RHI Magnesita-Chairman: Der Brexit ist no problem

RHI Magnesita-Chairman: Der Brexit ist no problem

Last Updated on 2021-01-19
Börsen-Kurier / Manfred Kainz, 14.01.2021
Der austro-brasilianische Feuerfest-Weltmarktführer bleibt optimistisch.

Der Feuerfestkonzern RHI Magnesita (ISIN NL0012650360), entstanden aus dem transatlantischen Merger der österreichischen RHI AG mit dem brasilianischen Mitbewerber Magnesita, ist seit Oktober 2017 an der London Stock Exchange (LSE) gelistet. Ist der nun endgültig vollzogene Brexit für den Konzern aus börslicher Sicht ein Problem? Vom Unternehmen kommt auf Anfrage des Börsen-Kurier Entwarnung von höchster Stelle: Der Chairman of the Board Herbert Cordt bleibt zuversichtlich: „Als globales Unternehmen ist es für RHI Magnesita selbstverständlich, in unterschiedlichen Rechts- und Handelssystemen zu agieren. Deshalb stellt der Brexit keine große Herausforderung für das Unternehmen dar. Die internationalen Handelsaktivitäten in London werden stark bleiben.“ Und er verweist auf die Voraussicht in der Vergangenheit: „Wir haben dennoch bereits 2019 entschieden, zusätzlich an einer Börse innerhalb eines EU-Marktes zu notieren. Durch unsere lange Verbundenheit mit Österreich fiel die Wahl für das Zweitlisting schnell auf Wien, wo auch unser globales Corporate Headquarter beheimatet ist.“

Community
Das Unternehmen sieht aus dem Brexit keine Auswirkungen auf Analysten und Fondsmanager: Die RHIM-Aktien werden weiterhin als „Depositary Interests“ geführt und gehandelt, die sowohl an der LSE als auch an der Wiener Börse notiert sind. Daher mussten bzw. müssen institutionelle Investoren nicht verkaufen, nur weil die LSE nun EU-Drittlandbörse ist. Auch unterschiedliche Börsenregulierungen werden nicht als problematisch gesehen. Die Offenlegungspflichten der LSE und der Wiener Börse sind derzeit weitgehend ähnlich. Man werde zwar einen leicht erhöhten administrativen Aufwand haben, aber die offenzulegenden Informationen sind die gleichen und verursachen daher kein Problem oder zusätzliche Kosten, so das Unternehmen. RHI Magnesita folgt nach wie vor den britischen Notierungsregeln, da man weiterhin an der Londoner Börse gelistet sein wird. Was die Aufsichtsbehörden betrifft, so ist dies von Fall zu Fall unterschiedlich. Zurzeit sind zwei Behörden zuständig: die in Großbritannien ansässige Financial Conduct Authority und die österreichische Finanzmarktaufsicht.

Aktionärskommunikation
Auch in der Hauptversammlung der RHIM im Brexit-Abschlussjahr 2020 war dieser kein Fragenthema: Denn die Gesellschaft hat bereits im Geschäftsbericht 2019 seine Entscheidung veröffentlicht, an einem regulatorischen Markt innerhalb der EU zu notieren, um auf den Brexit vorbereitet zu sein. Da das Unternehmen bereits in der Vergangenheit an der Wiener Börse notiert war, hat man Wien gewählt. Diese Entscheidung wurde unter anderem getroffen, um das Risiko zu verringern, dass das Unternehmen den Schutz durch den UK Takeover Code verliert. Durch das duale Listing an der Wiener Börse, als regulierter Markt im Europäischen Wirtschaftsraum, konnte dieses unregulierte Szenario nicht eintreten.
Auch in den Investor Relations gibt es keinen Strategiewechsel; Drittlandbörse LSE hat keinen Einfluss auf RHI Magnesitas IR-Arbeit: Man werde weiterhin mit Investoren weltweit zusammenarbeiten und in Kontakt stehen, einschließlich derjenigen, die in Großbritannien ansässig sind, „denn dieses Land bleibt ein wichtiger Investorenmarkt für uns“.

Markterfahrung
Entwarnung gibt es auch, was Produktion und Lieferung betrifft. RHI Magnesita profitiert von seiner globalen Erfahrung auf dem Weltmarkt, weshalb sich die Herausforderungen des Brexit in Grenzen halten: Laut Unternehmen gibt es keine spürbaren Auswirkungen für seine Produktion und das Beschaffungswesen. Im Bereich der Lieferkette bedeutete der Brexit einen Systemwechsel vom EU-Binnenmarktsystem zu einem Zollsystem wie Norwegen, Schweiz oder Türkei. Der Konzern hat ein sehr genaues Überwachungssystem, das es erlaubt, seine Lieferkette im Detail zu beobachten. In enger Abstimmung mit seinen Spediteuren ist man daher in der Lage, sehr schnell auf neue Gegebenheiten zu reagieren. Das ist unverzichtbar, wenn man global tätig ist und sicherstellen will, dass jeder Kunde weltweit verlässlich beliefert werden kann.

Analysten positiv
Offenbar sieht auch die Analystenszene den Brexit mit Blick auf die RHIM entspannt. Von acht Analysten, die das Unternehmen covern, geben sieben eine „Kauf“-Bewertung, plus ein „Übergewichten“.
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