Milliarden-Regen für grüne Energie

Milliarden-Regen für grüne Energie

Last Updated on 2020-01-09
Matthias Auer in DiePresse.com, 03.01.2020

Die neue Koalition sorgt für Euphorie in der Erneuerbaren-Branche. Um eine Milliarde Euro pro Jahr wird der Ökostromausbau forciert. Öl- und neue Gasheizungen werden verboten.

Was taugt der 326 Seiten starke Koalitionspakt von ÖVP und Grünen für den Kampf gegen den Klimawandel? Gut, Dieseltanken und Flugtickets dürfte teurer werden. Ökostrom und Bahnfahren dafür ein wenig billiger. Den großen Hebel, nämlich einen CO2-Preis für alle, setzt die neue Regierung zumindest vorerst nicht um. Erst 2022 soll eine Taskforce final geklärt haben, ob der Einsatz von fossilen Brennstoffen bei Privaten nun über eine Erhöhung bestehender Steuern oder die Ausweitung des Emissionshandels zusätzlich verteuert werden soll. Stattdessen setzen die beiden Parteien auf einen Mix aus Fördern und Verbieten, um Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen.

Optimistische Annahmen

Am konkretesten wird das Regierungsprogramm im Kapitel Energie. Hier verspricht die Koalition den schnellstmöglichen Ausbau der Erneuerbaren, damit sich das Land 2030 zu hundert Prozent (bilanziell) selbst mit Ökostrom versorgen kann. Erstmals wird das geplante Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz mit konkreten Zielgrößen versehen. 27 Terawattstunden (TWh) an Ökostrom müssten zugebaut werden – das deckt sich mit der Unterkante der meisten unabhängigen Schätzungen vor der Wahl. Solaranlagen sollen davon elf TWh liefern, Windräder zehn, Wasserkraft fünf und Biomasse ein TWh. Einfach wird das nicht. Allein im Solarbereich müsste der derzeitige Bestand etwa verzehnfacht werden, um die Ziele zu erreichen.

Das kostet. Eine Milliarde Euro im Jahr veranschlagen die Parteien als jährliche Obergrenze (gerechnet über drei Jahre) für die Ökostrom-Förderung durch die Stromkunden. Das ist in absoluten Zahlen gar nicht so viel mehr als bisher. Zuletzt sank die Ökostromförderung zwar auf 570 Millionen Euro im Jahr, die Summe lag aber auch schon über 800 Millionen Euro. Dennoch könnte die Milliarde reichen, um das Ausbautempo wie gefordert zu verdreifachen, ist die Branche optimistisch. Denn viele ältere Solar- und Windkraftanlagen fallen aus dem alten, teureren Förderregime. So könnte mit etwas mehr Mitteln viel mehr bewegt werden.

Eine Million Solardächer

Zudem will der Bund künftig zu hundert Prozent Ökostrom beziehen, und quasi auf jedes verfügbare Dach bei öffentlichen Gebäuden eine Solaranlage stellen. Vorhaben, wie das „1-Million-Fotovoltaik-Dächer-Programm“ klingen gut (Türkis-Blau plante 100.000 Dächer), es ist aber unklar, ob dafür zusätzliche Mittel fließen sollen oder nicht.

In diese Richtung hätte sich das Ökostrom-Kapitel wohl bei jeder Regierung bewegt. Das Tempo ist vielleicht höher, die Ziele verbindlicher, Revolution ist es keine.

Langsames Aus für Gasheizung

Drastischer ist da schon der Einschnitt, den Türkis-Grün bei der Raumwärme planen. Das Aus für Öl- und Kohleheizungen kommt deutlich schneller und radikaler als bisher erwartet. Und auch neue Gasheizungen bekommen ein Ablaufdatum. So dürfen ab 2020 keine neuen Öl- und Kohleheizungen in Neubauten mehr eingebaut werden. Ab 2021 dürfen auch keine Kessel mehr getauscht werden. Ab 2025 müssen alle Ölkessel, die älter als 25 Jahre sind, ausgebaut und ein alternatives Heizungssystem installiert werden. Mit 2035 müssen auch die letzten Ölheizungen verschwinden. Bisher hatte Österreich nur das vage Ziel, Ölheizungen ab 2030 zu halbieren.

Ebenso spannend ist das Thema Gas: Hier plant die Regierung einen sofortigen Ausbaustopp für das Gasnetz. Das ist gerade in Bundesländern wie Tirol oder Oberösterreich relevant, wo derzeit viele neue Gasleitungen verlegt werden, um den Umstieg von Öl auf Gas voranzutreiben. Ab 2025 darf dann auch kein Gaskessel in Neubauten mehr eingebaut werden. Eine zeitlich gestaffelte Förderung soll helfen, den zeitnahen Umstieg auch finanziell zu stemmen.

Viele andere Maßnahmen, wie etwa der Abbau von Förderungen und Steuerbegünstigungen für fossile Energie, werden seit langem von allen Umweltministern gefordert, scheitern aber an der Untätigkeit der zuständigen Ministerien. Damit soll künftig Schluss sein. Im neuen Klimagesetz sollen verpflichtende Reduktionsziele für alle Ressorts enthalten sein, die auch die Verantwortung für die (Nicht-)Erfüllung tragen müssen. Ob das genügt, um die regierungsinterne Blockadepolitik zu beenden, wird sich erst weisen.

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