gegen „hässliche“ Windräder.

Natürlich können auch die Bürger viel fürs Klima tun: Energie sparen, Heizungen umrüsten, Gebäude dämmen, aufs E-Auto umsteigen, aufs Fliegen verzichten oder den Fleischkonsum reduzieren.  Das alles hilft dem Klima, es müsste aber noch mehr geschehen und zwar rasch.