09 Jun Mehr Diversität für Startups!
Last Updated on 2022-06-10
Dr. Christine Domforth
Startups werden mehrheitlich von Männern gegründet und von Männern finanziert. Frauen sind in der Gründerszene bisher deutlich unterrepräsentiert. Wie man das ändern und vor allem mehr Frauen als Investorinnen gewinnen könnte, wurde am 1. Juni 2022 bei einem Workshop im kwartier15 in der Reindorfgasse diskutiert.
INARA-Geschäftsführerin Dr. Brigitta Schwarzer stellte zunächst dem Teilnehmerkreis des Workshops das Projekt FEmale Impact Austria vor. Dabei sollen schwerpunktmäßig Investorinnen mit von Frauen gegründeten Startups zusammengebracht werden. Diese Initiative geht von Dr. Brigitta Schwarzer und Dr. Hans Peter Heitzinger vom Klimaschutzministerium aus. „Derzeit werden nur 17 Prozent der heimischen Startups von Frauen gegründet, bei 35 Prozent ist zumindest eine Gründerin im Team,“ so Schwarzer. Auch beim Investieren in innovative junge Unternehmen sind Frauen, die als risikoscheu gelten und meist über weniger Kapital verfügen als Männer, bisher nur schwach vertreten. Hier für mehr Diversität zu sorgen, also mehr Frauen für ein Investment in Startups zu gewinnen, ist die Intention von FEmale Impact Austria. Der Workshop, an dem eine bunt gemischte Damenrunde und einige Herren als „stille Beobachter“ teilnahmen, sollte Möglichkeiten aufzeigen, wie das gelingen könnte.
Zunächst berichtete Mag. Edith Schiller, welche Erfahrungen sie selbst als CFO in einem Startup gemacht hat. „Die Chancen sind natürlich groß, wenn ein Startup erfolgreich ist, aber man darf das Risiko nicht unterschätzen,“ betonte sie. Sie rät, nicht die ganze Summe auf einmal in nur ein Unternehmen zu investieren, sondern zunächst mit einem kleineren Betrag einzusteigen und dann eventuell nachzuschießen. Startups brauchen in der Regel nicht nur Geld, sondern auch Know-how und Kontakte, auch damit kann man sich einbringen. Man sollte sich als GeldgeberIn das Gründerteam genau anschauen, dieses ist nach Ansicht von Schiller noch wichtiger als das Produkt: „Was bringen die GründerInnen mit, wie läuft die Zusammenarbeit im Team? Und natürlich sollte auch die Zusammenarbeit mit dem Investor oder den InvestorInnen funktionieren und diesen alle nötigen Informationen geliefert werden.“
Engpass Liquidität
Eine Due Diligence sowie ein vernünftiger Business Plan sind für einen Einstieg unbedingt erforderlich. Es sei generell besser, wenn dafür ein neutraler Wirtschaftsprüfer herangezogen wird, meint Schiller. Die Liquidität kann bei Startups leicht zum Problem werden, betont sie: „Oft scheitern Startups, die durchaus chancenreich wären, beim ersten Großauftrag, weil sie die dafür nötige Liquidität nicht auftreiben können.“ Und wenn diese einmal ganz eng ist, werden gelegentlich sogar Vorsteuergutschriften zur Zahlung der Gehälter der wichtigsten Mitarbeiter verwendet.
Auch sollte man sich Gesellschafterverträge und andere rechtliche Details vor einem Investment gründlich ansehen. Hat sich z.B. einer der GründerInnen einen monatlichen Auszahlungsbetrag zusichern lassen oder wurden IT-Rechte von einem anderen vorfinanziert, muss das in die Bewertung einfließen. Darauf und natürlich auf allenfalls von den Gründern aufgenommene Schulden muss unbedingt geachtet werden, um nicht als InvestorIn Haftungsprobleme zu bekommen. Die Beiziehung von ExpertInnen ist generell zu empfehlen.
Schiller rät, sich wenn möglich, mit Co-Investoren zusammenzutun, um das Risiko zu minimieren. Ist man bereits bei einem Startup investiert und soll ein/e strategische/r Investor/in neu hinzukommen, ist Vorsicht geboten, da diese/r das Unternehmen „aussaugen“ könnte.
Die heimischen Banken waren bisher bei der Finanzierung von Startups recht zurückhaltend, weil Beteiligungen mit teurem Eigenkapital zu unterlegen sind. Jetzt kommen sie aber langsam auf den Geschmack und gründen dafür Tochtergesellschaften. An Kredite kommen Startups allerdings nach wie vor nicht so leicht.
Die aws-Förderschiene
„Die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft, die Förderbank des Bundes, unterstützt hingegen Startups von Beginn an“ erläuterte Dr. Tanja Spennlingwimmer, die im aws mehrere Geschäftsfelder leitet. Die Mehrzahl der Förderungen ist nicht rückzahlbar. Großen Wert legt man darauf, dass bei einem Startup auch Frauen mit im Team sind, und konzentriert sich nicht nur auf den Tech-Bereich, sondern wird künftig auch vermehrt Themen wie Nachhaltigkeit und Social Business unterstützen.
Vor der Mittelvergabe werden die Projektunterlagen sehr genau geprüft. „Daher überleben von unseren Projekten 60 Prozent,“ betonte Spennlingwimmer. Das Gründungsteam sollte auch fachlich divers sein, die Gründer zehn bis 20 Prozent der Fördersumme selbst investieren. Hat jemand bereits einmal gegründet, ist das auf jeden Fall positiv, auch dann, wenn dieses Projekt nicht erfolgreich war. Es wurden ja wichtige Erfahrungen gemacht. Auch auf die Skalierbarkeit von Projekten wird bei der Förderentscheidung geachtet.
Die TeilnehmerInnen das Workshops diskutierten dann in vier Gruppen darüber, worauf Investorinnen achten sollten, wenn sie sich für ein Startup interessieren. Am wichtigsten ist wohl, dass die Geschäftsidee passt und das Engagement der Gründer groß ist, so die übereinstimmende Meinung. Gut zu überlegen ist die Rechtsform der zu gründenden Firma. Hat ein Startup bereits erfolgreich Fördertöpfe angezapft, ist ein Investment weniger riskant, weil es eine breitere Finanzierung gibt und das Projekt schon von Experten analysiert und positiv bewertet wurde.
Neben dem Business Plan und einer realistischen Liquiditätsplanung sollte es auch ein Marketingkonzept sowie eine Konkurrenzanalyse geben. Natürlich darf das Geld der Investorin bzw. des Investors nicht dazu verwendet werden, finanzielle Löcher zu stopfen.
Als Gruppe investieren
Zum Schluss wurde erörtert, was Frauen das Investieren in Startups erleichtern könnte. Angedacht wurde etwa dabei eine kooperative FEmale Startup Gruppe, die gemeinsam Startups selektiert und ein interessantes Portfolio für eine gemeinsame Investition zusammenstellt. Damit wäre ein Einstieg mit kleineren Beträgen möglich und eine gewisse Risikostreuung gegeben. Darüber und generell über die aktuellen Entwicklungen in der Startup-Szene wurde von der Workshop-Runde noch länger angeregt diskutiert.