30 Jul Nachhaltigkeitsberichtspflichten: Qualität vor Quantität
Last Updated on 2021-07-30
Mag. Manfred Kainz
(Wir) alle reden von Nachhaltigkeit. Wir sollen nachhaltig konsumieren und die Unternehmen sollen nachhaltig wirtschaften. Immer mehr Rechtsnormen sind Basis dafür.
Nun kommt eine neue EU-Richtlinie für nachhaltige Unternehmensberichterstattung: die „Corporate Sustainability Reporting Directive”. Aber wie bei allem gilt es aufzupassen, dass nicht das Gegenteil von gut gutgemeint ist. So verlangt etwa das Deutsche Aktieninstitut – „Stimme” von hunderten Mitgliedsunternehmen, wenn es um Kapitalmarkt- und Finanzierungsverbesserungen geht – von den Gesetzgebern, dass bei neuen Nachhaltigkeitsberichtspflichten auch die Unternehmensperspektive berücksichtigt werden müsse.
Die neuen Pflichten für Unternehmen, die die neue Corporate Sustainability Reporting Directive bringt, sollen gewährleisten, dass Investoren in der Lage sind, Investitionsentscheidungen zugunsten Nachhaltigkeit treffen zu können. Das ist ja grundsätzlich zu begrüßen, meint auch das DAI (Schwesterverband des Österreichischen Aktienforums). Denn auch Unternehmen haben Interesse, ihre Fortschritte beim Transformationsprozess zu präsentieren, daran gemessen und von Investoren dafür honoriert zu werden.
Ein Zuviel wäre kontraproduktiv
Allerdings dürften zusätzliche Transparenz-, Dokumentations- und Berichtspflichten die Unternehmen in ihrer Fülle nicht überfordern. Aufwand und Nutzen der Berichtspflichten müssten genau geprüft, abgewogen und festgelegt werden. Nicht immer mehr Berichtspflichten, sondern bessere und passgenaue Vorgaben müssten das Ziel sein. Und Unternehmen, die willig sind, auf ein nachhaltiges Geschäftsmodell umzustellen, dürften nicht von der Unternehmensfinanzierung abgeschnitten werden. Denn „ohne die Unternehmen, die der Motor für Innovation sind, wird das Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft nicht erreicht werden”, argumentiert man bei dem Wirtschaftsverband.
Noch dazu ist die neue EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungs-Richtlinie nicht das einzige Konvolut, mit dem sich die Unternehmensverantwortlichen befassen müssen. Es gibt ja auch schon weitere Berichtsregelwerke wie die EU-Taxonomie-Verordnung samt delegierten Rechtsakten, die brandneuen EU-Standards für Green Bonds, sowie die von der European Financial Reporting Advisory Group noch zu entwickelnden europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards.
Herausfordernde Implementierung
Alles zusammen führt zu einem sehr komplexen und komplett neuen Berichtswesen. Und diese komplexen Strukturen wurden und werden in Höchstgeschwindigkeit entwickelt und werden die Unternehmen vor Herausforderungen in der Implementierung stellen, befürchten nicht nur das DAI, sondern auch heimische Praktiker. Wie schon andere gutgemeinte Umbrüche gezeigt haben, wird oft die Dauer zur Auf- und Umsetzung der nötigen zusätzlichen Prozesse, z. B. in der IT und in den Berichtslinien innerhalb der Unternehmen, unterschätzt.