So kommt Frau in den Aufsichtsrat

So kommt Frau in den Aufsichtsrat

Last Updated on 2021-02-04
Dr. Christine Domforth

Fachliches Können allein reicht nicht für ein AR-Mandat. Interessierte Frauen brauchen zusätzlich Eigeninitiative, Sichtbarkeit, Social Skills sowie einen speziellen USP. Von entscheidender Bedeutung ist aber aktives Netzwerken, betonten die Teilnehmerinnen eines Seminars der Female Board Pool Initiative.

Bereits zum vierten Mal veranstaltete Female Board Pool gemeinsam mit INARA ein Seminar für Frauen, die sich für ein Aufsichtsrats-Mandat in Österreich bzw. in einem der Länder, in denen FBP engagiert ist, interessieren. Die Female Board Pool Initiative ist eine 2005 in der Schweiz gegründete Networking-Plattform, die im Sinne einer guten Governance zu mehr Diversität und somit auch zu einem höheren Frauenanteil in Aufsichtsräten und Beiräten beitragen möchte. FBP ist in mehreren EU-Ländern aktiv (darunter BeNeLux, Deutschland, Frankreich, Dänemark und seit 2018 auch Österreich), das Gesicht nach außen ist die rundum versierte Luxemburgerin Rita Knott. Corona-bedingt fand das Österreich-Seminar am 22. Jänner erstmals virtuell statt.

Vier Trendsetterinnen präsentierten dabei ihre persönlichen Erfahrungen. Christine Catasta war 38 Jahre beim Beratungsunternehmen PwC tätig, zuletzt als Senior Partner. Heute ist sie als Direktorin in der Verstaatlichten-Holding ÖBAG für das Beteiligungsmanagement zuständig und hält eine Reihe von Aufsichtsratsmandaten. Allen Frauen, die von einer operativen Rolle in einen Aufsichtsrat wechseln wollen, rät sie, eine zweijährige Vorbereitungszeit einzuplanen.

„Diversität bringt Vielfalt“

Christa Geyer leitet das Center of Competence CEE bei der Raiffeisen KAG. Weil zu ihren Aufgaben auch AR-Mandate gehören, zertifizierte sie sich zusätzlich als AR-Expertin. 2020 wurde sie von Umweltministerin Leonore Gewessler für den Aufsichtsrat der Asfinag nominiert, den sie nun leitet. Ein diverses Team bringe bessere Unternehmensergebnisse, mehr Innovation, größere Flexibilität und auch eine höhere Wertschätzung im Umgang miteinander, meinte Geyer. In jedem Lebenslauf sollten auch bei AR-KandidatInnen neben fachlicher Kompetenz und Leadership besondere Qualitäten stehen, auf die man stolz sei. „Ich bin zum Beispiel stolz darauf, die erste weibliche Betriebsratsvorsitzende in der Capital Invest (heute Amundi) gewesen zu sein. Und auch darauf, dass ich mit 18 Mutter geworden und trotzdem beruflich erfolgreich bin.“

Silvia Parik war lange bei nationalen und internationalen Banken tätig. Anschließend machte sie sich als Unternehmensberaterin und Coach selbständig und ist auch als Advisory Partnerin bei Ward Howell International für den Bereich Family Business Governance tätig.

Spezialisiert hat sich auf Familienunternehmen, sie hat mehrere AR-Mandate und sitzt in Stiftungsvorständen. Parik rät Frauen, die eine AR-Funktion anstreben, neben dem fachlichen Background vor allem auf ein klares Profil zu achten und sich inhaltlich auf einen Bereich zu fokussieren. Aufsichtsrat könne man nicht nebenbei sein, man müsse sich die nötige Zeit nehmen und wegen der mit dem Mandat verbundenen Haftung auch lästig sein.

Heute ist Maria RauchKallat Geschäftsführerin der MRK Diversity Management GmbH. Jahrelang war sie in der Politik tätig, u.a. als Ministerin und ÖVP-Generalsekretärin. 2007 kam mit 58 der Ausstieg aus der Politik. Damals gründete Rauch-Kallat ihr erstes Unternehmen, dem bald weitere folgten. Vor mehr als 30 Jahren etablierte sie den Club alpha in Wien, ein bis heute höchst erfolgreich agierendes Frauen-Netzwerk. Rauch-Kallat engagiert sich als Mentorin, sie hatte bzw. hat Mandate als Aufsichtsrat oder in Privatstiftungen. Man sollte stolz darauf sein, eine Quotenfrau zu sein, fordert sie. Komme eine Frau wegen der Quote, aber ohne die nötige Qualifikation in einen Aufsichtsrat, bleibe sie nicht lange: „Wenn sie bleibt, dann muss sie gut sein.“

Frauenquote im AR: Luft nach oben

INARA-Geschäftsführerin Brigitta Schwarzer präsentierte aktuelle Zahlen über Frauen in Aufsichtsräten. Gesetzlich ist für große bzw. börsenotierte Unternehmen eine Frauenquote von 30 Prozent vorgeschrieben. Laut einer AK-Studie waren 2020 in den Top-200-Unternehmen Österreichs 22,6 Prozent der Aufsichtsräte weiblich, 2008 waren es erst 9,0 Prozent. In 52 Unternehmen ist der Aufsichtsrat eine reine Männerrunde. Für öffentliche Unternehmen gilt eine Frauenquote von 35 Prozent. Schwarzer kritisierte, dass häufig Mitarbeiterinnen aus den Ministerien entsandt werden, die sich jedoch aufgrund fehlender einschlägiger Kompetenzen und Erfahrungen in Aufsichtsräten von Wirtschaftsunternehmen schwertun. „Frau zu sein ist zu wenig,“ betonte sie.

Sie rät Frauen, die sich für ein Mandat interessieren, verstärkt in der Öffentlichkeit sichtbar zu sein, Social Skills anzuwenden und einen USP zu entwickeln. Ganz entscheidend – das betonten alle Referentinnen – sei aber das aktive Netzwerken. Dies vor allem deshalb, weil laut Schätzung von Parik 75 Prozent aller Jobs auf dem verdeckten Arbeitsmarkt vergeben werden. Neben reinen Frauennetzwerken sollte man sich auch in gemischten Netzwerken engagieren.

Das Feedback der Teilnehmerinnen zeigte, dass das Seminar auch im virtuellen Format ein Erfolg war. Laut Knott verfügen Frauen über einzigartige und unnachahmbare Eigenschaften und Fähigkeiten. „Wir Frauen haben es daher gar nicht nötig, mit männlichem Verhalten und Lautstärke aufzutreten. Soziale Kompetenz & Intelligenz können weitaus zielführender sein“.

Bei der FBP-Veranstaltung hat sich eindrucksvoll gezeigt, dass Online-Netzwerken zu zweit oder zu dritt eine tolle Möglichkeit ist, einander kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. Networking wird sich künftig – etwa durch die Digitalisierung – weiterentwickeln. Denkbar wären z. B. strukturierte Netzwerke, also Kleingruppen, die sich zu einem bestimmten Thema austauschen.